Dienstag, 10. Dezember 2013
Leipziger Millionengrab endlich fertig. Oder: Tunnelwahlkampf in Oschatz
In ein paar Tagen, am 14. Dezember 2013, wird der Leipziger Citytunnel eingeweiht. Dieses Projekt ist ein schönes Beispiel für politisch gewollte Durchsetzung relativ sinnfreier Leuchttürme, vor allem jedoch für die Unfähigkeit öffentlicher Auftraggeber, Vorhaben kosten- und termingerecht umzusetzen. Die Bauzeit für die 3,6, km lange Strecke beträgt zehn statt der ursprünglich geplanten sechs Jahre, die Kosten kletterten von ursprünglich kalkulierten 915 Mio. DM (!) auf nunmehr 960 Mio. Euro (!); aller Wahrscheinlichkeit nach dürfte bei Berücksichtigung der üblichen Nacharbeiten die Milliarde gerissen werden. Reif fürs Lehrbuch ist die an den Tag gelegte, offensichtlich politisch gewollte Ignoranz der Planer, die den bekannt schwierigen Leipziger Untergrund unbeachtet ließen (wir haben hier allerlei Eiszeitrelikte), anerkannte Kenner der Materie missachteten und die reichlich vorhandenen Baugrunduntersuchungen aus DDR-Zeiten nicht wirklich berücksichtigten. Auf diese Weise mangelte es beim Bau nicht an teuren Überraschungen. Aber das macht nichts, es sind ja nur Steuergelder.

Doch nun ist der umstrittene Tunnel fertig und wird nach bester FDJ-Manier* feierlich eingeweiht. Am 14. Dezember wird lautes Schulterklopfen sogar den Leipziger Frachtfluglärm übertönen, denn wenn Politiker eines können, dann sich selbst feiern.
Das treibt mitunter sogar für sächsische Verhältnisse seltsame Blüten. So wird der Staatsminister für Umwelt und Landwirtschaft, Frank Kupfer, ein Grußwort sprechen. Seine staatstragenden Worte sondert er allerdings nicht in Leipzig, sondern auf dem Bahnhof von Oschatz ab. In diesem Städtchen findet aus Anlass der Tunneleröffnung eigens ein Bahnhofsfest statt.
Über so viel volkstümelnde Putzigkeit weit weg von Leipzig könnte man lachen, wäre Oschatz mit seinen 14.000 Einwohnern nicht eine der Metropolen im Landtagswahlkreis eines gewissen Frank Kupfer und würde in Sachsen nicht im kommenden Jahre der Landtag gewählt.

*Das FDJ-Prinzip: Geht etwas schief, nicht blicken lassen. Klappt etwas, Blauhemd anziehen, nach vorn drängeln und "Freundschaft" rufen. Das ist die DDR-Version von "Der Erfolg hat viele Väter, der Misserfolg ist eine Waise"

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