Donnerstag, 19. März 2015
Fettfleck und Nippelgate. Oder: Hilfe, die Smartfotos kommen!
Zu den mitunter beschwerlichen Begleiterscheinungen meines Broterwerbs als Zeitungsmacher gehört den Umgang mit Fotos, bei denen ich früher geseufzt hätte "Schade um den Film". Die Entwicklung der Digitalfotografie hat in dieser Hinsicht zumindest bewirkt, dass die Silbervorräte irdischer Bergwerke nicht mehr dafür verschwendet werden, Familienfeste, kackende Kleinstkinder und grölende Biertrinker auf Film zu bannen.
Besser geworden ist es aber durch die Digitalisierung der Fotografie nicht; im Gegenteil: Bremste einst das Wissen um die Kosten allzu eiliges Geknipse, so wird heute draufgehalten, was das Zeug hält. Hey, es passen ja 3.000 Bilder auf den Chip! Und so kann es dann passieren, dass dem Hersteller einer Zeitung oder eines Magazins statt einer Auswahl Abzüge bzw. Dias plötzlich DVDs oder USB-Sticks bzw. Links auf die Abgründe irgendeines Cloudservers zugeworfen werden, auf dass dieser sich aus 40, 50 oder (im schlimmeren Fall) 2.500 Aufnahmen die eine heraussuchen möge, die der Illustration des Artikelchens über die Radpartie eines xyz-Vereins angemessen erscheint.
Und weil's immer noch schlimmer geht, wurden Handys und Smartphones erfunden, deren wesentlicher Daseinszweck offensichtlich darin besteht, einer Kameralinse samt dahinter platziertem Sensor eine Behausung zu geben.
Und so erhalte ich seit einigen Jahren mit schöner Regelmäßigkeit immer mal wieder Fotos, denen man ansieht (und anzuriechen glaubt), in welcher keimigen Hosetasche die Linse samt Handy zuvor gesteckt hat.
Gruppenbilder mit Fettrand? Porträts mit Krümel im Bild? Leider normal und gar nicht so selten. Weichzeichner war früher, heute gibt's versiffte Linsen.
Mindestens ebenso nervig: Hielt (und hält) ein ernsthafter Fotograf seine Kamera üblicherweise ans Auge, gibt er ihr damit beim Auslösen genau die Stabilität, die das Verwackeln verhindert. Das galt beim Film und das gilt ebenso beim Chip.
Nur: Digitale Knipse und Handy werden so gehalten, dass man bequem aufs Display gucken kann, also am mehr oder minder ausgestreckten Arm. Und so wird gewackelt, was das Zeug hält. Informiere ich einen Auftraggeber darüber, dass dieses und jenes Bild mangels Schärfe nicht ins Blatt kommen wird, so höre ich regelmäßig den Spruch, dass das Smartphone aber doch mindestens zehn Megapixels und einen Stabilisator habe und das Bild folglich gut sein müsse. Meist endet das dann mit dem Vorwurf: "Sie haben wohl was gegens Eifohn?"
Bei einer aktuellen Produktion, die zur Stunde im Druck ist, erlebte ich eine neue Marotte, die mich ein wenig entschädigte. Ein Artikel war mit auffallend vielen Bildern geliefert worden, bei denen den an einem Tisch agierenden Weibspersonen ziemlich heftig in die Oberweite fotografiert worden war. Doch nicht Machogelüste hatten zu diesem sehr schönen Fall von Nippelgate geführt, sondern die Verkettung mehr oder minder (un)glücklicher Umstände. Die Fotografin (ja, die vermeintlich sexistische Missetat wurde von einem weiblichen Wesen vollbracht) stand in einem kleinen Raum, der nicht genügend Platz bot, um die Knipse am ausgestreckten Arm zu halten und zugleich weit genug fürs Billigobjektiv von den Fotoobjekten entfernt zu sein.
Also kam die Kamera auf Bauchhöhe, das schwenkbare Display machte es möglich (und der alte Lichtschacht lässt schön grüßen). Fazit: Niedrige Persektive und immer hinein in den Ausschnitt ... und weil die Kamera am Bauch lag, sogar unverwackelt.

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