Mittwoch, 5. September 2012
Das Grauen heißt ITS. Oder: Die gefährlichste Krankheit der Welt.
Nein, ich will heute weder über den Niedergang des Euro philosophieren (obwohl: Da könnte ich unter dem Motto "Ich hab's gewusst" vom Leder ziehen) noch mag ich mich über "Iron Merkel" verbreiten. Ich lasse mich heute über die gefährlichste Krankheit der Welt aus.
Woran ich das bemesse? Für mich hat die Gefährlichkeit einer Krankheit etwas damit zu tun, wie viele Leben sie ruiniert. Okay, in dieser Beziehung haben Pocken, Pest und Tuberkulose einiges zu bieten, aber auch Aids und Grippe sind nicht übel. Doch gegen meinen Favoriten sind das alles nur laue Lüftchen. Mein Favorit heißt ITS und ist kein Reiseunternehmen, sondern eine waschechte Infektionskrankheit, die jährlich Millionen Leben zerstört.
Hinter dem Kürzel ITS verbirgt sich die schauerliche Infektiöse Tippsenschwangerschaft. Der Name geht auf die typische Übertragungsweise zurück: ITS kann sich durch engen, auch rein verbalen Kontakt zwischen weiblichen Menschen, aber auch auf dem Umweg über Telefone, bevorzugt smartphones, sowie chats und facebook ausbreiten. Als hochgradig gefährliche Seuchenherde gelten Friseursalons, Kosmetikstudios, die Wartezimmer von Kinderärzten, Clubs, Lady-Fitness-Einrichtungen usw.
Um ein wenig ins Detail zu gehen: ITS befällt geschlechtsreife Frauen im Alter von Mitte 20 aufwärts, die unter einer geistigen Schwäche leiden, dies aber wegen eben dieser in den meisten Fällen gar nicht bemerken, sondern sich püppchenwohl fühlen. In der Regel (d.h. immer und meistens, nicht jedoch nur während selbiger) pflegen diese Frauen intensive soziale Kontakte ("Bussie Bussie, was gibt's den Neues?") zu ähnlich gearteten Weibchen. Diesen Kleingruppen gehören überdurchschnittlich viele Vertreterinnen sinnarmer bzw. -freier Berufe an, stark vertreten sind so genannte "Tippsen". Die Gruppengröße variiert zumeist zwischen fünf und 20, allerdings wurden auch besonders socialmedia-affine Gruppen mit mehr als 50 Mitgliedern nachgewiesen.
Gerät ein Gruppenmitglied in den Zustand der Trächtigkeit, wird diese Statusänderung in Echtzeit gruppenweit kommuniziert. Das dafür eingesetzte Vokabular ist uneinheitlich, typische Äußerungen sind "Sabin bekommt ein Wunschkind", "Danny hat ihren Kerl reingelegt" oder "Biggi war zu blöd die Pille zu nehmen".
Nach Umlauf dieser Mitteilung setzt bei den Mitgliedern der Kleingruppe zeitnah massive Rolligkeit ein, nicht immer wird jedoch der Kinderwunsch den jeweiligen Partnern mitgeteilt. Kennzeichnend ist, dass die Trächtigkeit in nur drei Monaten etwa zwei Drittel der Gruppenmitglieder befällt.
Unmittelbar nach Befruchtung verfallen die mit ITS infizierten Weibchen in den Muttermodus, der sich durch den zeitweiligen Verzicht auf allergieauslösende Haustiere, ggf. auch die Reduzierung des Nikotinkonsums, nicht aber den vollständigen Verzicht auf Alkohol auszeichnet. Im Gegenzug erfolgen eine sehr rasche Gewichtszunahme, die Belegung einschlägiger Kurse ("Sex im zweiten Monat", "Zellulite für Anfängerinnen", "Natürliche Geburt", "Webshops für Schwangere" ...) und die Intensivierung der Gruppenkontakte. Höhepunkte dieser Gruppentreffen sind Gewichtsvergleiche, Namenswahl, die Auswertung von Laborbefunden und das gemeinschaftliche Betrachten und Posten von Ultraschallbildern.
Die Zeit bis zum Wurftermin wird in erster Linie genutzt, um die nun nicht mehr benötigten Männchen zu Umbauarbeiten zu nötigen ("Der kleine Knut-Holger braucht doch ein schönes Zuhause ...", "Ich brauche eine Klimaanlage, die Hitze kann ich in diesem Zustand nicht ertragen ...").
Der eigentliche Wurfakt findet erstaunlicherweise nicht im Gruppenverband statt. Spürt das trächtige Weibchen die ersten Anzeichen der nahenden Geburt, sucht sie dafür einen sicheren Ort auf, an den sie sich vom mutmaßlichen Besamer begleiten lässt. Diesem kommt dabei eine reine Anwesenheitsfunktion zu, gelegentliche Ohnmachten werden registiert und in der Phase der postnatalen Depression thematisiert ("Du Waschlappen! Der Biggi ihr Mann hat sogar beim Kaiserschnitt zugeguckt!").
Der Wurfvorgang und der Abschluss desselben werden vom Weibchen, soweit medizinisch möglich, in Echtzeit kommuniziert. Damit tritt das Weibchen wieder in ihre Gruppe ein, nach Verlassen des sicheren Ortes kehrt es in sein angestammtes Revier und empfängt dort die anderen Mitglieder der Gruppe zu neuerlichen sozialen Kontakten. Dabei werden auch die wenigen, bislang noch nicht mit ITS infizierten Weibchen von der Infektiösen Tippsenschwangerschaft befallen. Auch hier kommt der verbale Infektionsweg zum Tragen: "Guck mal, wie süß der kleine Holger-Dingsbumms ist. Willst Du nicht auch ...".

Die geneigten LeserInnen meines kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches werden sich nun fragen, was an der geschilderten ITS so schlimm sein mag, dass ich diese zur gefährlichsten Krankheit weltweit erkläre. Ganz einfach: Die ganzen schwangergequatschten Nancys, Mandys, Biggys, ... verderben sich, ihren Besamern und dem Rest ihres Umfeld ziemlich perfekt das Leben. Und auch für die kollektiv gezeugten Kinderlein sieht's eher mau aus ... bei den Eltern ... und das schlimmste: Nach spätestens zwei Jahren bricht der Erreger erneut aus. "Has'te schön gehört? Die Tanja hat sich schon wieder anbumsen lassen ... süüüüüß. "

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