Montag, 7. Juli 2014
Fernsehtipp zur Fifa-WM. Oder: Fußballgucken mal anders.
Bundesliga interessiert mich nicht, auch nicht das ganze Rumgestocherer der Rasenkomiker in irgendwelchen Dorf-Ligen. Aber, ich gestehe, wenn EM oder WM ist, gucke ich schonmal Fußball. Also nicht hardcore, von wegen Verlängerung und so; mir reichen die 90 regulären Minuten ... die ganzen nervenden Kommentare, der technische Spielkram während der Übertragen und vor allem die Anal-ysen in der Halbzeitpause und nach dem Abpfiff, das überfordert meine Leidensfähigkeit.
Allerdings habe ich kürzlich eine Möglichkeit gefunden, WM-Fußball erträglich im Fernsehen anzuschauen. Ein wenig unfreiwillig, denn in dem Hotel, das mich beherbergte, gab es als einzigen deutschen Sender DW-TV, das justament auf Griechisch rumdödelte. Also habe ich mir irgendeinen einheimischen Sender reingeholt, bei dem ich kein Wort verstand und die Live-Übertragung in mittlerer Lautstärke laufen lassen. Wenn's interessant wurde, dröhnte der sichtlich erregte Kommentator deutlich lauter ins Mikro, sodass ich nichts verpasste. All das dumme Geschwafel, ob ein Freistoß einfach vergeigt worden oder aber genial in die Hose gegangen war, blubberte an mir vorbei; allenfalls geradebrechte Spielernamen drangen an mein Ohr. Und auch die millionenteuren technischen Gimmicks, mit denen das deutsche GEZ-Fernsehen seine Zwangssponsoren überschüttet, blieben mir erspart; keine rotierenden Pfeile, keine Abseitslinie, keine superdupersonderzeitlupendröselnden Was-wäre-wenn-Studien, keine welcher-Spieler-hat-sich-wie-bewegt-Grafiken und vor allem keine Glashaus-Kommentare vorm Zuckerhut ... so lasse ich mir die WM gefallen.
Um dieses TV-Erlebnis zu genießen, kann man ins Ausland fahren; muss man aber nicht. Ein Sportclub in der Leipziger Eisenbahnstraße dürfte auch genügen, birgt allerdings gewisse Risiken für Leib und Leben, wenn zugereiste Kulturbereicherer gerade wieder ihre Probleme klären. Alternativ reicht's aus, mal den Suchlauf zu starten und einen der gefühlt zwölf Trillionen Fremd-Sender anzuwählen ... alles, nur kein deutsches Fernsehen.

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Freitag, 27. Dezember 2013
Was ist Luxus? Oder: Platz im Telefonbuch.
Über die Definition von Luxus wird gern und kontrovers debattiert. Ich definiere Luxus anhand zweier Kriterien. Erstens darin, Zeit zum Laufen zu haben. Zweitens darin, anderen Menschen bei Bedarf sagen zu können, was ich von ihnen halte (Das insbesondere dann, wenn dieses halten im Zusammenhang mit dem Stichwort Arschloch steht). Letzteren Luxus gönnte ich mir kürzlich im angeheirateten Familienkreis, krönte das neben dem Hinweis "Verpiss Dich" damit, dass ich zwei Kontakte aus Handy, Telefonanlage und E-Mail-Adressbuch löschte, die betreffenden Daten blacklistete und künftig weitaus weniger Zeit auf magenschmerzerregenden und zeitraubenden (siehe Kriterium 1) Familientreffen verbringen muss. In diesem Sinne: Macht's gut, Ute V. und Jochen K., es war nicht schön Euch gekannt zu haben (ok, was Ute V. betrifft, so hatten wir 1986 ein paar sehr, sehr schöne und nicht garantiert nicht jugendfreie Tage kurz vor ihrer Hochzeit mit Gert N., aber das ist nun wieder ein anderer Film, an den sie sich ebenso wenig erinnern wird wie daran, dass wir mal in der selben Partei waren) ...

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Mittwoch, 28. August 2013
Rückblende auf den Kalten Krieg. Oder: The winner is ...
Die Welt macht hier http://www.welt.de/geschichte/article119445108/Wie-die-NVA-die-Bundesrepublik-erobern-wollte.html Werbung für das Buch eines NVA-Offiziers, der über Pläne zum Einmarsch in der Bundesrepublik schreibt. Durchaus lesenswert und eine Erinnerung an meine Zeit bei der NVA. Einige dieser Szenarien habe ich bei Alarmübungen als Tagesbefehl gehört. Allerdings teile ich das Fazit des Artikels nicht. Wir hätten die BRD überrannt. Unser Angriff hätte an einem Freitagabend stattgefunden, wenn all die Hobbykrieger auf dem Heimweg sind. Und die wenigen Verbliebenen wären noch mit dem Zubinden ihrer Schnürstiefel beschäftigt gewesen ...

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Mittwoch, 5. September 2012
Das Grauen heißt ITS. Oder: Die gefährlichste Krankheit der Welt.
Nein, ich will heute weder über den Niedergang des Euro philosophieren (obwohl: Da könnte ich unter dem Motto "Ich hab's gewusst" vom Leder ziehen) noch mag ich mich über "Iron Merkel" verbreiten. Ich lasse mich heute über die gefährlichste Krankheit der Welt aus.
Woran ich das bemesse? Für mich hat die Gefährlichkeit einer Krankheit etwas damit zu tun, wie viele Leben sie ruiniert. Okay, in dieser Beziehung haben Pocken, Pest und Tuberkulose einiges zu bieten, aber auch Aids und Grippe sind nicht übel. Doch gegen meinen Favoriten sind das alles nur laue Lüftchen. Mein Favorit heißt ITS und ist kein Reiseunternehmen, sondern eine waschechte Infektionskrankheit, die jährlich Millionen Leben zerstört.
Hinter dem Kürzel ITS verbirgt sich die schauerliche Infektiöse Tippsenschwangerschaft. Der Name geht auf die typische Übertragungsweise zurück: ITS kann sich durch engen, auch rein verbalen Kontakt zwischen weiblichen Menschen, aber auch auf dem Umweg über Telefone, bevorzugt smartphones, sowie chats und facebook ausbreiten. Als hochgradig gefährliche Seuchenherde gelten Friseursalons, Kosmetikstudios, die Wartezimmer von Kinderärzten, Clubs, Lady-Fitness-Einrichtungen usw.
Um ein wenig ins Detail zu gehen: ITS befällt geschlechtsreife Frauen im Alter von Mitte 20 aufwärts, die unter einer geistigen Schwäche leiden, dies aber wegen eben dieser in den meisten Fällen gar nicht bemerken, sondern sich püppchenwohl fühlen. In der Regel (d.h. immer und meistens, nicht jedoch nur während selbiger) pflegen diese Frauen intensive soziale Kontakte ("Bussie Bussie, was gibt's den Neues?") zu ähnlich gearteten Weibchen. Diesen Kleingruppen gehören überdurchschnittlich viele Vertreterinnen sinnarmer bzw. -freier Berufe an, stark vertreten sind so genannte "Tippsen". Die Gruppengröße variiert zumeist zwischen fünf und 20, allerdings wurden auch besonders socialmedia-affine Gruppen mit mehr als 50 Mitgliedern nachgewiesen.
Gerät ein Gruppenmitglied in den Zustand der Trächtigkeit, wird diese Statusänderung in Echtzeit gruppenweit kommuniziert. Das dafür eingesetzte Vokabular ist uneinheitlich, typische Äußerungen sind "Sabin bekommt ein Wunschkind", "Danny hat ihren Kerl reingelegt" oder "Biggi war zu blöd die Pille zu nehmen".
Nach Umlauf dieser Mitteilung setzt bei den Mitgliedern der Kleingruppe zeitnah massive Rolligkeit ein, nicht immer wird jedoch der Kinderwunsch den jeweiligen Partnern mitgeteilt. Kennzeichnend ist, dass die Trächtigkeit in nur drei Monaten etwa zwei Drittel der Gruppenmitglieder befällt.
Unmittelbar nach Befruchtung verfallen die mit ITS infizierten Weibchen in den Muttermodus, der sich durch den zeitweiligen Verzicht auf allergieauslösende Haustiere, ggf. auch die Reduzierung des Nikotinkonsums, nicht aber den vollständigen Verzicht auf Alkohol auszeichnet. Im Gegenzug erfolgen eine sehr rasche Gewichtszunahme, die Belegung einschlägiger Kurse ("Sex im zweiten Monat", "Zellulite für Anfängerinnen", "Natürliche Geburt", "Webshops für Schwangere" ...) und die Intensivierung der Gruppenkontakte. Höhepunkte dieser Gruppentreffen sind Gewichtsvergleiche, Namenswahl, die Auswertung von Laborbefunden und das gemeinschaftliche Betrachten und Posten von Ultraschallbildern.
Die Zeit bis zum Wurftermin wird in erster Linie genutzt, um die nun nicht mehr benötigten Männchen zu Umbauarbeiten zu nötigen ("Der kleine Knut-Holger braucht doch ein schönes Zuhause ...", "Ich brauche eine Klimaanlage, die Hitze kann ich in diesem Zustand nicht ertragen ...").
Der eigentliche Wurfakt findet erstaunlicherweise nicht im Gruppenverband statt. Spürt das trächtige Weibchen die ersten Anzeichen der nahenden Geburt, sucht sie dafür einen sicheren Ort auf, an den sie sich vom mutmaßlichen Besamer begleiten lässt. Diesem kommt dabei eine reine Anwesenheitsfunktion zu, gelegentliche Ohnmachten werden registiert und in der Phase der postnatalen Depression thematisiert ("Du Waschlappen! Der Biggi ihr Mann hat sogar beim Kaiserschnitt zugeguckt!").
Der Wurfvorgang und der Abschluss desselben werden vom Weibchen, soweit medizinisch möglich, in Echtzeit kommuniziert. Damit tritt das Weibchen wieder in ihre Gruppe ein, nach Verlassen des sicheren Ortes kehrt es in sein angestammtes Revier und empfängt dort die anderen Mitglieder der Gruppe zu neuerlichen sozialen Kontakten. Dabei werden auch die wenigen, bislang noch nicht mit ITS infizierten Weibchen von der Infektiösen Tippsenschwangerschaft befallen. Auch hier kommt der verbale Infektionsweg zum Tragen: "Guck mal, wie süß der kleine Holger-Dingsbumms ist. Willst Du nicht auch ...".

Die geneigten LeserInnen meines kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches werden sich nun fragen, was an der geschilderten ITS so schlimm sein mag, dass ich diese zur gefährlichsten Krankheit weltweit erkläre. Ganz einfach: Die ganzen schwangergequatschten Nancys, Mandys, Biggys, ... verderben sich, ihren Besamern und dem Rest ihres Umfeld ziemlich perfekt das Leben. Und auch für die kollektiv gezeugten Kinderlein sieht's eher mau aus ... bei den Eltern ... und das schlimmste: Nach spätestens zwei Jahren bricht der Erreger erneut aus. "Has'te schön gehört? Die Tanja hat sich schon wieder anbumsen lassen ... süüüüüß. "

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Montag, 27. August 2012
Apothekenpreise. Oder: Hätten'se mal im Sexshop geguckt.
Manchmal hält das Leben wirklich nette Überraschungen für mich bereit. Ein guter Freund, mit dem ich gelegentlich eineinhalb Tässchen Bier schlürfe, bat mich um eine Gefälligkeit: Ich sollte für ihn in der Apotheke seines Vertrauens ein auf seinen Namen bestelltes Medikament abholen und in seinen heimischen Briefkasten werfen.
(Zu)gesagt, getan. In der Apotheke war ein Kunde vor mir; ein Frischsechziger, dessen rechtes Handgelenk wohl gelegentlich Überlastung signalisierte und der deshalb eine Bandage erwerben wollte. Nach eingehender Beratung empfahl die Apothekerin dem Manne einen vier, fünf Zentimeter breiten Polyesterstreifen mit Klettband.
Hellhörig wurde ich, als der Preis für besagte Banderole aufgerufen wurde und der Kunde hektisch in seiner Geldbörse herumstöberte. Das Polyesterstück sollte für 16,10 Euro über den Tresen gehen (Nur am Rande: In meinen aktiven, längst verjährten Zeiten als nebenberuflicher Bauschaffender trug ich an beiden Handgelenken schützende Lederbänder. Diese waren fein abgenäht, gepolstert und mit einer Schnalle zu verschließen und kosteten zusammen keine zehn DDR-Mark).
Doch zurück zum kleingeldsuchenden Frischsechziger. Der hatte es inzwischen aufgegeben, die gut 16 Euro zusammenzuklimpern und bot der Apothekerin an, mal zu seiner Frau zu gehen, um pekuniären Nachschub zu holen. "Oder kann ich das per Karte zahlen?", schob der nun sichtlich dampfende Kunde nach. Huldvoll gewährte die Apothekerin ihm diese Gunst, er zahlte (Oh Wunder, die Karte lief im ersten Anlauf durch) und verschwand.
Dagegen nahm sich mein Anliegen harmlos aus. Ich nahm das für meinen Kumpel bestimmte Tütchen in Empfang, verließ die Apotheke und ... traf dort auf den noch immer seine überteuerte Bandage bestaunenden, sichtlich gezeichneten Frischsechziger. Und konnte mir einen Spruch nicht verkneifen. Ich schaltete mein allerallerunschuldigstes Gesicht ein und sagte: "Da haben Sie sich aber über den Tisch ziehen lassen. 16 Euro sind schon ganz schön happig. Hätten'se mal im Sexshop geguckt, da bekommen Sie für das Geld ein Bandagenset für Hände und Füße, wenn Sie wollen, sogar gepolstert und auch in rot."

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Dienstag, 14. August 2012
Endlich Urlaub. Oder: Nein, nicht ich, sondern ...
... so ein paar nervige Typen aus der Nachbarschaft. Herrlich, jetzt beginnt die schönste Zeit des Jahres: Kein Geschrei, keine Dauerparties, keine Endlostelefonate mit Bussy-Bussy-Freundinnen a'la "Weißt Du schon, die Biggi hat sich anbumsen lassen" und mehr so weltbewegenden Informationen. Das alles müssen nun andere ertragen ... zumindest in den nächsten Wochen.
Wenn nun noch eine Fee vorbeikäme, wüsste ich zumindest schon mal einen Wunsch: "Bitte lass' einen Vulkan ausbrechen und ganz, ganz viel Asche in die Luft pusten ..."

PS.: Das Grauen ist zurück. Urlaubsende :-(

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Mittwoch, 8. August 2012
Kompetenz der besonderen Art. Oder: Wie ich das örtliche Handwerk stärken wollte
Überraschungen sind zwar nicht das Salz, so aber doch der Kreuzkümmel in der Suppe des Lebens. Ohne sie wäre es langweilig. Beispiel gefällig? Als ich kürzlich mit einer mir nahestehenden Weibsperson den Rückweg von einer gastlichen Stätte antrat, fiel dieser ungeplant romantisch aus. Statt einer sehr kurzen Radelei gab's eine nicht ganz kurze Wanderung, weil das Vorderrad des Damenvelos einen simplen Platten hatte. Was macht Kavalier in diesem Fall? Er schiebt ebenfalls ...
Solcherart Nettigkeit bewahrte mich allerdings nicht vor der nächstmorgendlichen Schuldzuweisung, dass ich den Schaden sicher irgendwie hätte verhindern können, wenn ich nur was auch immer getan oder gelassen hätte.
An dieser Behauptung kamen mir bei der Demontage des platten Rades erhebliche Zweifel. Ursache allen Übels war ein kleines Leck gleich neben dem Ventilrohr; da dieser Schaden auf der der Felge zugewandten Seite lag, war die Diagnose klar: Hier ist jemand mit zu wenig Luft unterwegs gewesen, das schräg gerutschte Ventil hat den Schlauch irgendwann überfordert. Ich hütete mich allerdings, diese Ursache zu verkünden, wäre mir doch in diesem Fall der Hieb "Hättste mal aufgepumpt, dafür bis Du zuständig" sicher gewesen.
Pro Forma machte ich mich ans Flicken des Schlauches. Pro Forma, denn die Position des Lecks machte mir wenig Hoffnung auf Erfolg. Manchmal hasse ich es, wenn meine Prognosen zutreffen ...
Ich saß schon am Computer, um mir übers Netz einen neuen Schlauch und einen zur Reserve kommen zu lassen, da überkam mich ein wenig Sentimentalität. Okay, ich gelte als netzaffin und brüste mich gelegentlich auch mit meinen erfolgreichen Einkäufen rund um den Globus, aber im konkreten Fall wurde ich weich und dachte an den ortsansässigen Drahteselschrauber und seinen Laden.
Am nächsten Werktag ... nein, da kam nicht die Postfrau mit der Schlauchlieferung zu mir, da fuhr ich zum dörflichen Bikecenter, legte dort mein Zettelchen mit den artig notierten Maßen des luftlosen Rades vor und erhielt im Gegenzug ein Schächtelchen mit einem hochwertigen Fahrradschlauch vom Erfinder des Fahrradluftreifens http://de.wikipedia.org/wiki/John_Boyd_Dunlop . Der Preis für das Schächtelchen irritierte mich ein wenig, denn dafür hätte ich übers Netz gleich zwei eben dieser Schächtelchen erhalten. Aber fürs regionale Handwerk muss man auch mal ein Opfer bringen.
Der Einbau des neuen Schlauches war im Handumdrehen erledigt, schnell aufgepumpt, pro Forma den nassen Finger ans Ventilrohr gehalten - und erstarrt: Dort, an der Öffnung des Markenventilrohrs des nach Werbeaussage des Herstellers einzeln qulitätsgeprüften Markenschlauches entwich Luft. Nicht viel zwar, aber genug, um den nächsten Heimweg von gastlicher Stätte wieder zu einem Fußmarsch zu machen, bei dem ich mir heftige Vorwürfe anhören dürfte.
Nun gehört es ja zu den leichtesten Übungen, ein so genanntes Schrader-Ventil http://de.wikipedia.org/wiki/August_Schrader (auch bekannt als Autoventil) zu wechseln. Man nehme eine altmodische Ventilkappe, an deren Rückseite eine kleine Gabel eingefräst ist, die genau ins Ventilrohr passt und schraube den Ventileinsatz heraus. Doch heutige Ventilkappen an Autoreifen haben eben diese Gabel nicht mehr, sondern sind schlichte Staubverhüterli aus Kunststoff.
Also machte ich mich erneut auf den Weg zum Fahrradschrauber, wo ich den Fall schilderte. Ein dynamischer Jungschrauber erklärte mir, dass so etwas schon mal vorkomme. Schluck.
Und fragte, ob ich den Schlauch dabei hätte. Schluckschluck. Dann würde er ihn umtauschen. Natürlich hatte ich den Schlauch nicht dabei, der steckte samt leise zischelndem Ventileinsatz im Vorderrad des Velos der mir nahestehenden weiblichen Person. Also bat ich um einen Schlüssel zum Herausschrauben eines Autoventils. "Haben wir gerade nicht vorrätig", erfuhr ich. Dreimalschluck.
Also setzte ich mein vertrauenswürdigstes Gesicht auf und fragte nach der Möglichkeit, mir den entsprechenden Schlüsses aus dem Werkzeugbestand des Fahrradspezialschrauberbetriebes auszuleihen, um das Ventil mal eben schnell zu wechseln.
Mit glaubhaftem Bedauern teilte mir der Jungschrauber mit, dass er mir einen solchen Schlüssel gern überreichen würde. Aber "wir hatten mal einen, seit der weg ist, haben wir schon länger keinen mehr in der Werkstatt." Würg.
Meine Frage, was der dörfliche Schrauberfachbetrieb wohl tut, wenn ein Kunde mit defektem Ventileinsatz Hilfe begehrt, verkniff ich mir - die Antwort glaubte ich zu kennen: "Dann wechseln wir den Schlauch, macht siebenfuffzig plus Arbeitslohn plus Steuer und wirnähmauchKarte."
Apropos wechseln: Nachdem ich unverrichteter Dinge heimgekehrt war (das mit einem Markenschlauch bestückte Vorderrad zischelte inzwischen nicht mehr, sondern stand platt in der Gegend rum), setzte ich mich an den Computer und orderte diverse Fahrradschläuche. Achja, und außerdem einen Ventilschlüssel und eine Handvoll dieser altmodischen Ventilkappen mit dem Gäbelchen auf der Rückseite.

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Donnerstag, 19. April 2012
Das Glück der geographisch richtigen Geburt. Oder: Warum ich heute mal wieder stolz bin, ein Ossie zu sein.
Zu seiner Herkunft sollte man stehen. Ich bin in der dahingeschiedenen DDR geboren und aufgewachsen. Die geneigten LeserInnen meines kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches wissen, dass ich ein Problem mit all den Idioten habe, die ihre gleichfalls vorhandene DDR-Biographie verleugnen. Sowas gibt es sogar in meinem Umfeld ... Besonders bescheuert finde ich Menschen, die z.B. in Karl-Marx-Stadt geboren wurden, nun aber darauf bestehen, in Chemnitz (so heißt die Stadt heute wieder) zur Welt gekommen zu sein. Stimmt's, Frau Wille?
Da lob ich mir meinen Vater: Der legte sich schon zu tiefen DDR-Zeiten mit einem Funktionär an, der ihn zum Polen machen wollte. Mein alter Herr ist nämlich in Schlesien geboren, in jenem Teil, der 1927 zweifelsfrei deutsches Staatsgebiet war. Papa schrieb in ein Formular bei der Frage nach Ort und Staat seiner Geburt folglich Deutschland, während der dusselige Funktionär ihn in der "Volksrepublik Polen", die damals ebensosehr existierte wie Chemnitz 1980, verorten (endlich bekomme ich dieses blöde Modewort mal unter) wollte. Mit dem lautstark vorgetragenen Empörungsruf "Genosse, Du spinnst, ich bin doch kein Pole" beendete mein alter Herr die Debatte.
Doch zurück zu meiner Biographie. Ich vom Tag meiner Geburt an (welcher übrigens ein Sonntag war) 30 Jahre und ein paar Tage in der DDR verbracht. Und heute war ich wieder mal besonders stolz drauf, ein Ossie zu sein.
Warum? Ganz einfach - guckst Du hier: http://www.welt.de/politik/deutschland/article106201680/Ostdeutsche-sind-groesste-Gott-Zweifler-der-Welt.html
Da wird mir und meinen Landsleuten bescheinigt, die weltweit größten Gottzweifler zu sein. Wenn das kein Grund zum Stolz ist, was dann?
Ich glaube nicht an höhere Wesen, ich gehöre keiner Kinderfickersekte an und ich finde den folgenden Satz von Heinrich Heine ziemlich treffend:
"In dunklen Zeiten wurden die Völker am besten durch die Religion geleitet, wie in stockfinstrer Nacht ein Blinder unser bester Wegweiser ist; er kennt dann Wege und Stege besser als ein Sehender. Es ist aber töricht, sobald es Tag ist, noch immer die alten Blinden als Wegweiser zu gebrauchen."

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Montag, 5. März 2012
Schuhkauf mit Konsequenzen. Oder: Neue Post im Kasten
Jahrelang gingen wir miteinander durch dick und dünn. Wir konnten aufeinander zählen, ich auf sie beim nicht gar zu prolligen Auftritt, sie auf mich bei allerlei Zärtlichkeiten. Ehe unter den LeserInnen meines kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches Missverständnisse aufkommen - ich rede von meinen schwarzen Lieblingshalbschuhen. Sie stammten aus dem Land, wo man keine Billigschuhe trägt, keine Socken in Sandalen und keine kurzen Hosen - aus Italien. Vor etlichen Jahren brachte ich sie von dort aus dem Urlaub mit, wir haben gemeinsam eine Menge gesehen. Na gut, das Sehen war meist mein Part, schließlich ist unten die Sicht schlechter. Aber ich habe mich revanchiert, nie mit irgendwelchen neumodischen Superglanztubenschwämmchen hantiert, sondern stets mit Lappen, Bürste und schwarzer Schuhcreme aus der Schraubdose. Dank dieses Intensivverwöhnprogramms schaffte ich es sogar, die Spuren zu verwischen, die meine Katze ins glatte Leder gekrallt hatte. Und weil ich meine ollen Italiener gern trug, konnten auch die regelmäßig zerfasernden Schnürsenkel keinen Keil zwischen uns treiben. Fünf Paar mussten dran glauben, das sechste hatte ich erst kürzlich eingefädelt.
Und nun das: Beidseitiger, doppelter Sohlenbruch. Der rechte Absatz hatte den Anfang gemacht, der linke folgte wenige Tage später, dann entdeckte ich die Bruchstellen im vorderen Bereich. Und nun? Weg damit. Ich gönnte meinen Italotretern noch ein paar ruhige Tage im Windfang, wo sie neben allerlei anderem Geschuh in Erinnerungen schwelgen durften. Heute hatten wir unseren letzten gemeinsamen Gang. Nicht aus Pietät trug ich sie dabei in der Hand, sondern weil sie in die Mülltonnen kamen. Eine standesgemäße Feuerbestattung im heimischen Kamin unterließ ich wegen der Gummisohlen.
Wer nun glaubt, dass ich jetzt unbeschwarzschuht durchs Leben gehe, irrt. Natürlich habe ich für Ersatz gesorgt und in der vergangenen Woche zwei Paar Italos kommen lassen. Wobei: Sie werden dem Vorgängerpaar nie die Sohlen kratzen können, schließlich sind solche Schuhe nur echt, wenn man sie südlich der Alpen anprobiert und mitnimmt.
Dafür bescherte mir der Ersatzkauf wundersame neue Erkenntnisse. Kaum hatte ich die online-Bestellun getätigt (Nein, nicht bei der schreienden Firma), rutschte ich in eine völlig neue Schublade. Zielgruppenmarktsegmentmäßig scheinen Männer, die Schuhe kaufen, etwas Spezielles zu sein. Vielleicht schwul oder transe, auf alle Fälle aber "anders". Diesen Eindruck gewinne ich zumindest, wenn ich seit besagtem Kauf in meinen Posteingang schaue ... Solange ich "nur" meine Laufschuhe übers Netz kommen ließ, ist mir sowas zumindest nicht passiert.

PS.: Ach ja, die fast neuen Schnürsenkel habe ich vor dem Wegwerfen wieder ausgefädelt.

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Donnerstag, 22. September 2011
Oraldesign und Fehlkonstruktionen. Oder: morgendlicher Vibratoralarm
Meine liebe Ehefrau hat in ihrer Weisheit kürzlich festgelegt, dass ich einer neuen Zahnbürste bedarf. In den Jahren unseres gemeinsamen Daseins habe ich die Erfahrung gemacht, dass der weise Ratschluss meiner Gattin in aller Regel gut für mich ist und so fügte ich mich in mein Schicksal. Und das, obwohl ich die von Zahnbürstenmafia und Dentisten-Logen gemeinschaftlich betriebene Kampagne für den schnellen Wechsel von Zahnbürsten für reine Propaganda halte. Die Sprüche scheinen mir in etwa so glaubwürdig wie die Aussagen der Laufschuhhersteller, dass ein 130 Euro teurer Treter nach weniger als 1.000 Kilometern reif für die Tonne sei; aber das nur am Rande.
Zurück zur Zahnhygiene. Seit zwei Tagen ziert eine neue Zahnbürste meinen ollen Becher. Die gestrige Erstbegegnung mit dem noch jungfräulichen Reinigungsgerät gestaltete sich angemessen. Soll heißen: Mit einer Jungfrau darf man nicht zu hart ins Gericht gehen, die wird noch. Hoffentlich. Dass die borstige Debütantin sich widerborstig zeigte und auf mich einen hartleibigen Eindruck machte, nahm ich hin. Das berühmte „erste Mal“ ... jede hat eine zweite Chance verdient.
Heute war es nun soweit. Schön war’s wieder nicht. Aber ich nahm mir die Zeit, die neue Liebkoserin meiner Oralpforte ein wenig näher zu betrachten. Schließlich muss ich mich ja einige Monate mit ihr arrangieren.
Okay, sie macht einen gestylten, dynamischen Eindruck. Die LeserInnen meines kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches sollten diese Einschätzung nicht als Lob missdeuten. Schließlich kommen auch die jugendlichsmarten Unternehmensberater einer gewissen Mc-Firma recht dynamisch daher – und was sind da für Pfeifen drunter ...
Zurück zur Zahnbürste. Gut fand ich, dass es darauf etwas zu lesen gibt. Auf dem schwungvoll geformten, gefühlsecht mit irgendwas beschichteten Korpus steht neben dem mysteriösen Kürzel „ccc“ (Chaos Computer Club? Boahhh!) der Hinweis „dental“. Das scheint mir sinnvoll, denn angesichts der dynamischen Formgebung könnte der/die eine oder andere UserIn durchaus auf den Gedanken kommen, das Ding anderen Ortes andersrum, also mit dem borstenfreien Ende voran, einzuführen. Also eher was mit vorne „an“ bzw. „vagin“ und hinten „al“. Das war jetzt hoffentlich nicht zu knifflig ... (Nebenbei: „knifflig“ hat einen schöner Wortklang, und das englische Gegenstück „difficult“ klingt beinahe genauso gut.)
Ansonsten erwies sich meine neue Zahnbürste als ziemliche Fehlkonstruktion. Warum? Ich habe die Angewohnheit, meine Zahnbürste auf den Zahnputzbecher zu legen und dieses putzige Zahncremezeugs in dieser Position drüberzuquetschen (oder drüberzugniedschen, wie der Sachse sagt). Mach’ das mal einer mit einer durchgestylten Bürste, die nicht nur wie ein Vibrator aussieht, sondern ebenso rund ist und dazu noch einen blöden Schwerpunkt hat. Das dämliche Ding tut es wie der Nachtvogel im bekannten Reim „Uhu nicht dumm, dreht sich nur um.“ Wenn der Uhu das tut, ist mir das egal, denn schließlich will ich ihn ja nicht mit Zahncreme beschmieren. Wenn die Bürstenborsten hingegen nach unten zeigen, wäre ich zum Überkopfgniedschen genötigt. Und das geht am frühen Morgen ja nun wirklich zu weit. Scheißding ...
Achja, meine liebe Ehefrau hat die blöden Dinger im Doppelpack erworben und ist mit ihrer Zahnreinigungsassistentin auch nicht zufrieden.

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