Montag, 22. Oktober 2007
Rührendes Erinnermich - leider "nur" made in USA
Gelegentlich bezeichnet meine Frau mich als Holzklotz. Sie hat damit nicht ganz unrecht, denn ich bin nicht eben dicht am Wasser gebaut. Die üblichen Herz-Schmerz-Geschichten (Dirty Dancing, E-Mail für Dich und wie sie alle heißen) finde ich bestenfalls amüsant. Gerührt sein oder gar feuchte Augen bekommen? Fehlanzeige. Das mag daran liegen, dass ich a) männlichen Geschlechts und b) ein wenig unter dem heute außer Mode geradenen Motto "Ein (deutscher) Junge weint doch nicht!" aufgewachsen bin.
Da muss schon echtes Gefühlskino her, wenn ich dieses seltsame Ziehen bekommen oder gar ein verschämtes Tränchen fließen lassen soll. Echtes Gefühlskino, das sind die Befreiungsszenen bei Chuck Norris "Missing in Action", das sind die ungeschnittenen Rambo-Filme oder auch die Schluss-Szene in "Intruders"
Heute durfte ich mal wieder gerührt sein. Welcher Film das geschafft hat? Ein Werbefilm. Einer, der dafür wirbt, Freunde, Bekannte, Verwandte etc. auf Auslandseinsatz nicht zu vergessen. Der dafür wirbt, an sie zu denken, ihnen zu schreiben, ihnen, wenn sie nach Hause kommen, einen Empfang mit lächelnden Gesichtern zu bereiten. Schließlich machen sie in der Ferne ihren Job, riskieren Leben und Gesundheit und sind dort, um unser Leben hier irgendwie ein wenig sicherer zu machen. Wer Nachrichten hört und/oder Zeitung liest, weiß, wie viele Deutsche in aller Welt im Einsatz sind. Auf Beschluss des Bundestages.
Nun mag sich der eine oder andere Leser meines kleinen Tagebuches allmählich fragen, warum er diesen Werbefilm (etwas linkere Zeitgenossen mögen ihn als Propaganda bezeichnen) nicht kennt?
Ganz einfach: Dieser Film ist kein deutscher Film, es ist ein Streifen aus den USA, der unter dem Titel "Remember me" zum Erinnern an die amerikanischen Soldatinnen und Soldaten aufruft, die weltweit im Einsatz sind, ums Leben kamen, verletzt wurden, unversehrt wieder heimkommen ...
Ich halte die amerikanische Außenpolitik in vielen Punkten für gut und richtig, in anderen wiederum nicht. Dass es einen solchen Film aber nicht für deutsche Männer und Frauen gibt - und auch nicht geben wird -, die fern der Heimat im Einsatz sind, wirft aus meiner Sicht ein beschämendes Licht auf deutsche Verhältnisse und Denkweise.
So, und nun der Film - bitte den Ton nicht vergessen.


https://www.youtube.com/watch?v=ervaMPt4Ha0

PS.: Und sollte ein Leser meines kleinen Tagebuches doch einen solchen Film "Made in and for Germany" entdecken, wäre ich für einen Hinweis dankbar und korrigiere mich gern.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Eine Anmerkung zu Glücksachen
Meine Lieblingslokalpostille beschert mir tagtäglich ein hohes Maß an Freude. Sollte sie auch, denn schließlich hat sie ja einen - gemessen an Quantität und Qualität - exorbitanten Preis. Mitunter veranlasst mich das Blättchen auch dazu, einen Leserbrief abzusondern. Das hat seine Ursache mit schöner Regelmäßigkeit darin, dass auf den Zeilen meiner Lokalpostille - mit Verlaub - gar zu schlimme Fehler veröffentlicht wurden. Jüngst wurde im Zusammenhang mit den Bahnstreiks auf die Gewerkschaft der Lokführer bezogen die Frage gestellt, ob denn in Deutschland ein jeder daherkommen und eine Gewerkschaft gründen dürfe. Da die GDL bereits 1867 geründet wurde und zudem die erste, 1990 in der DDR wiedergegründete freie Gewerkschaft war (damals glaubten die anderen Gewerkschafter noch den Chefs von Tante SPD, die die Wiederherstellung der staatlichen Einheit Deutschlands für illusorisch hielten), erlaubte ich mir, eine Korrekturmail zu verschicken, die heute sogar relativ unentstellt in meiner Lokalpostille erschienen ist. Erfreulich.
Weniger erfreulich ist, dass mir - noch vor dem Entdecken dieser Korrektur - ein böser journalistischer Lapsus ins Auge stach. Im Zusammenhang mit der kurzzeitigen Wiedereröffnung eines bekannten Leipziger Kaufhauses ("Die Blechbüchse") als Ausstellungsgebäude, ehe dieses dann umgebaut (treffender: fast abgerissen) werden wird, formulierte einer meiner Lokalpostillenkollegueros, dass die Besucher der Ausstellung dort "mit etwas Chuzpe sogar auf Harry Müller" treffen können. Besagter Mann hat die Aluminiumfassade gestaltet, die dem alten Kaufhaus 1968 vorgehängt wurde und diesem seinen Spitznamen bescherte.
Nun ist es mit unbekannten Worten so eine Sache, man kennt sie, beherrscht sie, schlägt sie im Zweifelsfall nach - oder lässt die Finger davon.
Gerade das Wörtchen "Chuzpe" ist eines der vielen schönen Worte, die sich die deutsche Sprache aus dem Jiddischen angeeignet hat- neben Mischpoke, Bammel, Hechtsuppe, Maloche, Pleitegeier, Schlamassel oder Reibach.
Mein werter junger Kollege meinte in seinem Text höchstwahrscheinlich, dass man den Aluminiumfassadengestalter in der Blechbüchse mit etwas Glück treffen könne. Wobei er hoffentlich auch gemeint hat, ihm zu begegnen und nicht, ihn irgendwie zwischen den Augen, in der Magengrube oder anderswo zu treffen.
Was mein werter Kollege sicher nicht sagen wollte, ist, dass man vesagtem Herrn Müller mit einer Mischung aus zielgerichteter, intelligenter Unverschämtheit, charmanter Penetranz und unwiderstehlicher Dreistigkeit begegnen kann. So nämlich die Bedeutung des Wörtchens "Chuzpe". Nachzulesen in www.wikipedia.de, von woher ich auch mein Pseudowissen über die GDL bezogen habe.

Ob ich nun schon wieder einen Leserbrief verschicke? Eher nicht, denn zum einen habe ich jede Menge Erfreulicheres zu tun, zum anderen gehe ich davon aus, dass sich einige andere "Oberlehrer" finden werden, die meinem übrigens sehr geschätzten Kollegen mitteilen, dass er mit seiner Verwendung des Wortes Chuzpe eindeutig Schmonzes geschrieben hat. Für die künftige Verwendung nicht geläufiger Vokabeln sei ihm Hals- und Beinbruch gewünscht.
Das soll übrigens nicht zu körperlichen Schäden führen, sondern (ebenfalls aus der Sprache des erwählten Volkes stammend) ihm bei der Wortfindung Erfolg und Segen bescheren: Hals- und Beinbruch ist lt. Wikipedia eine Verballhornung des jiddischen "hazloche und broche", das beim Abschluss von Geschäften ausgesprochen und von unverständigen Zuhörern missverstanden wurde.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Jubelnde Lichtausknipser, gefrühstückter Harry und die dieselnde DHL
Die regelmäßigen Leser dieses kleinen Tagebuches wissen, dass ich mich an dieser Stelle von Zeit zu Zeit auch über meine ganz persönlichen und zudem vollkommen irrelevanten Gedanken zum Klimawandel auslasse und darüber philosophiere, wie man z.B. durch das Tragen wärmender – genauer: isolierender – Kleidung die Freisetzung von Kohlendioxid vermeiden kann. Allen anderen, insbesondere den Neu-Lesern sei gesagt, dass ich den Klimawandel vor allem im Hinblick auf meine Heizungskosten befürworte. Auch dem damit verbundenen Anstieg des Meeresspiegels kann ich Positives abgewinnen, denn dieser führt zur Verkürzung der Anfahrt bei meinen Urlaubsreisen und damit zur Einsparung von Kohlendioxidemissionen. Aber das nur am Rande. Schon aus Gründen der politischen Korrektheit stimme ich natürlich der Vermeidung unnötiger Emissionen des Klimakillers zu, wobei ich mir die Freiheit nehme, die Grünen nach wie vor für nicht wirklich wählbar zu halten. Außerdem würde ich die Sonnenblümlinge – hätte ich etwas zu bestimmen – unter Beobachtung stellen lassen. Aber das nur am Rande.
Um noch einmal auf die Vermeidung von Kohlendioxidemissionen zu kommen: In San Francisco fand am Wochenende der erste freiwillige Blackout in der Geschichte der USA statt. Soll heißen: Das Licht wurde ausgeknipst, um ein Zeichen für ein Energieeinsparungen zu setzen. Wahrscheinlich wurde bei der Fahrt all der Hummer, Pickups und anderer Spritfresser zu diesem Event mehr Kohlendioxid in die Atmosphäre gegurkt als durch das Lichtaus eingespart wurde, aber den Klimaschutz gibt es nun mal nicht zum Nulltarif. Das muss auch das Klima einsehen. Den Amis soll die ganze Sache ja auf alle Fälle ziemlich großen Spaß gemacht haben, ist ja auch was Neues für sie, dass das Licht mal absichtlich ausgeht.
Nächtlichen Ausgang außer der Reihe werden demnächst auch die deutschen Briefträger erhalten. Falls diese Berufsbezeichnung nicht mehr korrekt ist, bitte ich um zweckdienliche Hinweise, wie die Zustellfachkräfte und –kräftinnen richtig zu bezeichnen sind. Aber zurück zum Ausgang, dem nächtlichen: Bald kommt Harry Potter. Eigentlich ist er schon da, aber demnächst gibt es den Zauberlehrling ja in deutscher Ausgabe in einschlägigen Fachgeschäften, Supermärkten und anderen Horten der Hochkultur. Bei Amazon empfiehlt man mir, die „Heiligtümer des Todes“ bis zum 24. Oktober zu bestellen, dann werde er mir am 27. Oktober zum Frühstück geliefert. Die gelbe Post, die jetzt DHL heißt, bringt das Kunststück fertig, mir das Buch bis 10.30 Uhr ins Haus zu bringen. Mal ganz davon abgesehen, dass ich unter dem Motto „Auch der Tag hat schöne Stunden“ auch an einem Sonnabend vor 10.30 Uhr zu frühstücken pflege, so frage ich mich doch, wie hoch die durch diese Aktion verursachte, zusätzliche Kohlendioxidemission ausfallen wird. Sicher, der eine oder andere Zusteller müsste seinen liebgewordenen Schwatz an der Briefkastenklappe nur ein wenig drosseln, um statt 15 Uhr schon 10.30 Uhr „durch“ zu sein. Aber um auf Nummer sicher zu gehen, wird die Post wohl wieder einen großen Schwarm DHL-Autos ausschwärmen lassen, um den Zauberlehrling flächendeckend unters Volk zu bringen. Wie viele es gewesen sind, werden wir am Montag danach wohl in einschlägigen Zeitungen lesen dürfen. Ob da 100.000 zusätzliche Dieselkilometer ausreichen? Oder sollte mal eben der zehnfache Wert veranschlagt werden?
PS.: Eigentlich sollte an dieser Stelle schon seit einigen Tagen ein Tagebucheintrag über Nobelpreisträger Watson – das ist der mit der Doppelhelix – veröffentlicht werden. Nun neige ich, wie bekannt, nicht übertrieben zu politischer Korrektheit. Allerdings feile ich an diesem Traktat zur Stunde noch ein wenig herum – gewissermaßen zum Selbstschutz. Aber ich liege in den sprichwörtlichen letzten Zügen und werde schon bald neuen Lesestoff einstellen.

... link (0 Kommentare)   ... comment