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Freitag, 2. Mai 2008
1. Mai, Leiharbeit im Journalismus oder: Mut zur Lücke in der Berichterstattung
zeitungsdieb, 15:44h
Heute durfte ich mich wieder einmal als erfolgreicher Prophet fühlen. Warum? Am gestrigen 1. Mai prangerte der Deutsche Journalistenverband DJV die Bedrohung der unabhängigen Preosse durch immer mehr Leiharbeit in den Redaktionen an. Hier http://www.djv.de/SingleNews.20.0.html?&tx_ttnews[tt_news]=1372&tx_ttnews[backPid]=18&cHash=e3870963cb findet sich die Mitteilung des Verbandes. Unter der Überschrift „Billige Lohnschreiber bedrohen Journalismus“ nahm sich die netzeitung hier http://www.netzeitung.de/medien/999757.html des Themas an.
Worum geht es? Nun, im Medienbereich gibt es recht attraktive Tarifverträge, die Journalistinnen und Journalisten auskömmliche Bezüge weit jenseits der Prekariatsgrenze sichern. Mit zunehmenden Berufsjahren und wachsender Verantwortung kann man als Zeitungsredakteur durchaus anständig verdienen. Dass das dem einen oder anderen Verlagsmanager ein Dorn im Auge ist, liegt auf der Hand, denn schließlich wollen auch Aktionäre beglückt werden.
„Outsourcing“ und freie Mitarbeiter waren bisher das Mittel der Wahl, um die Kosten im Zaum zu halten. Von den meisten Lesern unbemerkt, werden große Teile vieler Tageszeitungen längst „fremd“ und vor allem kostengünstig produziert. Die Rede ist nicht vom freien Schreiberling, der über die abendliche Versammlung des Karnickelzüchtervereins „Flotter Rammler“ berichtet, sich dazu vier Stunden ins Vereinslokal setzt, eifrig mitschreibt und fotografiert, für seine 28 Fahrtkilometer keine Kostenerstattung erhält, anschließend eine Stunde lang den Text über die Karnickelmafia in den Computer drischt, Text und Bilder an seine Redaktion mailt und dafür – mit etwas Glück – neben der Ehre der Autorenschaft 30 Euro erhält. Den Stundenlohn für solcherart Ausbeutung möge sich der geneigte Leser meines kleinen Tagebuches selbst ausrechnen.
Aber darüber wollte ich ja gar nicht schreiben. Sondern über Dienstleister, die für Tageszeitungsverlage komplette Seiten bzw. Beilagen erarbeiten und bis zur druckfertigen pdf-Datei aufbereiten. Natürlich ohne Tarifbindung, ohne Urlaubsansprüche und all die anderen Segnungen des Tarifrechtes. Das ist in deutschen Verlagen längst die Normalität.
Neu ist der ausufernde Einsatz von Leiharbeitern, die große Tageszeitungsverlage bei Zeitarbeitsfirmen anheuern und im normalen Redaktionsbetrieb einsetzen. Nur am Rande erwähnt sei, dass einige Tageszeitungsverlag in unserem schönen Land selbst Besitzer derartiger Zeitarbeitsfirmen sind.
Und so sitzen dann in einer Redaktion der in Ehren ergraute Redakteur in Festanstellung, der jungdynamische Praktikant mit der Hoffnung auf wenigstens eine befristete Anstellung und der Zeitarbeiter Tisch an Tisch und produzieren Qualitätsjournalismus. Am Monatsende bekommt der eine runde viereinhalbtausend Euro, der andere mit etwas Glück gar nichts und der dritte Schreiberling von seiner Zeitarbeitsfirma 2.000 Euro. So schön ist die Arbeitswelt auch in etablierten deutschen Großverlagen.
Der DJV-Bundesvorsitzende wertete die Praxis, Journalisten zu billigen Lohnschreibern zu degradieren, als beschämend und nannte mehr als ein Dutzend deutscher Verlage, die qualifizierte Redakteursstellen auf Dauer mit Leiharbeitnehmern besetzen. Zu den besonders verwerflichen Fällen zählt aus Sicht des DJV die Sächsische Zeitung. Dort ist Leiharbeit gängige Praxis, obwohl das Blatt sich im Besitz der SPD befindet.
Das wunderte mich nicht wirklich, denn die Sächsische Zeitung zählte auch zu den Vorreitern beim Outsourcing von kompletten Regionalredaktionen. Neue Firma, neue Verträge – so macht Unternehmertum Spaß – auch bei der SPD.
So, und nun komme ich wieder auf die eingangs gemachte Feststellung, dass ich mich als erfolgreicher Prophet gefühlt habe, zurück. Ich hatte mir am gestrigen 1. Mai überlegt, was wohl die so gescholtene Sächsische Zeitung und was meine gleichfalls (anteilig) im SPD-Besitz befindliche Lokalpostille namens Leipziger Volkszeitung über das Thema berichten würde. Und ich lag richtig. In beiden Blättern ist das Thema „Leiharbeit im Journalismus“ in der heutigen Ausgabe kein Thema.
Aber, mal ehrlich: Ein Prophet musste ich dazu nicht wirklich sein.
Worum geht es? Nun, im Medienbereich gibt es recht attraktive Tarifverträge, die Journalistinnen und Journalisten auskömmliche Bezüge weit jenseits der Prekariatsgrenze sichern. Mit zunehmenden Berufsjahren und wachsender Verantwortung kann man als Zeitungsredakteur durchaus anständig verdienen. Dass das dem einen oder anderen Verlagsmanager ein Dorn im Auge ist, liegt auf der Hand, denn schließlich wollen auch Aktionäre beglückt werden.
„Outsourcing“ und freie Mitarbeiter waren bisher das Mittel der Wahl, um die Kosten im Zaum zu halten. Von den meisten Lesern unbemerkt, werden große Teile vieler Tageszeitungen längst „fremd“ und vor allem kostengünstig produziert. Die Rede ist nicht vom freien Schreiberling, der über die abendliche Versammlung des Karnickelzüchtervereins „Flotter Rammler“ berichtet, sich dazu vier Stunden ins Vereinslokal setzt, eifrig mitschreibt und fotografiert, für seine 28 Fahrtkilometer keine Kostenerstattung erhält, anschließend eine Stunde lang den Text über die Karnickelmafia in den Computer drischt, Text und Bilder an seine Redaktion mailt und dafür – mit etwas Glück – neben der Ehre der Autorenschaft 30 Euro erhält. Den Stundenlohn für solcherart Ausbeutung möge sich der geneigte Leser meines kleinen Tagebuches selbst ausrechnen.
Aber darüber wollte ich ja gar nicht schreiben. Sondern über Dienstleister, die für Tageszeitungsverlage komplette Seiten bzw. Beilagen erarbeiten und bis zur druckfertigen pdf-Datei aufbereiten. Natürlich ohne Tarifbindung, ohne Urlaubsansprüche und all die anderen Segnungen des Tarifrechtes. Das ist in deutschen Verlagen längst die Normalität.
Neu ist der ausufernde Einsatz von Leiharbeitern, die große Tageszeitungsverlage bei Zeitarbeitsfirmen anheuern und im normalen Redaktionsbetrieb einsetzen. Nur am Rande erwähnt sei, dass einige Tageszeitungsverlag in unserem schönen Land selbst Besitzer derartiger Zeitarbeitsfirmen sind.
Und so sitzen dann in einer Redaktion der in Ehren ergraute Redakteur in Festanstellung, der jungdynamische Praktikant mit der Hoffnung auf wenigstens eine befristete Anstellung und der Zeitarbeiter Tisch an Tisch und produzieren Qualitätsjournalismus. Am Monatsende bekommt der eine runde viereinhalbtausend Euro, der andere mit etwas Glück gar nichts und der dritte Schreiberling von seiner Zeitarbeitsfirma 2.000 Euro. So schön ist die Arbeitswelt auch in etablierten deutschen Großverlagen.
Der DJV-Bundesvorsitzende wertete die Praxis, Journalisten zu billigen Lohnschreibern zu degradieren, als beschämend und nannte mehr als ein Dutzend deutscher Verlage, die qualifizierte Redakteursstellen auf Dauer mit Leiharbeitnehmern besetzen. Zu den besonders verwerflichen Fällen zählt aus Sicht des DJV die Sächsische Zeitung. Dort ist Leiharbeit gängige Praxis, obwohl das Blatt sich im Besitz der SPD befindet.
Das wunderte mich nicht wirklich, denn die Sächsische Zeitung zählte auch zu den Vorreitern beim Outsourcing von kompletten Regionalredaktionen. Neue Firma, neue Verträge – so macht Unternehmertum Spaß – auch bei der SPD.
So, und nun komme ich wieder auf die eingangs gemachte Feststellung, dass ich mich als erfolgreicher Prophet gefühlt habe, zurück. Ich hatte mir am gestrigen 1. Mai überlegt, was wohl die so gescholtene Sächsische Zeitung und was meine gleichfalls (anteilig) im SPD-Besitz befindliche Lokalpostille namens Leipziger Volkszeitung über das Thema berichten würde. Und ich lag richtig. In beiden Blättern ist das Thema „Leiharbeit im Journalismus“ in der heutigen Ausgabe kein Thema.
Aber, mal ehrlich: Ein Prophet musste ich dazu nicht wirklich sein.
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