Mittwoch, 14. Mai 2008
Frühstück für Helden oder: Leipziger Qualitätsjournalismus
Meine Lokalpostille hat’s einfach drauf. Wann immer ich glaube, dass die Bandbreite verlegerischer Wunderlichkeiten ausgereizt ist – die LVZler schaffen es mit ihrem Verständnis von Qualitätsjournalismus doch stets aufs Neue, mich zu verblüffen. Unter dem Motto „Frühstück für Helden“ prangte auf der heutigen ersten Lokalseite der Leipziger Volkszeitung ein großer Text, in dem für ein Leserfrühstück geworben wird.
Worum geht’s? Ende Juni startet meine Lokalpostille eine Werbeaktion, in deren Verlauf allerlei Menschen (mindestens zwei, höchstens 15) mit einem Gratisfrühstück bedacht werden. Samt Brötchen, Marmelade, Tasse und – diese Kröte muss man schlucken – druckfrischer LVZ.
Mit geringen Modifikationen fand sich die epische Ankündigung dieser Aktion nicht nur in der Leipziger Ausgabe der LVZ, sondern auch auf dem Lokaltitel der Kreisausgaben. Solcherart Gleichschaltung spricht für zentrale Vorgaben aus der Chef-Etage. Roland Herold, der Ressortleiter Regionales himself, hat den Text geliefert.
Die regelmäßigen Leser dieses kleinen Tagebuches werden sich nun fragen, warum ich das erwähnenswert finde. Dass meine dem Qualitätsjournalismus verpflichtete Lokalpostille eine Eigenmarketingaktion an exponierter Stelle ins Blatt hebt, mag Geschmacksache sein bzw. allenfalls ein leichtes Geschmäckle haben. Allerdings muss laut Pressekodex in einem solchen Fall eine Kennzeichnung erfolgen, die es auch dem DAL (Dümmstanzunehmendem Leser) leicht macht, den Braten zu riechen. In besagtem Pressekodex heißt es unter Ziffer 7 „Bei Veröffentlichungen, die ein Eigeninteresse des Verlages betreffen, muss dieses erkennbar sein.“ Wer’s genauer nachlesen will, findet den Pressekodex hier: www.presserat.de/Einfuehrung.27.0.html Es lohnt sich übrigens, ein wenig auf den Seiten des Presserates zu stöbern, möglicherweise sieht der eine oder andere Leser meines kleinen Tagebuches „seine“ Lokalpostille unter einem ganz neuen Licht.
In diesem Sinne – angenehmes Frühstück noch.

PS.: Ach ja, eine Anmerkung muss noch sein. Das "Frühstück für Helden" ist so neu übrigens nicht. 1999 kam eine US-amerikanische Filmkomödie gleichen Namens (Original: Breakfast of Champions) in die Kinos, die sich in den USA zwar als veritabler Durchfaller erwies, deren Titel aber dennoch geschützt sein dürfte - nicht zuletzt, da der Film auf dem Buch "Breakfast of Champions" von Kurt Vonnegut aus dem Jahre 1973 basiert. Das macht die Aktion meiner Lokalpostille nicht besser, aber spannender. Vielleicht meldet sich ja ein Abmahner bei den Helden ...

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