Montag, 26. Januar 2009
Holzmedien im Sinkflug. Oder: Meine Lokalpostille schafft die Leser ab. Bald.
In meiner Lokalpostille, der Leipziger Volkszeitung, erschien am Wochenende eine schlichte Meldung der Deutschen Presseagentur dpa. Nun mag der eine oder andere Leser meines kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches sagen, dass das ja nichts Ungewöhnliches sei. Stimmt, denn zum einen sendet die dpa ihre Meldungen an zahlende Empfänger zum Zwecke der Veröffentlichung in deren Medien. Zum anderen bedient sich meine Lokalpostille nur zu gern des Agenturmaterials, weil’s einfach billiger ist, die Spalten auf diese Weise zu füllen, als in eine bessere Redaktion zu investieren.
Besagte dpa-Meldung erschien am 24./25. Januar 2009 auf einer der so genannten Medienseiten der LVZ. Wer andere Tageszeitungen kennt, sollte sich durch diese hochtrabende Bezeichnung nicht täuschen lassen. Medienseite – damit meint meine Lokalpostille das Fernsehprogramm nebst einiger Begleittexte. Am Wochenende gibt’s zwei davon, weil das TV-Programm für Sonnabend und Sonntag ins Blatt muss. Manchmal wird als Begleittext zum Programm auch eine Information aus dem Verlagswesen veröffentlicht, so z.B., dass der Springerverlag („der auch an dieser Zeitung beteiligt ist“), gute Geschäfte gemacht hat usw.
Die knappe dpa-Meldung hingegen vermeldete Erschröckliches: Die Zeitungsverlage haben im letzten Quartal des vergangenen Jahres pro Tag 2,31 Prozent weniger Exemplare verkauft als im vierten Quartal 2007. Die Tageszeitungen verkauften im Schnitt 2,58 Prozent weniger, die lokale und regionale Abo-Zeitungen – also Titel wie LVZ, Freie Presse und Sächsische Zeitung, die Platzhirsche in Sachsen – büßten 2,0 Prozent ein.
Was der Leser meiner Lokalpostille nicht erfuhr, kann er im Internet nachschauen. Die ihm vorenthaltene Quelle der genannten Zahlen (und vieler anderer) ist nämlich nicht dpa, sondern die IVW, die Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern e.V., so eine Art Prüfstelle für die Auflagen von allerlei Printmedien. Die findet man übrigens hier: http://www.ivw.de/ Wer nachschauen will, wie sich seine Lokalpostille im Abo und am Kiosk so verkauft, kann das hier tun: http://daten.ivw.eu/index.php?menuid=1112&u=&p=&b=a&t=Tageszeitungen+nach+Ort
Ich habe mir die Mühe gemacht und festgestellt, dass sächsischen Zeitungen überdurchschnittlich stark vom Auflagenschwund betroffen sind. Das erscheint logisch, denn Sachsen liegt im Osten Deutschlands, der vom Rückgang der Bevölkerungszahl und mieser Kaufkraft stärker gebeutelt wird als andere Regionen unseres Landes.
Immerhin: Die in Dresden ansässige Sächsische Zeitung (www.sz-online.de) büßte IV/08 im Vergleich zum Vorjahr 2,6 Prozent ihrer Verkaufsauflage ein. Das ist beinahe noch im Bundesdurchschnitt. Nicht viel schlimmer sieht’s bei der Freien Presse (www.freie-presse.de) aus, die drei Prozent verlor und nun pro Tag noch 300.592 Exemplare „gegen Geld“ an den Leser bzw. die Leserin bringt.
Meine Lokalpostille hingegen ließ im vergangenen Jahr deutlich mehr Federn: Die Verkaufsauflage der LVZ sank binnen Jahresfrist um 4,1 Prozent und damit doppelt so stark wie im Bundesdurchschnitt derRegionaltitel. Dieser Verlust entspricht 9.801 Exemplaren, insgesamt gehen am Tag noch 228.628 Zeitungen gegen Geld über den Ladentisch bzw. landen beim Abo-Kunden. Wohlgemerkt: Diese Zahl beinhaltet alle LVZ-Titel, die Stadtausgabe, also das „Kernprodukt“, ist inzwischen bei kläglichen 143.103 Verkaufsexemplaren angelangt.
Irgendwie hat mich diese Entwicklung nicht wirklich überrascht. Sie spricht für den Verstand der Leserschaft, die irgendwann nicht mehr bereit sind, für ein schlechter werdendes Produkt einen regelmäßig steigenden Preis zu zahlen. Kann man mit verstärktem Einsatz von Billigkräften und Leiharbeitern ein Qualitätsprodukt herstellen? Lässt sich die Leserschaft auf Dauer für dumm verkaufen und mit PR-Beiträgen beglücken? Kann man ungestraft das Niveau einer Tageszeitung ins Bodenlose drücken?
Diese Fragen haben sich offensichtlich viele Leser gestellt und ihre ganz persönliche Antwort gefunden. 4,1 Prozent sind nun mal deutlich mehr als 2,6.
Nun mag der eine oder andere Leser meines Tagebuches meinen, dass ich übertreibe. Aber mitunter kann man Missstände (drei s, die Rechtschreibreform ist ein Akt der Barbarei!) durch Beispiele verdeutlichen: Am 23. Januar 2009 gönnte meine Lokalpostille eine runde Viertelseite ihres nordischen Formates einer Erotikdarstellerin namens Vivian Schmitt, die sich in einer Leipziger Ästhetik-Klinik ihre Oberweite um zweimal 350 Gramm reduzieren ließ. Ein Foto zeigt die Pornodarstellerin „oben ohne“ im Gespräch mit dem behandelnden Arzt, ein weiteres eines der alten Implantate, für den Doc eigenhändig signiert.
Lokaljournalismus sieht anders aus – und wer solcherart Oberweitenberichterstattung auf dem Frühstückstisch vorfinden möchte, bringt sich vom Bäcker wahrscheinlich eher die BLÖD-Zeitung mit ... die es dazu noch preiswerter gibt und die sich nebenbei sogar einen ganz passablen Lokalteil leistet.
Das schöne am Tageszeitungsgeschäft ist, dass man die Leser eigentlich nicht braucht. Die machen nur Ärger und bringen nicht viel ein. Der Vertrieb einer Zeitung, d.h. der Aufwand, die Zeitung an den Mann oder die Frau zu bringen, kostet viel Knete. So viel, dass der Vertrieb heute nicht viel mehr als seine eigenen Kosten einspielt. Ein Verlag lebt vom Geschäft mit Anzeigen, PR, Veranstaltungen, Sonderprodukten usw. Die Leser stören eigentlich nur – meine Lokalpostille hat (unfreiwillig) die Lösung dieses Problems in Angriff genommen.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Teleklomgetüddelüöh. Oder: Soll ich nun überweisen?
Aus unerfindlichen Gründen zähle ich zur Minderheit der Telefonrechnungsüberweiser. Einmal im Monat schickt mir die Telekom – also neudeutsch T-Com – per E-Mail eine pdf-Datei mit meiner Telefonrechnung. Diese Versandart lässt meinen Steuerberater regelmäßig vom Untergang der abendländischen Kultur schwafeln, weil doch eine pdf nicht fälschungssicher ist und so. Nur gut, dass er all die anderen pdf-Rechnungen, die ich ihm so präsentiere, schluckt. Das mag daran liegen, dass ich diese nach dem Ausdrucken einmal zusammenfalte, sodass der Eindruck eines Postversandes erweckt wird. Merke: Mit der Post kommen die Guten, die Schlechten werden per Mail verschickt.
Doch zurück zur T-Com. Um „Big Magenta“ die Arbeit zu erleichtern und mir die Mühe des Überweisens zu ersparen, habe ich am Freitag nach Erhalt meiner aktuellen Telefonrechnung per Internet eine Einzugsermächtigung für mein Geschäftskonto erteilt. So richtig mit Anklickens und Verschlüsseldings und so. Nach dem letzten Klickerdings bedankte sich die Telekom bei mir, ein Fensterchen wies mich daraufhin, dass die Bearbeitung meines Anliegens einige Megasekündchen in Anspruch nehmen könnte.
Nun sind seitdem einige Tage vergangen und ich grübele: Wird meine aktuelle Telekommunikationsrechnung bereits abgebucht oder soll ich sie – wie’s draufsteht – innerhalb von 10 Tagen per Überweisung erledigen?
Da ich mir trotz meiner mittlerweile 48 Lebensjahre eine gewisse jugendliche Naivität bewahrt habe, rief ich vertrauensvoll bei meinem weltweit agierenden Telekommunikationsunternehmen an. Trotz leichter Heiserkeit hat mich der Voice-Computer irgendwie verstanden, zumindest im dritten Anlauf. Nagut, die Stimme kratzt nun etwas mehr. Aber eine Auskunft habe ich nicht erhalten, denn ich habe nach einer knappen halben Stunde „Tüttüttütütüüüüü“ – gottlob gebührenfrei – die Geduld verloren und aufgelegt.
Allerdings hat meine Katze nun einen Hörsturz, denn ich hatte das Telefon die ganze Zeit auf Lauthören geschaltet.
Hmmm. Und ich weiß immer noch nicht, ob ich nun überweisen soll ...

... link (0 Kommentare)   ... comment