Montag, 14. September 2009
Wolfgang Schäuble jetzt öfter. Oder: Ref Control
Neuerdings sehe ich Wolfgang Schäuble häufiger. Zum Glück muss ich den Bundeswahrheitsminister nicht in natura erdulden, sondern nur das Startbild seiner Internetseite.
Schuld daran ist kein plötzlicher Anfall von Masochismus, der womöglich wie die Schweinegrippe über mich gekommen ist, sondern ein nützliches AddOn für den Browser Firefox.
Besagtes AddOn trägt den Namen RecControl und ist hier gratis zu haben: http://www.stardrifter.org/refcontrol/
Nun mag sich der eine oder andere Leser meines kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches fragen, wozu ein solches Hilfsmittel dient und ob es womöglich illegal ist. Nein, illegal ist es nicht, macht aber durchaus vergleichbaren Spaß wie so manche illegale Vergnügung.
Für alle Neugierigen, für Wolfgang Lauschohr und Zensursula von der Leyen zur Erläuterung: Wer im Web surft, hinterlässt Spuren. Dazu zählt die jeweilige IP-Adresse, die man durch allerlei Anonymisierungsdienste verschwurbeln kann. Wer's noch nicht kennt, kann sich hier http://de.wikipedia.org/wiki/Tor_%28Netzwerk%29 und da https://www.torproject.org/ schlauer und sein System ein wenig sicherer machen.
Zu den unfreiwillig hinterlassenen Spuren zählt aber auch der so genannte Referer, ein Verweis auf die Seite, von der man durch Anklicken eines Links auf die aktuelle Seite gekommen ist ( http://de.wikipedia.org/wiki/Referer ).
Dieser Referer wird im Log-File des angesteuerten Servers zusammen mit der IP des Neuankömmlings gespeichert und kann von Fall zu Fall richtig Ärger bereiten.
RefControl gibt dem Nutzer die Herrschaft über "seinen" Referer zurück. Es erlaubt, den Referer ganz oder nur für spezielle Seiten abzuschalten oder kreativ zu verändern. Wer in seinem Server-LogFile z. B. den Hinweis auf die Seite www.wolfgang-schaeuble.de findet, muss nicht zwingend davon ausgehen, dass der "Große Bruder" tatsächlich dort war. Es kann auch sein, dass ich per Google-Anfrage auf der betreffenden Seite gelandet bin ...
Apropos Google: Die Werbeverwaltung des Suchmaschinenkonzerns mag RefControl übrigens gar nicht, denn GoogleAdds rechnet mit den Werbekunden ja per Klick ab - und merkt es, wenn Klicks von Seiten, mit denen Google keinen Deal am Laufen hat, zu kommen scheinen. Schöner Nebeneffekt.

Die Kehrseite: Wenn ich mich z.B. bei blogger.de einlogge, begrüßt mich als erstes die Startseite von wolfgang-schaeuble.de - nicht schön, aber es härtet ab. Man weiß ja nicht, wie lange man den Mann noch als IM ertragen muss.

PS.: Herzlichen Dank an www.burks.de für den zielführenden Hinweis.

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Duellgedanken. Oder: Wer's verpasst hat, hat nichts verpasst.
Das einzige TV-Duell zwischen den Kanzlerkandidaten Angela Merkel (CDU) und Frank-Nennmichnichtwalter Steinmeier (SPD) ist Geschichte. Wer’s verpasst hat, hat wohl nichts verpasst, außer vielleicht einer Amtsinhaberin mit erstaunlich tiefen Augenringen (Wie mögen die wohl vor der Maske ausgesehen haben?) und einem Herausforderer, der allein dafür das Lob der (vor allem SPD-nahen) Kommentatoren erntete, weil er nicht gar so schlecht und dröge daherschauspielerte, wie befürchtet worden war. Das Medium der Wahl war aus meiner Sicht das Internet, dort wurde der geneigten Leserschaft (z.B. auf www.welt.de) eine Beinahe-Live-Fassung des Duells, das ja so richtig keines war, geboten. Und hier http://www.welt.de/politik/bundestagswahl/article4522737/Das-Duell-Merkel-gegen-Steinmeier-im-Wortlaut.html findet der Leser das Duell im Wortlaut. Applaus!

Die heutige Berichterstattung der deutschen Medien über das gelaufene TV-Duell liest sich auffallend gleichförmig. Da ist die Rede von „fehlendem Wettstreit“, „altem Ehepaar“, „Beliebigkeit“ und „Unentschieden“. Eine löbliche Ausnahme stellt der heutige Tagesspiegel dar, der hier http://www.tagesspiegel.de/politik/wahlen2009/TV-Duell-Angela-Merkel-Frank-Walter-Steinmeier;art20195,2899371 den Luxus pflegt, einen eigenen Bericht statt der breitgetretenen dpa-Suppe zu veröffentlichen. Sehr lesenswert, vor allem die Passagen mit den Aktivitäten der Parteisoldaten und Meinungsbeeinflusser im Pressestudio H.
Einen Ausbruch aus der allgemeinen „Unentschieden mit erstaunlich unschlechtem Steinmeier“-Brühe bietet zudem die Sächsische Zeitung. Dass die SZ Steinmeier vorn und das Duell als „Schub“ für die kränkelnden Sozis sieht (http://www.sz-online.de/nachrichten/artikel.asp?id=2260060) , muss allerdings nicht wirklich Anlass zur Verwunderung sein. Schließlich gehört das Dresdner Blatt zu 40 Prozent der einstigen Volkspartei SPD – und so was verpflichtet. Wenn schon nicht zu lautem Kampfgeschrei in Wahlkampfzeiten, so aber doch zu pfleglichem Umgang mit der alten Mutter.
Die beste Überschrift des Tage hat (mal wieder) die TAZ, die ihren Artikel zum schlappen Duell mit "Yes, wie gähn!" betitelt (http://www.taz.de/1/politik/bundestagswahl/artikel/1/yes-we-gaehn/). Sonderpunkt!

Überrascht hat mich, dass wohl irgendwie 14 Prozent der Fernsehzuschauer angegeben haben sollen (Leider muss ich hier die Quelle schuldig bleiben, es soll wohl irgendwie gegen Ende der Trauerspielübertragung bei einem der öffentlich-schlechtlichen Programme eingeblendet worden sein ..., für eine Info wäre ich dankbar), ihre Wahlentscheidung sei durch das Duell beeinflusst worden. Kaum vorstellbar. Allenfalls, dass einige Zuschauer unter ungezügeltem Harndrang litten und nun die „Grauen Panther“ wählen wollen ...

Insgesamt bescheinigen die meisten Kommentatoren dem gestrigen TV-Duell zwischen Kanzlerin und Herausforderer wenig Sinn, weil zu deutsch und folglich viel zu brav. Hier muss ich widersprechen: Mit Fug und Recht kann man das gestrige Duell als historisches TV-Ereignis bezeichnen, denn es wird – obwohl im deutschen Fernsehen noch jung – wohl der letzte Vertreter seiner Art gewesen sein.
Das nächste Fernseh-Duell vor einer Bundestagswahl wird anders sein. Zum einen, weil es mit hoher Wahrscheinlichkeit keinen SPD-Herausforderer mehr geben wird – die alte Tante ist auf dem Weg zur Nummer 3 im deutschen Parteienzirkus. Zum anderen jedoch, weil künftig wohl eine größere und weniger brave Politikerrunde übertragen werden wird. Aus dem drögen „Tu-mir-nix-ich-tu-Dir-auch-nix“-Plauderstündchen wird wegen des Fünf-Parteien-Systems wohl ein kräftiges Kreuzfeuer mit weniger ausgeklüngelten Reden und Streicheleinheiten werden*. Und das ist gut so.

* Wer FJS noch kennt: Vor 25 oder mehr Jahren gab es da mal eine legendäre TV-Diskussion mit dem weißblauen Imperator, bei der die ARD noch die Kunst der bösen Bildausschnitte beherrschte und auch zum Einsatz brachte. Irgendwann sah man im Bild einen aufs geifernde Maul reduzierten FJS - das waren, angesichts der "Schokoladenseiteneinstellungen" beim TV-Duell noch Sternstunden der TV-Berichterstattung. Damals ...

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