Mittwoch, 5. Dezember 2007
Rettet das Klima - bleibt verheiratet
Scheiden tut weh. Übrigens nicht nur den Beteiligten (oder zumindest einem Teil von diesen) und möglicherweise deren Freunden etc., sondern auch der Umwelt und damit letzten Endes völlig unbeteiligten Lebensformen vom Einzeller bis hin zum Menschen als vermeintlich hochentwickeltem Wesen.
Die regelmäßigen Leser dieses kleinen Tagebuches wissen natürlich, dass ich eine solche Behauptung nicht aufstelle, ohne sie durch eimerweise darüber gegossenen Dreilich’schen Senf zu begründen.
In Deutschland wurden 2005 knapp über 200.000 Ehen geschieden, die Jahre zuvor lag die jeweilige Zahl noch um einige zehntausend höher. Aller Individualität zum Trotze läuft die Auflösung dieser gut 200.000 Ehen nach Schema F ab: Habe färtisch, Trennung, Gericht und tschüss. Oder so ähnlich. Auf alle Fälle unerfreulich.
Lassen wir die zwischenmenschliche Seite mal unter den Tisch fallen und denken einen Augenblick über die ökologischen Auswirkungen der Scheidungen nach. Wenn im Jahre 2005 201.700 Duette platzten, so werden daraus 403.400 Solisten. Berücksichtigt man, dass nach der Scheidung einige Unterhaltsverpflichtungen durch Mord und/oder Totschlag beendet werden, der/die eine oder andere sich ohne Fremdeinwirkung totärgert (es muss nicht immer Suizid sein) oder schnell neu verheiratet, so bleiben doch etwa 400.000 Singles übrig. Das macht 400.000 Haushalte – also 200.000 mehr als zuvor. Zusätzliche Wohnungen werden gebraucht, diese müssen beheizt und beleuchtet werden. Der dem quälenden Ehetrott entronnene Endfünfziger verbringt nun – endlich isser die Olle los – seine Freizeit nicht mehr in Familie als Dauercamper am Baggersee oder schlummert dreimal monatlich friedlich in Oper und Theater vor sich hin, sondern lässt die Sau raus: Weg mit dem Sharan, her mit „Fünfer“ und standesgemäßem Mopped. Und drei Wochen auf Iiiibisssaaah das neue Haarteil an der Sonne ausführen – für den Junggebliebenen ein Muss. Unterm Strich braucht’s dafür eine Menge mehr Energie. Außerdem bringt eine Partnerschaft neben der günstigeren Steuerklasse eine Menge Synergien. Man denke nur ans Füllen von Waschmaschine, Trockner und Geschirrspüler, aber auch daran, dass Fernseher und Wohnzimmerbeleuchtung nicht mehr Strom verbrauchen, wenn zwei Leute statt nur einer Person auf der Couch hocken.
Das ist übertrieben? In den USA wurde zum Einfluss von Scheidungen auf die Umwelt eine Studie erarbeitet. Nein, die stammt nicht von einem der Geheimdienste, da waren Wissenschaftler der Universität von Michigan am Werk – die Daten sollten also besser stimmen als die CIA-Orakelei.
Für die Erhebung wurden von 2001 bis 2005 reichlich 3.000 US-Haushalte unter die Lupe genommen. Das Ergebnis: Scheidungshaushalte verbrauchen pro Kopf etwa 56 Prozent mehr Strom und Wasser als zuvor. Dabei wurde der Einfluss der beschriebenen „Foreveryoung“-Lebensweise gar nicht berücksichtigt. Wer sich mal auf die Suche nach der Studie machen will, kommt hier http://www.umich.edu ganz schnell zur University of Michigan.

Und damit niemand sagen kann, er hätte heute beim Zeitungsdieb nichts gelernt, gibt’s jetzt noch eine Zugabe. Wie sieht’s denn in puncto zwischenmenschlicher Kohlendioxidemission in der Politik aus? Unser roter Umwelterzengel Sigmar Gabriel ist im Hinblick aufs Fliegen vorbildlich: Als Umwelterzengel kann er mit eigenen Flügeln von Goslar nach Berlin flattern, früher flog er als Mitglied der SPD-nahen Jugendgruppe „Die Falken“ ebenfalls emissionsarm. Sein Familienstand macht ihn allerdings zum Treibhausrisiko: Geschieden. Und er lebt mit Freundin Ines Krüger ins Goslar. Das klingt nach doppelter Haushaltführung, nach Ressourcenverschwendung.
Gegen Umweltvorgänger Joseph Martin Fischer – der Joschka halt – ist Gabriel indes ein Saubermann. Der Metzgerssohn ist praktizierender Vielflieger und Vielheirater. Ohne über den Hang des Bald-Sechzigers (die 60 macht er am 12. April 2008 voll, da jibbet bestimmt’n Orden) zu recht jungen Frauen näher zu philosophieren, sei doch die folgende Zahl mal in den Raum gestellt: Viiiiiiieeeeer. In Worten: vier. So viele Ex-Außenminister-Joschka-Ex-Frauen gibt es, die 1976 geborene Minu Barati hat also die Chance, in vier oder fünf Jahren – dann geht’se nämlich straff auf die 40 zu – Ex-Fischersfrau Nummer fünf zu werden. Was für eine Ressourcenverschwendung. Bedenke, dass wir uns die Erde nur von unseren Kindern geliehen haben!
Ganz schlimm ist in dieser Hinsicht auch Gerhard Fritz Kurt Schröder, was dem Wladimir sein Freund und unser Gottseidank-Ex-Kanzler ist. Als Gerhard der Doris, die jetzt Ex-Kanzlergattin ist, 1997 das Ja-Wort gab und sie damit zur Kanzlerkandidatengattin machte, war er nicht mehr jungmännisch. Nö, was der Gerhard ist, der hatte schon der Eva, der Anne und der Hiltrud die ewige Treue versprochen. Aber mit dem Halten seiner Versprechen nahm er’s ja auch später nicht wirklich genau. Aber das war eine andere Geschichte ...
Auf alle Fälle trägt der Gerhard mit seinen drei Ex-Ehen kräftig zur Umweltzerstörung bei. Dafür macht er als Ex-Kanzler einiges wieder gut. Zum einen kommt, seit der Doris ihr Mann mehr Zeit für sie hat, aus Berlin nicht mehr ganz so viel heiße Luft wie vor dem Rücktritt. Und da die Schröders jetzt ja kaum noch im niedersächsischen Reihenhausidyll leben, sondern in der Schweiz und vor allem bei ihrem lieben Freund Wladimir anzutreffen sind, verbessern sie zumindest die deutsche Ökobilanz ein wenig.
Und wenn man dann noch berücksichtigt, dass der Gerhard und der Wladimir den Deutschen zeigen, was eine Gaspreisharke ist und sie so zum Sparen treiben, dann ist der Gerhard im Hinblick auf das bitterböse Kohlendioxid beinahe so gut wie die künftigen Kraftwerke von Vattenfall. Hauptsache, er lässt die ganz Blase nicht auf einmal rauszischen.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Freitag, 30. November 2007
Winterdienst: Südamerikanisches Flair auf deutschen Straßen
Der November ist die Zeit, in der allerlei Medien vom Lokalblättchen bis hin zum TV-Sender über die Wintervorbereitungen in Kommunen berichten. Meist sind die Neuigkeiten in derlei Berichten in etwa so rar wie ehrliche Politiker (So, das kostet zwei Euro Strafe in die Populismus-Kasse! Simmer denn hier bei der Linkspartei? Nö, aber den Hinke-Vergleich wollte ich doch zu gern loswerden.). Zurück zur Winterbereitschaft: Ein pflichtbewusster Journalist sucht die für den Winterdienst zuständige Stelle auf. Das ist zum Beispiel das Stadtreinigungsamt, die Straßenmeisterei, der Bauhof oder irgendeine Firma, die den Winterdienst machen darf. Dort kommt die obligatorische Fragen-Breitseite: Mit wie vielen schneeschaufelschwingenden Mitarbeitern, wie vielen PS und wie vielen Tonnen Salz wollen Sie verhindern, dass in diesem Jahr das gleich Chaos ausbricht wie an den drei Tagen, als im vergangenen Jahr Winter war. Sofern der auf diese Weise attackierte Verantwortliche im Vorjahr bereits in Amt und Würden wahr, wird er sich nun zunächst mit den üblichen Worthülsen verteidigen („Extreme Situation“, „absolute Sicherheit gibt es nie“, „unverantwortliche Sommerreifenfahrer haben die Straßen blockiert, sodass unser Schneepflug im Stau stand“) und dann erzählen, das in diesem Jahr alles viel, viel besser werden wird. Wer beim Lesen der alljährlichen Berichte bis zu diesem Punkt noch nicht eingeschlafen ist, sollte seinen Arzt aufsuchen oder die Beipackzettel auf seinen Medizinschachteln etwas genauer lesen.
Beim Überfliegen der heute veröffentlichten Winterdienstbotschaft aus der Stadt Wurzen – von hier kommen Erdnussflips, Ringelnatz, Keks und leider mancherlei rechtes Gesocks – erlebte ich eine Überraschung. Natürlich ging es auch hier um 16 Schneebekämpfer, die von 4 Uhr bis open End auf 112 Kilometern Straße mit Unimog. Multicars und Kleintraktoren sowie Schneeschiebern und Besen kämpfen werden, als gelte es die abendländische Kultur zu retten.
Spannend wurde es jedoch, als von der eingesetzten „Munition“ die Rede war. Genauer: von deren Herkunft. Der Wurzener Bauhof hat zurzeit 120 Tonnen Salz gebunkert, bei Bedarf soll schnelle Nachlieferung möglich sein (aber nur dann, wenn nicht in ganz Deutschland Winter ist ...). Das Salz stammt übrigens – und hier stutzte ich – nicht etwa aus Zielitz oder einer anderen deutschen Grube, sondern ist per Schiff aus Südamerika nach Deutschland gebracht worden. Beim sommerlichen Einkauf berappte Wurzen dafür 58 Euro netto je Tonne, deutsches Streugut wäre ungleich teurer.
Spätestens an dieser Stelle wähnte ich mich im sprichwörtlichen falschen Film. Wie sehr muss man als Politiker vom Kohlendioxid umnebelt sein, um auf der einen Seite verrückteste Gesetzesmodelle zur Rettung der Welt zu erdenken oder erdenken zu lassen, auf der anderen Seite jedoch zuzulassen, dass Salz buchstäblich um die halbe Welt gekarrt wird, um es im Winter auf deutsche Straßen zu schmeißen und im Gegenzug arbeitslose deutsche Bergleute zu alimentieren. Ich bin wahrlich keiner der Hysteriker, die ihrer Angst vor einer vermeintlichen Klimakatastrophe heulend Ausdruck verleihen, doch an dieser Stelle wäre ein lenkender Eingriff des roten Umwelterzengels Gabriel wohl angebrachter als bei der Verteufelung von privaten (Holz-)Öfen, etwas größerer Autos und demnächst vielleicht auch der Holzkohlegrills. Die großen Frachtschiffte rauschen nun einmal nicht solarbetrieben oder mit Segelhilfe über die Weltmeere, sondern verbrennen auf hoher See umweltschädliches Schweröl – das sie übrigens steuerfrei bunkern.
PS.: Wer übrigens glaubt, dass die Wurzener Salzgepflogenheiten ein Einzelfall sind, der sollte einmal in seiner Kommune nachfragen, womit denn dort die winterlichen Straßen gewürzt werden. Bei der Gelegenheit kann er sich im Bauamt gleich noch nach der Herkunft der granitenen Gewegplatten auf dem neugestalteten Marktplatz und der Bordsteine im neuen Gewerbegebiet erkundigen. Sollte die Kommune des geneigten Lesers nicht gerade im Ländle liegen oder aus anderen gründen wohlhabend sein, stammen diese Baustoffe mit hoher Wahrscheinlichkeit aus Indien.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Mittwoch, 28. November 2007
Widerruf - aus freien Stücken
Mea culpa. Ich muss Abbitte tun, muss widerrufen. Nein, weder Robby Clemens noch Onkel Rolf oder Suppenillutommy haben mich zu irgendwas verdonnert. Und kein Wolfgang T., also weder Terrakottawolfgang noch Wolfgang der Fusselbärtige haben mir die Abteilung Inneres auf den Hals gehetzt.
Mein Widerruf hat einen anderen Grund: Von Berufs wegen lasse ich mich hin und wieder über die Verhunzung der deutschen Sprache aus. Dabei wettere ich nicht nur gegen das Denglische, sondern auch gegen Worthülsen und demagogische Phrasen.
Zu letzteren zähle ich den Ausdruck „Anpassung“, sofern er als zusammengesetztes Substantiv durch die Welt vagabundiert. Also „Preisanpassung“, „Beitragsanpassung“ oder „Zinsanpassung“. Denn stets verbirgt sich hinter dem Akt des Anpassens woran auch immer eine Erhöhung.
Als ich heute meinen Briefkasten leerte, kam dabei neben der obligatorischen Werbung auch eine verdächtig, je beängstigend große Anzahl betont schlichter DIN-lang-Umschläge zum Vorschein. Solche, in denen Rechnungen, Strafzettel und ähnlich erfreuliche Post verschickt werden. Auch meine Krankenkasse war unter den Absendern.
Schon vor dem Öffnen taxierte ich die Sendung. Gewicht und Dicke ließen vermuten, dass der Inhalt kein vorgezogener Gruß zum ersten Advent ist. Dann fiel mein Blick auf das fettgedruckte Wort „Beitragsanpassung“ – und alles war sonnenklar: Erst ein billiges Lockvogelangebot, und jetzt schlagen sie zu, die Halsabschneider ...
Bei gründlicherem Lesen stolperte ich über einen sehr seltsamen Satz: „Erfreulicherweise hat die Überprüfung ergeben, dass der Beitrag ... gesenkt werden kann.“
Und obwohl mir im selben Brief mitgeteilt wurde, dass ich wegen der Umsetzung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes ab 1.1.2008 anteilig für Schwangerschafts- und Mutterschaftskosten aller Frauen dieser Welt (oder so ähnlich, ich muss ja nicht alles verstehen ...) aufkommen muss, kommt summasummarum eine Senkung meines Krankenkassenbeitrages heraus.
Und warum sprechen die dann von „Anpassung“, wenn sie doch eine Senkung meinen?

Auf alle Fälle widerrufe ich nur zu gern meine Behauptung, dass sich hinter jeder Anpassung eine Steigerung verbirgt. Und wer sich dafür interessiert, welche Kasse dieses Wunder vollbracht hat, kann mich ja mal fragen.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Dienstag, 27. November 2007
Äpfel und Birnen oder: Krieg den Reihenhäusern, Friede den Palästen
Selbst Großstadtkinder sind in der Lage, Äpfel und Birnen zu unterscheiden – sofern ihre Eltern ihnen solch profanregionales Obst angesichts globalisierter Frischdienstangebote überhaupt zukommen lassen. Aber nehmen wir mal an, der Filius sieht vor sich einen Boskop und eine Williams Christ. Dann wird er in der Lage sein, den einen von der anderen zu unterscheiden.
Wir merken uns also: Mit praktischer Anschauung und ein wenig Nachdenken sollte man nicht Apfel mit Birne verwechseln.

Später scheint sich diese Fähigkeit zu verlieren. Je älter Menschen werden – der Terminus „älter“ bezieht ausdrücklich das Jugend- bzw. Jungerwachsenenalter mit ein –, umso mehr scheint zumindest ein großer Teil der Menschen Äpfel und Birnen in einen Topf zu werfen.
Natürlich nicht buchstäblich, sondern im übertragenen Sinne. Da werden dann Ärzte mit Briefträgern vergleichen, aus Steuermitteln alimentierte Abgeordnete mit unbezahlten Nichtstuern, Gemälde von Tübke mit Klein-Lieschens Kleckerbildern aus der Krabbelgruppe.

Die vor wenigen Tagen aufgekommene Debatte um die Filterpflicht für Holzheizungen, Kaminöfen etc. bietet mir wieder vielfältige Gelegenheiten, um Studien in puncto Obstvergleich zu treiben.
Kaum waren die ersten Meldungen darüber erschienen, trudelten in Internetforen die Wortmeldungen der üblichen Verdächtigen ein. Auch meine Lokalpostille druckte heute die Kommentare einiger Anrufer ab, die die Filterpflicht begrüßten.
Interessanterweise war es allerdings nicht der Feinstaub, den die Lesertelefonnutzer im Munde führten – nicht mal im übertragenen Sinne. Sie forderten ein entsprechendes Gesetz, weil „so viele Leute nicht nur trockenes, sondern auch nasses Holz verbrennen und das so stinkt“, oder weil „meine Nachbarn auch Plasteabfälle verbrennen, das ist eine Sauerei“ (für alle Nicht-Ex-DDR-Bürger: Plaste ist das Zeug, das anderswo Plastik bzw. Kunststoff heißt).

Nochmal zurück an die eingangs angelegte Merkstelle: Mit praktischer Anschauung und ein wenig Nachdenken sollte man nicht Apfel mit Birne verwechseln. Kinder sind dazu in der Lage, grantelnde Oldies offensichtlich nicht. Wenn der Umwelterzengel Gabriel die Filterpflicht für Holzheizungen fordert, ist das ein Apfel. Kein schmackhafter, aber es bleibt ein Apfel. Wenn irgendein Depp für die Filterpflicht ist, weil sein Nachbar „Plaste“ verfeuert, ist das eine Birne, und zwar eine typisch deutsche. In diesem eigenartigen Land werden nämlich, statt vorhandene Gesetze durchzusetzen, neue erlassen – oder zumindest mit lautem populistischem Gedröhn gefordert.
Wer ausgelatschte Galoschen (für Nichtsachsen: gebrauchtes Schuhwerk) oder sonstigen Müll im heimischen Herd verbrennt, kommt schon jetzt mit Bimsch und Bumsch in Konflikt (Für Neuleser: Nein, das sind nicht Heidis Dinger, das sind Gesetze über den Immissions- und Umweltschutz.). Und ein Staubfilter hält auch den Gestand von nassem Holz, faulendem Laub etc. nicht zurück.

Dafür aber etwas ganz anderes: Wenn die Dinger einmal installiert sind, wird natürlich auch einmal jemand auf die Idee kommen, den dort eingefangenen Staub zu untersuchen. Vielleicht bekommt die Grüne Umwelthilfe ja wieder einmal eine Spende ... Sollte ein gar böser Zeitgenosse in seinem Öfchen nun neben Holz auch die alte PVC-Tischdecke, Badeschuhe und ähnliche Dinge zur Energiegewinnung genutzt haben, wird’s interessant. Dann lässt sich im Filterrückstand ein spannender Cocktail nachweisen. Stichwort: Dioxin. Spätestens in diesem Moment wird es nett, denn dann wird der Nachfolger des roten Umwelterzengels Gabriel sich Gedanken machen (lassen) müssen, wie mit diesem Giftmüll zu verfahren ist ...

Aber noch einmal zurück zu Äpfeln und Birnen: Dem heutigen Leserwehgeschrei(b) zum Thema konnte ich vor allem eines entnehmen: Das zornige Leservolk hat bisher nur die Überschrift, allenfalls den ersten Absatz gelesen oder besser: verstanden. Hätte die gesamte Veröffentlichung den Weg ins Gehirn gefunden, wäre neben dem allgemeinen Gejaule nämlich das deutschlandtypische Neidgeheul zu hören gewesen.
Warum? Nun – wie ich in meinem Tagebuch bereits gestern schrieb, sollen von der Filterpflicht private Herde und Backöfen sowie „Oldtimer“ (vor Baujahr 1950) ebenso ausgenommen werden wie „richtige“, d.h. offene Kamine. Nun pflegen letztere nicht eben in Mietwohnungen oder bausparverträglichen Reihenendhauswohnzimmern zu lodern. Der offene Kamin ist eher etwas für Wohnräume jenseits der 24-Quadratmeter. Oder, um es deutlicher zu machen: Die Nutzer von schloss- oder herrenhaustypischen Kaminen und die Bewohner prächtiger Villen müssen sich um einen Filter für ihren Wärmespender unabhängig vom Baujahr keine Gedanken machen. Wenn das erst die Leser der Großbuchstabenzeitung oder meiner Lokalpostille merken ...

... link (0 Kommentare)   ... comment


Montag, 26. November 2007
Die Änschie, der Dalai Lama, Benedetto und die Chinesen
Ich gestehe, dass ich für Angela Merkel eine Menge Sympathie empfinde. Warum? Da gibt es viele Gründe: Weil sie weder zu den Grünen noch zu den Roten gehört, sondern als schwarze Kanzlerin in Berlin sitzt. Weil sie Physikerin ist - als Naturwissenschaftler mag ich sowas. Und weil sie in so manchem über diverse Wahlperioden hinweg verknöcherten Politikerarsch das Wasser zum Kochen gebracht hat.
Was sie mir aber besonders sympathisch macht, ist, dass Angela Merkel sich nicht so einfach die Butter vom Brot nehmen lässt. Dort, wo der Gerhard und die Doris, was die Exkanzlersgattin ist, den dreifach geschleimten russischen Hofknicks geübt haben, blieb ihr Rücken gerade. Und da, wo man der Doris ihrem Exkanzler vor lauter Ich-liebe-China-Grinsen die Mundwinkel hinter dem Kopf mit dem nicht gefärbten Haar zusammenknüppern konnte, haut die Merkeln das Porzellan so gründlich kaputt, dass die gleücksverheißenden Drachen auf die rote Liste müssen. Empfängt die Frau einfach den Dalai Lama in der Kanzlerwaschmaschine und lässt die Chinesen die Wand hochlaufen. Wenn das so weiter geht, drohen die noch mit Olympiaboykott. (Ähm, ja, das wäre toll, darüber muss ich nochmal nachdenken ... nette Vorstellung. Anabolische Spiele in Peking und kein Chinese geht hin)
Und frech wie sie ist, die Physikerin aus dem Nordosten, lässt sie sogar ihren motzenden Außenfrankwalter wegtreten, dass dem die Steine aus dem Gesicht meiern. Die hat eben Courage, die erste deutsche Kanzlerin, da kann auch ein chinaphiler Außendings nichts machen.
Und was macht der (seit langer Zeit) erste deutsche Papst? Benedetto knickt ein. Der hatte dem Dalai Lama zwar schon einen Besuch zugesagt, machte heute aber einen Rückzieher. Zumindest zeigte er sich ehrlich und sprach nicht von Terminproblemen, sondern von der drohenden Chinaseuche - sprich: dem Ärger, den er vermeiden will. Zwar will der Vatikan weder Atomkraftwerke noch Flugzeuge nach China exportieren, dafür aber Seelenfänger. Und auch für deren Export braucht's Schönwetter.
In diesem Moment wurde Angela Merkel mir gleich noch ein Stück sympathischer. Teufelsweib, vorpommersches! Traut sich mehr als der Papst!
Wenn die Katholiken nicht so prinzipienfest werden, könnte man die Angela direkt auf die Kandidatenliste für die nächste Papstwahl schubsen (die natürlich in möglichst weiter Ferne liegen sollte, denn bis dahin sind "wir" ja Papst).

... link (0 Kommentare)   ... comment


Wolfgang und die Tonscherbe
Der Wolfgang Tiefensee. Kann einem wirklich leid tun. Erst vergeigt er die Sache mit der Olympiabewerbung, dann wird er Terrakottaminister,
http://zeitungsdieb.blogger.de/stories/968017/
und nun das: Da schien es doch vor einer Woche, als wäre die Einigung im Streit um den Lokführertarif greifbar nahe. Wolfgang, der bis dahin brav in Deckung geblieben war, krabbelte unter seiner Tonscherbe hervor, schaltete mit bundesweit vernehmlichem „Knips“ das „Ich-hab-das-vollbracht-ich-ganz-allein“-Strahlemanngrinsen ein und sonderte einige Laute ab. Irgendetwas in Richtung „Konstruktiv begleitet“, „unsere Unterstützung“, „bin nun optimistisch, dass schon bald ...“.
Doch plötzlich kam eine Wolke. Der Lokführerhäuptling schien für Wolfgangs Lächeln nicht empfänglich, stellte eigene Forderungen, kündigte gar Prüfung des noch vorzulegenden Bahnangebotes an ...
Da war plötzlich ein „Knorps“ zu hören. So klingt es, wenn Terrakottawolfgang sein Lächeln wieder ausschaltet. Wenig später war er kaum noch zu sehen, denn er hatte sich ganz klein gemacht, um auf bessere Zeiten zu warten. Auf Zeiten, in denen es für ihn wieder einen Erfolg zu beanspruchen gab. Oh, was war der Wolfgang froh, als er wieder eine passende Tonscherbe gefunden hatte, um sich zu verstecken. Da liegt er nun und nur ein Ohr schaut heraus - um nicht zu verpassen, wenn's wieder eine Chance gibt.

Ein Tipp vom Zeitungsdieb: Einfach einen Hut aufsetzen, der einige Nummern zu groß ist. Damit wird man auch unsichtbar und man kann den Hut immer dabei haben. Wenn’s mal schnell gehen muss. Falls Du Dich nicht erinnerst – Du hast die Nummer schon mal durchgezogen. Mein wieder hervorgekramtes Foto beweist es.



Foto: André Dreilich

... link (0 Kommentare)   ... comment


Partikelfilter, Bimsch, mein Kaminofen, Erzengel Gabriel und Lobbyismus
Am vergangenen Wochenende hatte ich überreichlich zu tun. Gleich zwei Kundenzeitschriften mussten im heimischen Büro produziert und druckfertig gemacht werden, sodass ich weder den Feiertag heiligen noch genussvoll meine ausgedehnten Laufrunden im gar nicht so grauen Novembergrau drehen konnte. Und auch der eigentlich geplante Vollmondlauf musste leider entfallen.
Dass auch andere Menschen viel zu tun hatten, zeigte mir die wochenendliche Nachrichtenlage. Bereits am Sonnabend deutete sich dank erster Agenturmeldungen ein neue journalistische Sau an, die nun intensiv durchs Dorf getrieben wird. Es geht um die durch Verbrennung von Holz in sogenannten „steinzeitlichen Dreckschleudern“ hervorgerufene Feinstaubbelastung. Nur zur Erinnerung: Feinstaub ist das Zeug, dass es schon länger gibt und dass durch die nun als Attrappe enttarnten Partikelfilter aus dem Dieselruß entfernt werden sollte. Nach anfänglicher Hysterie – das muss irgendwie so um die Zeit zwischen BSE und Gammelfleisch gewesen sein – ist es um den Feinstaub relativ ruhig geworden. Nur in schlimmen Notlagen (ich sage nur: nachrichtenarme Zeit) erlebte er eine Renaissance.
Aber nun hat man im Bundesumweltministerium die neue Gefahr erkannt, heißt es. Bundesweit gibt es nach Angaben von Experten 15 Millionen Öfen, Öfchen, Kamine und Heizungsanlagen, die mit Holz befeuert werden. Nun ist die Quellenangabe „von Experten“ immer mit Vorsicht zu genießen. Laut Expertenaussage (die stammten damals von IBM) sollte sich der weltweite Bedarf an Computern auch unterhalb von zehn bewegen ...
Aber weiter im Text, nehmen wir mal an, dass die Experten diesmal richtig liegen. Dann bullern und stänkern also 15 Millionen Öfen in Deutschland vor sich hin. Dazu zählt die moderne Pellet-Heizung (die durch den Bund wegen Umweltfreundlichkeit zurzeit übrigens sogar gefördert wird!) ebenso wie der Kanonenofen in der Werkstatt meines Tischlers oder mein verglaster Wohnzimmerkamin. Und weil Einigkeit bekanntlich stark macht, nehmen es die 15 Millionen Öfen sogar mit der Autoindustrie auf: Mit 24.000 Tonnen Rauchstaub (was auch immer das sein mag) belasten die Holzvernichter die Luft mehr als alle Dieselfahrzeuge dieser Republik zusammen. Heißt es bei den Experten, wobei ich stark vermute, dass hier irgendeine Pflaume die sprichwörtlichen Äpfel mit Birnen vergleicht. Aber dazu vielleicht demnächst mehr.
Und weil unseren Politikern nur das Wohl der Bürger am Herzen liegt, sehen sie hier Handlungsbedarf. Schließlich kommt in Form der Verbrennung von Holz eine völlig neue Bedrohung auf die Menschen zu, die es in dieser Form noch nie gab und die sicher verheerende Folgen für die Volksgesundheit haben wird. Also muss ein Gesetz her, dass dem Bösen Einhalt gebietet. Dieses Gesetz gibt es schon, es heißt Bundesimmissionsschutzverordnung, im Beamtendeutsch auch Bimsch genannt. Nur der Vollständigkeit halber: Es gibt auch Bumsch, das kommt von Umweltschutz.
Aber um den geht es hier nicht, sondern um Bimsch. Umwelterzengel Gabriel hält die dräuende Gefahr für so groß, dass er für 2008 eine Bimsch-Novelle anstrebt, in deren Ergebnis die 15 Millionen Öfen an die Leine gelegt werden sollen.
Ausgenommen bleiben – so der aktuelle Planungsstand – private Kochherde, Backöfen und Badeöfen sowie offene Kamine. Außerdem sind historische Öfen, die vor 1950 den ersten Schnaufer tun durften, nicht von der Bimsch-Novelle bedroht. Über die Konsequenzen wird derzeit trefflich spekuliert: Nachrüstung, Abgasmessung, Typgutachten – all das kostet Geld und wird längerfristig dafür sorgen, dass der Spaß an den 200-Euro-Öfen aus dem Baumarkt schwindet. Wäre ja auch noch schöner, wenn ein jeder heizen könnte, ohne dafür eine Wozuauchimmersteuer zu blechen.
Und wenn einmal novelliert wird, kommen sicher neue Begehrlichkeiten auf. Erinnert sei an Lagerfeuer, Grillöfen, Holzkohlengrills, Weihnachtskerzen, stinkende Duftkerzen, Feuerwerkskörper, flambierte Speisen, brennende Laubhaufen, Dachstuhlbrände – und was sich nicht per Filter beheben lässt, könnte man ja zumindest mit einer Abgabe belegen.

Die Stammleser dieses kleinen Tagebuches wissen natürlich, dass ich fürs Meckern allein keinen so langen Eintrag schreiben würde. Mir geht es ja auch immer darum, ein wenig zur Aufklärung beizutragen und den einen sowie auch den anderen zum Nachdenken anzuregen. Die Feinstaubdiskussion, die ja nach dem ersten großen Dieselfurz schon wieder fast zum Erliegen gekommen war, ist ein sehr schönes Beispiel für Lobbyismus.
Was sich hinter diesem Begriff verbirgt, beschreibt Wikipedia hier http://de.wikipedia.org/wiki/Lobbyismus
Was Lobbyismus in der Praxis bedeutet, beschreibt die Feinstaubdiskussion.
Da gibt es einen Verein, die Deutsche Umwelthilfe, www.duh.de . Der ist in jüngerer Zeit vor allem durch sein Engagement für die Dieselfilter aufgefallen. Böse Menschen behaupten, dass die DUH das Thema, das von den deutschen Autoherstellern schon seit Jahren erfolgreich verdrängt worden war, erst zum Thema gemacht hätten. Und zwar aus gutem Grund, aus sehr gutem: Einige Unternehmen, die ihr Geld mit der Herstellung von Partikelfiltern verdienen, haben die Deutsche Umwelthilfe mit namhaften Spenden unterstützt. Namhaft bedeutet in diesem Zusammenhang, dass es sich nicht um Beträge, die nur fünf Stellen vor dem Komma haben. Natürlich, so beteuern alle Beteiligten, hätten die Spenden nichts damit zu tun gehabt, dass die DUH wenig später das Thema Feinstaub – gelinde gesagt – offensiv thematisiert hat. Wirklich nicht.
Und schon seit Monaten geistern Postings durch einschlägige Foren, deren Verfasser sich darüber mokieren, dass hier wohl ein besonders gutes Beispiel gelungener Lobbyarbeit bestaunt werden darf.
Und auch bei den Holzöfen muss niemand befürchten, dass Erzengel Gabriel und seine Mitstreiter von ganz allein aufgewacht sind. Auch in diesem Fall gab es einen Weckruf, der ausnahmsweise nicht von der DUH kam. Aber das ist legitim, denn die Industrie muss ja nicht immer den selben Verein mit Spenden beglücken. Das wäre zum einen ungerecht, zum anderen fällt es mit der Zeit auch auf, und der Ruf der DUH hat unter den Großspenden in Sachen Dieselruß ohnehin schon mächtig gelitten.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Montag, 19. November 2007
Vom sonnigen Wolfgang und seiner wünschelnden Rute
Wolfgang wacht auf. Nein, nicht der bartfusselige Wolfgang, über den in letzter Zeit so viel Nettes zu lesen. Ich meine Terrakotta-Wolfgang, von dem man seit seinem eher überschaubaren Erfolg beim Kampf um die Lufthoheit im Reich von Gerhards Freund Wladimir eher wenig gehört hat. Wer die Geschichte nicht kennt, kann hier nachlesen: http://zeitungsdieb.blogger.de/stories/968017/

Besagter Wolfgang hatte und hat ein ganz besonderes Talent. Schon während seiner Zeit als Oberbürgermeister in Leipzig galt er als eine Art fleischgewordene Wünschelrute. Wenn ein Projekt plötzlich erfolgreich zu werden drohte und das noch nicht mal die mit dem Projekt eng verbundenen Mitarbeiter spürten, witterte Wolfgang das, sprang herzu, strahlte wie der Sonnenschein und meldete sich zu Wort.
Welch Jubel herrschte, wenn Wolfgang vors Volk trat, denn dann wusste auch der größte Pessimist: Nun wird’s, sonst wäre Wolfgang ja nicht hier. Unser Sonnenkönig, was hat der von der Leipziger Pleißenburg aus alles verkündet. BMW, Olympia, DHL. Den Ärger mit den Frachtfliegern, die Nachtangriffe auf schlafende (Rand-)Leipziger fliegen, hat jetzt sein Nachfolger am Hals.

Nun hat Wolfgang Wünschel wieder Witterung aufgenommen. Am Sonntag saß er vor seinem Fernseher und schaute Talk. Wahrscheinlich hat er rumgemüffelt, dass sich da ein ungleiches Paar wegen irgendwelcher Eisenbahnerei beharkte. „Mach das mal weg“, sagte der Wolfgang zu seiner Lebensabschnittsbewältigungshelferin. „So’n Mist. Interessiert mich doch nicht die Bohne, die Bahn. Ich fahre Dienstwagen. Soll'n die doch streiken. Solange die ihre Züge nicht auf einem Bahnübergang abstellen, an dem ich warten muss, lässt mich das kalt“
Die neue Frau an seiner Seite bremste Wolfgang. „Schau mal, das könnte wichtig sein“, säuselte sie. „Du bist doch noch Verkehrsminister.“ Wolfgang schaute zunächst skeptisch und wollte sicherheitshalber bei seinem großen Vordenker in Rheinland-Pfalz anrufen. Aber zum Glück brauchte er das nicht, wer weiß, was der wieder gebeckmeckert hätte ...
Nein, im Fernsehen wurde sein Name. Vom Verkehrsminister war die Rede, von ihm, von Wolfgang. Also biss der kleine Sonnenkönig die Backenzähne ganz fest zusammen, wie er das immer macht, wenn er cool dreinschauen möchte, und hörte zu.
Und plötzlich war die Eisenbahnstreiterei vorüber. Der alte Mann und die seltsame Bahnfrau hatten sich miteinander verabredet. Nicht für gleich, aber für bald. Und man werde schon eine Lösung finden, zweistellig kann man vermitteln, das ist den Gremien nahezubringen.
Während Wolfgang noch über all die schwierigen Sätze nachdachte und sich die Ohren rieb, weil der alte Mann und die seltsame Frau zwischendurch auch mal so laut geredet hatten, geschah es: Wolfgangs Rute wünschelte los. Er witterte einen Erfolg. Wie immer als Allerallererster.
Und als sich wenig später so ein Radiofuzzi meldete und den Verkehrsminister (Jawohl, das bin ich immer noch; ich, der Wolfgang) nach seiner Meinung zum Tarifkonflikt bei der Bahn fragte, da wünschelte des Wolfgangs Rute schon wieder.
Und er plapperte los. Er sei sich sicher, «dass damit eine neue Phase intensiver Gespräche anbricht». Er sei in Gesprächen mit dem Unternehmensvorstand «zu der Überzeugung gekommen, dass man auf Seiten der Bahn AG willens ist, jetzt den ersten Schritt wieder zu tun, obwohl das offensichtlich sehr schwer fällt. komme darauf an, neue Bewegung in die Sache zu bringen, «also im Prinzip, dass ein neues Angebot auf den Tisch gelegt wird, dann könnte es wieder vorwärtsgehen».
Was für ein Kerl, der Wolfgang. Wenn demnächst der Lokführertarif ausgehandelt sein wird und die Streiks der GDL Geschichte sind, dann wird es ein Zielfoto geben. Welche Vertreter von GDL und Deutscher Bahn einander dabei mit schmallippigen Gesichtern die Hände auszureißen versuchen werden, ist noch nicht sicher. Fest steht hingegen, dass Sonnenkönig Wolfgang mit auf dem Bild sein wird. Er wird strahlen wie der liebe Sonnenschein, er wird vergoldete Worthülsen abschießen von der Art, dass das Bundesverkehrsministerium unter Führung von Wolfgang dem Sonnigen den Prozess mit Fingerspitzengefühl und Augenmaß begleitet habe. Und er wird ein klein wenig das böse Aua vergessen, das ihm zugefügt wurde, als er gegen Wladimir, Gerhard und die anderen Genossen stänkerte.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Freitag, 16. November 2007
Ein SPD-Blatt zwingt den bärtigen Wolfgang T. zum Kniefall
Das Leben ist ungerecht. Zumindest im Umgang mit den am 22. Oktober 1943 geborenen Erdenbürgern. Die Stammleser dieses nicht immer politisch korrekten Tagebüchleins wissen, was nun kommt: Ich kann der Versuchung nicht widerstehen, die eingangs aufgestellte Behauptung zu belegen. Also dann:
Am 22. Oktober 1943, einem Tag, da weite Teile der Welt in Flammen standen und die Stadt Kassel dank eines britischen Bombenangriffs ganz besonders hell brannte, traten diverse Menschen in ihr irdisches Dasein. So zum Beispiel Hans Hartz (das ist der Mann mit der rauchigen Stimme, der das Sail Away der Becks-Reklame, aber auch „Die weißen Tauben sind müde“ gesungen hat), die Schauspielerin Catherine Deneuve und Fusselbartträger Wolfgang Thierse. Wie ungerecht das Leben sein kann, sieht man daran, dass die im wahrsten Sinne des Wortes rauchige Stimme von Hans Hartz seit 2002 nur noch als Konserve zu hören ist, während Wolfgang Thierse seine Weisheiten bis auf den heutigen Tag verkünden darf. Doch es steht einem unwichtigen Tagebuchschreiber nicht zu, über das unerfindliche Walten höherer Mächte zu richten. Wird sich schon irgendwer etwas dabei gedacht haben, statt des einen den anderen Krächzer abzuberufen.
Zugegeben. Das klingt sarkastisch und lässt einen Hauch von Abneigung erahnen. Soll es auch. Das liegt nicht daran, dass ich kein Freund der SPD bin. Und auch nicht daran, dass ungepflegt wirkende Fusselbartträger mir nicht gerade als erste Wahl für hohe Staatsämter erscheinen. Nur gut, dass ich nicht so schnell in die Verlegenheit kommen werde, als VIP-Gast mit dem Bundestagsvize zu dinieren. Es würde mir nicht schmecken, denn es ist nicht mein Ding, meinen Teller vor anderer Leute mutmaßlich abfallender Körperbehaarung zu schützen. Aber auch das ist kein wirklicher Grund, Wolfgang T. nicht zu mögen.
Der ist älter. Der Grund. Anfang der 90er hatte ich meine erste berufliche Begegnung mit dem seinerzeit noch nicht ex-Bundestags-jetzt-Vizepräsidenten. Ich war für die 1994 leider aus wirtschaftlichen Gründen dank der ängstlichen FAZ unsanft entschlafene Zeitung „Neue Zeit“ tätig und hatte in dieser Funktion über das segensreiche Wirken irgendeiner Enquete-Kommission zu berichten, die in Leipzig tagte. Im Neuen Rathaus zu Leipzig hatte ich zehn Minuten für ein Gespräch mit Wolfgang Thierse und empfand ihn seinerzeit als arroganten, selbstgefälligen und unsympathischen Arsch. Jawohl: Arsch. Ich darf das sogar in Wiederholung aufschreiben, denn der Adressat dieser Beschimpfung war damals gottlob noch nicht in höchste Ämter vorgedrungen, sondern hatte seinen Aufstieg erst begonnen. Solche Leute darf man – ebenso wie Fallende – ehrlich betiteln. Nur wenn ich behauptete, dass Bundestagsvizepräsident Thierse ein Arsch ist, wäre das justiziabel. Aber das tue ich nicht.
Dafür tun das seit vorgestern andere. Viele andere. Warum? Schuld ist Roter-Schal-Münte, der aus durchaus nachvollziehbaren persönlichen Gründen von seinen bundespolitischen Ämtern zurückgetreten ist. Er will, und das ist durchaus ehrenwert, mehr Zeit mit seiner krebskranken Frau verbringen.
Meine Lieblingslokalpostille widmete diesem Rücktritt beinahe eine ganze Seite 3. Im Keller (so nennen Zeitungsleute das, was im Blatt „unten“ ist) stellte der Dieter Wonka, der Berlin-Korrespondent meiner Lokalpostille, SPD-Mann Thierse drei Fragen. Wolfgang Thierse wurde in diesem Mini-Interview am 13. (sic!) November mit folgender Aussage zitiert: „Es ist eine unpolitische Entscheidung, dass Franz Müntefering seine Frau in der letzten Phase ihres Lebens direkt begleiten will. Seine Frau im Dunkeln in Ludwigshafen sitzen zu lassen, wie es Helmut Kohl gemacht hat, ist kein Ideal.“
Doppelversenkung. Zum einen sprach „Münte“ bisher lediglich davon, sich seiner Frau widmen zu wollen. Stoppelwolle erklärt sie praktisch für tot. Aber das sorgte nicht für Aufsehen. Das hingegen erregte die öffentliche Verlesung des Satzes über die bis zu ihrem sehr bedauerlichen Selbstmord im Dunkeln sitzende Hannelore Kohl im Bundestag.
Geschrei, Aufruhr, Rücktrittsforderungen, Kanzlerinnenschelte – Wolfgang der Behaarte handelte sich mit diesem Spruch die volle Packung ein.
Und reagierte so, wie man es von einem Politiker erwartet: Er gab die Schuld dem Boten, sprich: Er gab an, in einem nicht autorisierten Interview verkürzt und falsch zitiert worden zu sein. Ich gebe ja zu, im Rahmen meiner Veröffentlichungen in diesem Tagebuch gelegentlich ein wenig wider meine Lokalpostille zu stänkern. Aber: Mein werter Berufskollege Wonka, seines Zeichens Hauptstadtkorrespondent meines Leipziger Blättchens, mag allerlei tun, wenn der Tag lang(weilig) ist. Aber einen so bösartig vergifteten Pfeil, wie ihn der Spruch vom Kanzler der Einheit, der seine Ehegattin in Ludwigshafen der krankheitsbedingten Verdunklung anheim fallen lässt, darstellt, erfindet kein ernsthafter Journalist. Für solch einen Kracher braucht’s einen Politiker, dem nicht nur draußen am Kopf die Haare außer Kontrolle geraten sind.
Meine Lokalpostille reagierte übrigens prompt. Nach intensiver Befragung des der Schlamperei bezichtigten Schreiberlings (Die strenge Tortour soll ihm erspart geblieben sein, er hat also noch ungebrochene Finger und kann/darf weiterhin schreiben) und Konsultation des Hausjuristen stellte mein Blättchen unter www.lvz.de eine Erwiderung ins Blatt. Ich zitiere wörtlich aus der Internetausgabe der LVZ: „Thierse sprach von einer „arg verkürzten und nicht autorisierten Fassung“ des Gesprächs. Das ist aber nicht der Fall. Das Zitat ist keinesfalls falsch und ungekürzt wiedergegeben worden.“
Das war eine volle Packung aufs haarige Maul, die von anderen Medien süffisant aufgegriffen und wiedergegeben wurde. Druck und Hiebe gab’s nicht nur von der CDU, sondern sogar aus den ansonsten recht geschlossen agierenden roten Reihen. Inzwischen – am heutigen Abend, der nun seit einigen Minuten der gestrige ist, war angesichts der Meldungen diverser Agenturen eine sehr spannende Nachrichtenlage zu beobachten – musste Wolfgang T. sein Fusselköpfchen neigen und einen klaren Kniefall vor Altkanzler Helmut Kohl machen. Zwar grummelte es aus der verbarteten Gusche immer noch ein wenig gegen den bösartigen Interviewer, doch die sauber formulierte Bitte um Entschuldigung war klar zu hören. Für Helmut Kohl, auf dessen Ansehen der Filzige im Zuge der Behandlung der Parteispendenaffäre nur zu gern herumgetrampelt ist, sicher ein innerer Vorbeimarsch.
Und auch ich muss zugeben, mich über den Ärger, den Wolfgang Thierse am kaum sichtbaren Hals hat, diebisch gefreut zu haben. Zum einen, weil ich ihn (nicht den Hals, sondern den Wolfgang) in ziemlich unangenehmer Erinnerung habe (s.o.). Zum anderen jedoch, weil ich um die Gesellschafterverhältnisse beim Verlag meiner Lokalpostille weiß: Die LVZ gehört auf dem Umweg über die Deutsche Druck- und Verlagsgesellschaft mbH und die Verlagsgesellschaft Madsack mbH zur Hälfte, na – wem wohl? – der SPD. Und das hat schon was.

... link (0 Kommentare)   ... comment