Dienstag, 30. Oktober 2007
Mal wieder der Pressekodex
zeitungsdieb, 14:41h
Die geneigten Leser dieses kleinen Tagebuches wissen darum, welchen Lustgewinn, welches Maß an Pein mir die allmorgendliche Lektüre meiner Lokalpostille immer wieder beschert. Heute durfte ich mein Exemplar dieser dem Qualitätsjournalismus so verpflichteten Zeitung mit besonderer Vorfreude aus dem Kasten nehmen. Gestern schon war an exponierter Stelle die Vorstellung eines neuen Buches angekündigt worden. Im heutigen Ratgeberteil war dieser Neuerscheinung nun ein großer Beitrag gewidmet, der – so die Drohung – nur der Auftakt zu einer ganzen Serie sein soll.
Unter dem epochalen Titel „So klappt’s mit Windows Vista“ wird über ein neues Buch informiert, das sich mit dem kropfigen Microsoft-Betriebssystem Vista beschäftigt. Ein 280 Seiten umfassendes Taschenbuch für 14,90 Euro, dessen Umschlag immerhin zweispaltig als Aufmacherbild auf der heutigen Ratgeberseite meines Lokalblättchens prangt. Auf dem Fuß des Buchtitels ist der Schriftzug „Leipziger Volkszeitung“ zu lesen – so heißt nämlich meine dem Qualitätsjournalismus verpflichtete Lokalpostille.
Wer sich mit den presserechtlichen bzw. –üblichen Gepflogenheiten etwas auskennt, der wird an dieser aufmerken. Da gibt es doch einen Presserat und zudem einen Pressekodex. Richtig. Aber dieses Werklein hat ja nur empfehlenden Charakter. Man erinnere sich an die erst kürzlich im Kino wieder aufgewärmte Piratenschmonzette. „Der Kodex ist nur eine Empfehlung“, hieß es dort – bezogen aufs Regelwerk der Piraterie. In der Presse ist es genau so.
Nur zur Sicherheit für alle Neugierigen: Den Kodex (den von der Presse) findet man unter www.presserat.de/Pressekodex.pressekodex.0.html
Durchaus lesenswert, was dort in Ziffer 7 zum Thema „Trennung von Werbung und Redaktion“ steht. Hier geht es nicht nur um gekauften Platz im Blatt (“Anzeigen“). Betrifft die Berichterstattung Eigeninteressen des Verlages, so muss das ausdrücklich gekennzeichnet werden. Und in meinem Lokalblättchen kommt eine riesige Buchbesprechung sogar als Mehrteiler des Weges, und keiner wird gewarnt.
Mich erinnert dieses Procedere an die so genannten Leserreisen, bei denen Zeitungen (Anzeigenblätter zumeist) ihren Lesern Reisen „ihrer“ Vertriebspartner empfehlen und dafür kassieren. Das ist übliche Praxis, und die eine oder andere sächsische Zeitung hält mittlerweile Beteiligungen an Reiseveranstaltern. Ist kein Geheimnis, weiß aber kaum jemand. Ist ja auch besser, wenn man in aller Ruhe in die pohlenden Polster scheibnern kann.
Aber vielleicht ist ja der Schriftzug „Leipziger Volkszeitung“ auf dem Buchtitel nur ein Versehen? Mal nachgeschaut, ob es Indiz für eine wirtschaftliche Verquickung meiner Lokalpostille mit der tollen Buchempfehlung gibt.
1. Indiz: Wer will, dass es mit Vista klappt, kann telefonisch Bestellen. Die Hotlinenummer landet im Service-Zentrum der Leipziger Verlags- und Druckereigesellschaft.
2. Indiz: Das Buch stammt nicht aus der Ratgeberredaktion meiner Lokalpostille, sondern wurde von einem richtigen, echten Verlag herausgegeben. Der heißt übrigens Leipziger Medien Service GmbH, residiert in Leipzig, dort, wo auch die Bildzeitung und einige meinem Lokalblättchen sehr nahe stehende Anzeigenblätter „wohnen“. Als Geschäftsführer der Leipziger Medien Service GmbH taucht ein Name auf, der auch in der Geschäftsführung der Leipziger Verlags- und Dumdideldeigesellschaft zu finden ist. Ganz fleißige Menschen blicken nun ins Handelsregister ... nur soviel: Es gibt dort keine Überraschungen.
3. Projektleiter der Leipziger Medienservice GmbH (man nennt das wohl auch Chef-Management Redakteur) ist ein früherer Lokalchef meines Blättchens.
4. Besonders lustig: Das tolle Vista-Büchlein erscheint zwar in Leipzig in erster Auflage, ist aber keine wirkliche Premiere. Im Frühjahr erschien es bereits bei der Madsack Supplement GmbH mit gleichem Titel und gleicher Aufmachung. Nicht ganz gleich, übrigens, denn statt „Leipziger Volkszeitung“ prangte damals auf dem Titel das Logo der „Hannoverschen Allgemeinen“. Wenn man nun weiß, dass der Name „Madsack“ auch beim Verlag meiner Lokalpostille im Gesellschafterverzeichnis steht, kann sich seinen Teil denken.
5. Apropos Namen: Natürlich haben auch die Autoren welche. Und kurioserweise schreiben zumindest einige dieser Könner nicht nur über Windoof, sondern auch über die Fußball-WM und über Leipziger Geschichte – je nachdem, was für Bücher meine Lokalpostille gerade so im Angebot hat.
Aber, wie oben schon erwähnt: Der Pressekodex hat ja nur empfehlenden Charakter.
Wer nun übrigens grübelt, warum ich ihn mit Leipziger Mediengesülze traktiere, wo er doch an einem ganz anderen Ort ins morgendliche Blättle schaut, der sei gewarnt: Die meisten Zeitungsverlage verfahren nach eben diesem Rezept, man nennt das Mehrwertdienste oder Diversifizierung, manche Geschäftsführer blubbern auch etwas von Leserbindung.
Wobei: Ganz so plump wie meine Lokalpostille machen es nur wenige andere Zeitungen.
Unter dem epochalen Titel „So klappt’s mit Windows Vista“ wird über ein neues Buch informiert, das sich mit dem kropfigen Microsoft-Betriebssystem Vista beschäftigt. Ein 280 Seiten umfassendes Taschenbuch für 14,90 Euro, dessen Umschlag immerhin zweispaltig als Aufmacherbild auf der heutigen Ratgeberseite meines Lokalblättchens prangt. Auf dem Fuß des Buchtitels ist der Schriftzug „Leipziger Volkszeitung“ zu lesen – so heißt nämlich meine dem Qualitätsjournalismus verpflichtete Lokalpostille.
Wer sich mit den presserechtlichen bzw. –üblichen Gepflogenheiten etwas auskennt, der wird an dieser aufmerken. Da gibt es doch einen Presserat und zudem einen Pressekodex. Richtig. Aber dieses Werklein hat ja nur empfehlenden Charakter. Man erinnere sich an die erst kürzlich im Kino wieder aufgewärmte Piratenschmonzette. „Der Kodex ist nur eine Empfehlung“, hieß es dort – bezogen aufs Regelwerk der Piraterie. In der Presse ist es genau so.
Nur zur Sicherheit für alle Neugierigen: Den Kodex (den von der Presse) findet man unter www.presserat.de/Pressekodex.pressekodex.0.html
Durchaus lesenswert, was dort in Ziffer 7 zum Thema „Trennung von Werbung und Redaktion“ steht. Hier geht es nicht nur um gekauften Platz im Blatt (“Anzeigen“). Betrifft die Berichterstattung Eigeninteressen des Verlages, so muss das ausdrücklich gekennzeichnet werden. Und in meinem Lokalblättchen kommt eine riesige Buchbesprechung sogar als Mehrteiler des Weges, und keiner wird gewarnt.
Mich erinnert dieses Procedere an die so genannten Leserreisen, bei denen Zeitungen (Anzeigenblätter zumeist) ihren Lesern Reisen „ihrer“ Vertriebspartner empfehlen und dafür kassieren. Das ist übliche Praxis, und die eine oder andere sächsische Zeitung hält mittlerweile Beteiligungen an Reiseveranstaltern. Ist kein Geheimnis, weiß aber kaum jemand. Ist ja auch besser, wenn man in aller Ruhe in die pohlenden Polster scheibnern kann.
Aber vielleicht ist ja der Schriftzug „Leipziger Volkszeitung“ auf dem Buchtitel nur ein Versehen? Mal nachgeschaut, ob es Indiz für eine wirtschaftliche Verquickung meiner Lokalpostille mit der tollen Buchempfehlung gibt.
1. Indiz: Wer will, dass es mit Vista klappt, kann telefonisch Bestellen. Die Hotlinenummer landet im Service-Zentrum der Leipziger Verlags- und Druckereigesellschaft.
2. Indiz: Das Buch stammt nicht aus der Ratgeberredaktion meiner Lokalpostille, sondern wurde von einem richtigen, echten Verlag herausgegeben. Der heißt übrigens Leipziger Medien Service GmbH, residiert in Leipzig, dort, wo auch die Bildzeitung und einige meinem Lokalblättchen sehr nahe stehende Anzeigenblätter „wohnen“. Als Geschäftsführer der Leipziger Medien Service GmbH taucht ein Name auf, der auch in der Geschäftsführung der Leipziger Verlags- und Dumdideldeigesellschaft zu finden ist. Ganz fleißige Menschen blicken nun ins Handelsregister ... nur soviel: Es gibt dort keine Überraschungen.
3. Projektleiter der Leipziger Medienservice GmbH (man nennt das wohl auch Chef-Management Redakteur) ist ein früherer Lokalchef meines Blättchens.
4. Besonders lustig: Das tolle Vista-Büchlein erscheint zwar in Leipzig in erster Auflage, ist aber keine wirkliche Premiere. Im Frühjahr erschien es bereits bei der Madsack Supplement GmbH mit gleichem Titel und gleicher Aufmachung. Nicht ganz gleich, übrigens, denn statt „Leipziger Volkszeitung“ prangte damals auf dem Titel das Logo der „Hannoverschen Allgemeinen“. Wenn man nun weiß, dass der Name „Madsack“ auch beim Verlag meiner Lokalpostille im Gesellschafterverzeichnis steht, kann sich seinen Teil denken.
5. Apropos Namen: Natürlich haben auch die Autoren welche. Und kurioserweise schreiben zumindest einige dieser Könner nicht nur über Windoof, sondern auch über die Fußball-WM und über Leipziger Geschichte – je nachdem, was für Bücher meine Lokalpostille gerade so im Angebot hat.
Aber, wie oben schon erwähnt: Der Pressekodex hat ja nur empfehlenden Charakter.
Wer nun übrigens grübelt, warum ich ihn mit Leipziger Mediengesülze traktiere, wo er doch an einem ganz anderen Ort ins morgendliche Blättle schaut, der sei gewarnt: Die meisten Zeitungsverlage verfahren nach eben diesem Rezept, man nennt das Mehrwertdienste oder Diversifizierung, manche Geschäftsführer blubbern auch etwas von Leserbindung.
Wobei: Ganz so plump wie meine Lokalpostille machen es nur wenige andere Zeitungen.
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