Mittwoch, 20. Mai 2009
Frischer Wind bei der Stasiaufarbeitern. Oder: Auch Behördenmitarbeiter sind lernfäig
Wenn man älter wird, sammelt man Erfahrungen. Von diesen ist es nicht mehr weit bis zum Vorurteil. Ein solches hegte ich - geboren aus jahrelanger Erfahrung - bisher gegenüber einer wichtigen Behörde - nein, ich rede weder vom BMI noch vom Finanzamt oder ähnlichen Kröpfen, sondern von wirklich wichtigen Leuten, von denen in der "Außenstelle Leipzig der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik". Besagte Behörde, besser bekannt als Gauck-, Birthler- oder Stasi-Unterlagenbehörde, in Leipzig auch "Runde Ecke" genannt, verschickt regelmäßig Pressemitteilungen, über deren Sinn bzw. Unsinn ich mich an dieser Stelle ausschweige. Man mag das beginnende Altersmilde nennen ...

Und eben diese Mitteilungen kamen seit Jahren per E-Mail in meinem Büro an. Besonders lesenswert fand ich daran den E-Mail-Verteiler, den mir die Stasinachlassverwalter jedes Mal komplett mitlieferten.
Wer sich im Medienbereich ein wenig auskennt, weiß, dass ein kompletter Presseverteiler ein kleiner Schatz ist (sofern er nicht so mies gepflegt ist wie der der Landesdirektion Chemnitz, aber das ist eine andere Geschichte). Über die Jahre partizipierte ich ausgiebig von der Unwissenheit der Stasi-Aufarbeiter, die mir mit schöner Regelmäßigkeit einen gut gepflegten Verteiler frei Haus lieferten.
Und nicht nur das: Den Kopf der Mails aus dem Hause Birthler baute ich in eines meiner Seminare ein - als abschreckendes Beispiel in Sachen Datenschutz.

Allmählich wuchs aus meiner Erfahrung ein Vorurteil: "Die sind zu blöd, die kommen nie drauf, dass man nicht jedem Empfänger alle Adressen zuschickt" - so oder ähnlich dachte ich über die beamteten Bewohner der "Runden Ecke" am LeipzigerInnenstadtring.

Und nun? Muss irgendeine Schreibtischmaus doch in einem meiner Seminare gewesen sein oder sich anderweitig weitergebildet haben. Vielleicht ist aber auch nur ein Handbuch aus dem Regal gefallen und zufällig auf der Seite mit dem Stichwort "Blindcopy" liegengeblieben. Oder die Schreibtischmaus hat die Adressen versehentlich ins bcc-Feld kopiert und macht's nun immer so.

Fazit: Die Schnippselzusammenkleber senden ihre Pressemitteilungen neuerdings mit verdecktem Verteiler.
Da soll noch einer sagen, dass Behördenmitarbeiter nicht lernfähig sind.

Allerdings: Ich habe noch die Hoffnung, dass besagte Schreibtischmaus nur die Schwangerschaftsvertretung des blinden Huhns ist, dem ich die bisherige Frei-Haus-Lieferung zu verdanken hatte. Vielleicht ist ja nach einigen Monaten wieder alles beim alten ...

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