Dienstag, 15. September 2009
Wolfgang Tiefensee II. Oder: Realitätsverlust ist, wenn der Bundesbauminister eine Klatsche bekommt und es nicht merkt
Weil ich heute gerade so schön bei der Sache war und über Bundesspatenstichminister Wolfgang Tiefensee und seine windigen Wahlkampfmanöver geschrieben habe (Guckst Du hier: http://zeitungsdieb.blogger.de/stories/1487155/ ), will ich den Lesern meines kleinen, politisch gelegentlich ein ganz klein wenig unkorrekten Tagebuches natürlich auch eine nette kleine Begebenheit aus der Bundeshauptstadt Berlin nicht vorenthalten, die ebenfalls mit dem putzigen Wolfgang zusammenhängt. Schade nur, dass meine Lokalpostille, die „Leipziger Volkszeitung“, diese Nachricht ihren Lesern vorenthalten hat. Aber ich habe für solcherart Weglassung (Nein, ich habe nicht einmal an das Wort „Zensur“ gedacht!) Verständnis. Der heldenhaft notgelandete SPD-Renter Franz „Wir waren alle sehr tapfer“ Müntefering ist natürlich wichtiger als ein abgewatschter Ossie.
Doch zurück zu Wolfgang „Wählt mich“ Tiefensee: Der musste sich in der vergangenen Woche mordsmäßig eins auf die Nase hauen lassen. Nein, nicht von missgünstigen Parteifreundinnnen und –freunden (noch nicht, dat kriesche mir nach dor Wahl), sondern vom Bundeskartellamt.
Es geht um den Neu- oder Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses. Dank Ulbricht weggeholzt und palastartig überbaut, haben die (derzeitigen) Sieger der Geschichte den Palast nun entsorgt und wollen wieder ein Schloss hinstellen. Ob Sinn oder Unsinn, darüber möchte ich an dieser Stelle nicht ins Detail gehen. Fakt ist, dass Bundesdingensminister Tiefensee das Schloss irgendwie zur Chefsache gemacht und sich die Hoheit über den Architektenwettbewerb angemaßt hat.
Um's kurz zu machen: Es fand in punkto Schlosswettbewerb ein gar wunderliches Klüngelspiel statt, das selbst abgebrühte Juroren um Haaresbreite in den Suizid trieb und einem nicht wirklich genialen Entwurf den Siegespreis zuerkannte. So in der Art, als hätten Gelsenkirchener Barock und Disneyworld ein Kind miteinander gemacht. Wer sich für die Details interessiert, dem sei intensiveres Nachlesen z.B. unter www.welt.de oder www.tagesspiegel.de empfohlen.
Doch nun (wieder einmal) zurück zu Wolfgang „Sonnenkönig“ Tiefensee: Der hat dem Wettbewerb ums alte neue Schloss gemeinsam mit Parteifreund Wolfgang Thierse – vorsichtig formuliert – seinen Stempel aufgedrückt. Nachzulesen aufs Ergötzlichste hier: http://www.welt.de/die-welt/kultur/literatur/article4522478/Ein-Luftschloss-versinkt-im-Tiefensee.html (Ich habe zwar mal gelernt, dass man mit Namen keinen Schindluder treiben soll, aber die Überschrift „Luftschloss versinkt im Tiefensee“ hat mich trotz aller Empörung über diese fachliche Entgleisung meiner werten Kollegen kichern lassen.).
In besagtem Artikel (und zusätzlich hier: http://www.welt.de/die-welt/kultur/article4528655/Berlins-Schloss-auf-dem-Pruefstand.html ) erfährt die geneigte Leserschaft, dass die Vergabekammer des Bonner Kartellamtes den Vertrag zwischen dem Bauministerium und dem italienischen Architekten Franco Stella zum Wiederaufbau des Berliner Schlosses als Humboldtforum für ungültig erklärt hat.
Köstlich, so was nennt man eine „volle Packung“. Aber Sonnenkönig Wolfgang lächelt weiter – so wird zumindest aus der Bundeshauptstadt verlautbart. Genau wie nach der desaströsen Olympiapleite der Stadt Leipzig samt aller Nachwehen, genau wie beim sinnfreien Leipziger „St.-Wolfgang“-Citytunnel, dessen Kosten inzwischen von einst geplanten 500 Mio. Euro auf die Milliarden-Schwelle zulaufen.
Ganze Heerscharen von Psychologen werden wohl irgendwann bei der Erforschung des „Morbus Wolfgang“ mitwirken und darüber ihre Doktorarbeiten schreiben. Und sie werden darüber nachdenken, wo die Selbstüberschätzung endet und wo der Realitätsverlust beginnt. Die Klärung der Frage, warum für die durch inkompetente Politiker verursachten Schäden eigentlich immer der Steuerzahler aufkommen muss, wird wohl nie erfolgen. Zumindest nicht in Deutschland.

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