Freitag, 4. Februar 2011
Meine Lokalpostille erfindet die Routinebiopsie. Oder: Heraustreten zum Stanzen
Eine Biopsie (http://de.wikipedia.org/wiki/Biopsie) ist eine Gewebeentnahme aus einem lebenden Organismus. Das macht man nicht mal eben so aus lauter Jux und Dollerei und Routine, sondern weil es im Ergebnis anderer Untersuchungen einen Anfangsverdacht auf etwas Unerfreuliches, Schlimmes, Zerstörerisches gibt, den man durch Untersuchung des Bioptats erhärten oder entkräften möchte. So betrachtet ist die Biopsie eine Folgeuntersuchung, im wahrsten Sinne des Worte eine vertiefende, auf gar keinen Fall eine Routineuntersuchung. Wer bei einer solchen Gewebeentnahme also von einer Routinebiopsie spricht, ist eine Phrasendrescher, ein saublöder dazu.
Nun mögen sich die geneigten LeserInnen meines kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches fragen, weshalb ich hier über Biospie und umliegende Ortschaften philosophiere. Nun, die Antwort ist ganz einfach: Meine Lokalpostille, die nach eigener Aussage dem Qualitätsjournalismus verpflichtete Leipziger Volkszeitung LVZ (ja, die gibt’s immer noch) berichtete heute in ihrer Onlineausgabe über eine sehr unerfreuliche Erkrankung der Dresdner Oberbürgermeisterin Helma Orosz (http://nachrichten.lvz-online.de/nachrichten/mitteldeutschland/dresdens-oberbuergermeisterin-helma-orosz-an-brustkrebs-erkrankt/r-mitteldeutschland-a-73356.html) und spricht in diesem Zusammenhang davon , dass an der oberbürgermeisterlichen Brust bei „einer Routinebiopsie“ ein Tumor diagnostiziert worden sei. Die Sächsische Zeitung SZ scheint weniger blinde Schreiberlinge zu beschäftigen, denn dort erfährt der geneigte Leser, dass besagter Tumor „bei einer routinemäßigen Untersuchung“ entdeckt wurde. Das ist zwar genauso schlimm, dazu schlimmstes Klippschuldeutsch, aber sachlich zumindest weniger grausam als die Leipziger „Routinebiospie“. Setzen, ungenügend.

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