Mittwoch, 22. April 2009
Sportstadt Leipzig reloaded. Oder: Lauft euren Marathon doch woanders!
Vor einigen Tagen schwadronierte ich in meinem kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuch über den Niedergang der Sportstadt Leipzig und über den Realitätsverlust gewisser Kommunalpolitiker, die diesen leugnen und entsprechende Veröffentlichungen in den Medien als böse, böse Feindpropaganda abtun. Guckst Du hier: http://zeitungsdieb.blogger.de/stories/1382267/
Wie weit meine Heimatstadt inzwischen von ihrem einstigen Ruf als Mekka des Sports entfernt ist, machte der hiesige Marathon, seines Zeichens mit nunmehr 33. Auflagen ältester deutscher Stadtmarathon deutlich.

Nein, ich will jetzt nicht über die euphorischen Vorabmeldungen lästern, die dem Marathon einen neuen Teilnehmerrekord prophezeiten. War ja nun doch nichts, denn bei Berücksichtigung aller irgendwie sportlichen Angebote, zu denen beinahe auch noch Teebeutelweitwurf und Kleinstkinderwettkrabbeln gezählt worden wären, konnten die Macher des Marathons lediglich 7096 Aktive zählen – und das waren rund 350 weniger als im Vorjahr. Macht nix.

Nein, ich lästere auch nicht darüber, dass die Zahl der Finisher über die Marathondistanz mit 560 Männern und 83 Frauen nicht wirklich gigantisch ist. Im Gegenteil, im Vorjahr kamen nur 540 Männer und 76 Frauen an, folglich ist die Zahl der erfolgreichen Marathonis sogar gestiegen. Und dass Leipzig mit seinem Marathon eher provinziell daherkommt, ist keine Schande – es passt zur Provinzialität der Stadt, in der gemauschelt und gekungelt wird wie im tiefsten Bayern.
So lange hier keine attraktivere Strecke mit tollen Sehenswürdigkeiten und einem Zieleinlauf am Alten Rathaus (gab's schon) oder in der Glashalle der Leipziger Messe (gab's noch nicht) gefunden wird, bleibt der Leipzig-Marathon ein Provinzlauf.

Dass Leipzig keine Sportstadt mehr ist, machten andere Details deutlich. Der wohlsituierte Mitteldeutsche Rundfunk strafte den hiesigen Marathon durch weitgehende Missachtung. Das soll nicht heißen, dass die Veranstaltung boykottiert wurde. Aber man hätte dem tumben Couchsportler ja durchaus ein wenig Marathonstimmung live ins Wohnzimmer schicken können. Einfach eine Kamera im Start-Ziel-Bereich aufstellen und eine zweite auf der Strecke – das hätte das Programm preisgünstig gefüllt und dem Marathon gedient. Und so viel Geld sollte der mdr trotz aller Börsenzockerei noch in der Kasse haben.
Dass Leipzig alles andere als eine Sportstadt ist, machten aber auch die Stimmen empörter Autofahrer deutlich, die die vorsorglich schon drei Wochen vorab aufgestellten Sperrschilder einfach ignorierten und sich am Marathonsonntag prompt in ihren Bürgerrechten eingeschränkt sahen. Meine Lokalpostille, die Leipziger Volkszeitung, hatte zwar vorab über die Verkehrseinschränkungen berichtet, aber selbst Redakteure und Redakteusen besagter Zeitung kamen nicht zum Dienst, weil sie ihre eigene Zeitung nicht gelesen hatten (Was nicht unbedingt gegen die Nichtleser spricht, aber das ist ein anderes Thema.).
Die LVZ berichtete von tobenden Chauffeuren, geifernden Autofahrern, Gewaltätigkeiten gegen Ordner und ahnungslosen Polizisten, die vom Marathon mal wieder überrascht worden waren. Wie jedes Jahr. Auf die Idee, am Tag nach dem Lauf die Ergebnisliste in Kleinstschrift ins Blatt laufen zu lassen, wie das die Zeitungen in anderen (Sport-)Städten machen, kamen meine Lokalpostillione nicht.

Fazit: Frust und Gemecker allerorten, Geschimpfe gegen die Teilnehmer, dass diese doch bitteschön woanders laufen mögen. Was sie ja in der übergroßen Mehrheit auch tun, drum dümpelt der hiesige Marathon trotz des Engagements vieler Helfer leider nur in der Regionalliga der Laufveranstaltungen herum.

Sportstadt Leipzig? Das ist Geschichte.

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