Montag, 19. Januar 2009
Putin nach dem Dresdner Opernball. Oder: Der Boss erklärt Chefredakteuren "Wladimirs Welt"
Wladimir Putin, Ehrengast des Dresdner Semperopernballs, hatte wenig Zeit. So wenig, dass er zwar dem sächsischen Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich die Hand schüttelte, dessen First Lady jedoch geflissentlich überging. Den MP konnte er schlecht übersehen, denn schließlich musste dieser dem Obermoskowiter ja den Sächsischen Dankorden überreichen. Dass diese Aufgabe Tillich nun doch ein wenig suspekt war, ist angesichts einer Erklärung der Sächsischen Staatskanzlei zu vermuten. Von dort wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Sächsische Dankorden keine Auszeichnung des Freistaates Sachsen, sondern eine des Opernballvereins sei.
Ein wenig Zeit hatte Putin am Ballabend allerdings doch noch: Zwar verschwand er vor Beginn des Tanzvergnügens, doch er blieb noch in Dresden. Im Taschenbergpalais. Dorthin hatte der Ex-KGBler die Chefredakteure großer deutscher Zeitungen einbestellt, um ihnen zu erläutern, wie sich Klein-Wladimir die Berichterstattung so wünscht. Fast zweieinhalb Stunden dauerte diese Befehlsausgabe. Solche Gleichschaltungsveranstaltungen haben in deutschen Landen Tradition: Sowohl die Mächtigen des 1000- als auch die des 40-jährigen Reiches ließen regelmäßig die Presse antreten, um ihnen die gewünschte Denk-, Sprech- und Schreibweise einzutrichtern.
Beim morgendlichen Blick in aktuelle deutsche Zeitungen bzw. deren Onlineausgaben konnte ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass Putins Worte zumindest bei einigen seiner Befehlsempfänger (Gesprächspartner wäre wohl das falsche Wort) gewirkt haben. Die Sächsische Zeitung (http://www.sz-online.de/nachrichten/artikel.asp?id=2050417), die noch am Sonnabend durchaus kritisch über den großen Völkerfreund Waldimir Putin berichtet hatte, veröffentlicht heute einen durchaus zurückhaltenden Bericht über die alkoholfreie Nachtveranstaltung. In der Online-Ausgabe der Freien Presse findet man heute keinen Hinweis auf Putins Agit-Prop-Auftritt, desgleichen in der Lausitzer Rundschau. Ein wenig Klartext war allenfalls in der Welt (http://www.welt.de/politik/article3044078/Wladimir-Putins-arroganter-Auftritt-in-Dresden.html) zu lesen, die über Putins „arroganten Auftritt“ berichtete.
Dennoch, es gibt eine gute Nachricht: Keiner der einbestellten Chefredakteure wurde bedroht, ins Pressematerial hatte der östliche Potentat weder tote Fische noch abgehackte kleine Finger einwickeln lassen. Noch nicht.

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Offener Brief an einen Veranstalter. Oder: Nicht mit dieser Funktionärsfigur
Heute muss ich mich bei denjenigen Lesern meines kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches entschuldigen, die mit dem Laufsport, insbesondere dem Ultralauf, nichts am Hut haben. Sie mögen den folgenden Text einfach ignorieren. Den "Ultras" unter meinen Lesern sei verraten, dass ich am Wochenende die Einladung zum Delmenhorster 24-h-Lauf erhielt, der in diesem Jahr mit der 1. DLV-Challenge gekoppelt ist. Und da diese wiederum mit dem Namen des DLV-Ultramarathonberaters Volkmar Mühl zusammenhängt, kommt für mich eine Teilnahme an dieser Veranstaltung auf keinen Fall in Frage. Nicht mal für Freistart und Freibier.
Aus diesem Grund habe ich dem Veranstalter die folgende Mail geschrieben, die zugleich auch an alle anderen Empfänger der Einladung verschickt wurde:

Lieber Karl-Ludwig Rittel,
vielen Dank für Deine freundliche E-Mail und die Einladung zum diesjährigen 24-Stunden-Lauf in Delmenhorst. Da Du sicher meinen Bericht über Eure vorjährige Veranstaltung gelesen hast, weißt Du, dass es mir in Delmenhorst sehr gut gefallen hat. Nur zu gern wäre ich in diesem Jahr zur DUV-DM wieder bei Euch gelaufen – aber unter den aktuellen Rahmenbedingungen kann und will ich das nicht tun.
Zur Begründung: Meine Entscheidung richtet sich weder gegen den Burginsellauf noch gegen Eure Leistung als Veranstalter, sondern gegen die Kopplung des Burginsellaufes mit der 1. Deutschen 24-h-Challenge. Letztere ist aus meiner Sicht untrennbar mit dem Namen des DLV-Ultramarathonberaters Volkmar Mühl verbunden. Nach meinem Kenntnisstand hat es wohl noch kein Funktionär geschafft, dem Anliegen des Ultramarathonlaufes in Deutschland in einem so erschreckenden Maße zu schaden wie eben dieser Volkmar Mühl. Die Einzelheiten sollten Dir als Nutzer des DUV-Forums hinlänglich bekannt sein.
Mit (m)einem Start in Delmenhorst – ganz gleich, ob auf dieser oder jener Runde – würde ich mich vor den Karren dieser Figur spannen lassen. Da ich das nicht will, setze ich aufs kommende Jahr, wenn Euer Lauf hoffentlich nicht mehr mit diesem leidigen Namen verbunden sein wird. Wenn der DLV trotz aller bisherigen Vorfälle an seinem dubiosen Ultramarathonberater festhält, so soll dieser zumindest vor möglichst kleinem Publikum agieren und sich nicht noch mit einer vermeintlichen Rekordteilnahme schmücken können.
Aus gleichem Grund werde ich auch nicht bei Lauffreunden „für Delmenhorst“ werben, sondern im Gegenteil jedem von der Fahrt zu Euch abraten und statt dessen auf die Teilnahme an der DUV-DM in Stadt Oldendorf orientieren.

Lieber Karl-Ludwig Rittel,
bitte sieh diese Entscheidung meinerseits nicht als Angriff auf Deine Person bzw. Deine Mitstreiter. Ich bedaure sehr, dass Ihr mit Eurer Veranstaltung zwischen die Fronten eines Konfliktes geraten seid, den ein gewisser Volkmar Mühl vom Zaun gebrochen hat. Sobald Ihr besagten Funktionär samt seiner Challenge aus dem Tempel gejagt habt, könnt Ihr wieder auf meine Teilnahme und Unterstützung zählen.

Bis (hoffentlich) 2010
André Dreilich
„Der Zeitungsdieb“

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