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Mittwoch, 24. Juni 2009
Das sächsische Riesengraffiti. Oder: Der Fisch stinkt vom Kopf her
zeitungsdieb, 13:46h
Ein altes Sprichwort besagt, dass der Fisch vom Kopf her stinkt. Ein anderes drückt es etwas volkstümlicher aus und fabuliert „Wie der Herre, so’s Gescherre“. Nun mag sich der geneigte Leser meines kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches fragen, was mich zu solcherart tiefgründigen Betrachtungen bewogen haben mag.
Die Antwort ist einfach: Es war das Sächsische Staatsministerium für Kultus, seines Zeichens u.a. oberster Dienstherr der Schulen im weißgrünen Freistaat und damit gewissermaßen Oberoberoberlehrer zwischen Westsachsen und Lausitz.
Besagtes Ministerium verschickte gestern eine Pressemitteilung, in der über das Finale des sachsenweiten Schüler-Wettbewerbes „DemokratieVersprühen“ informiert wurde. Der staunende Leser erfährt dank eines vorgeblichen Zitats des sächsischen Kultusministers Roland Wöller, was Sprayer mit Demokratie zu tun haben: „Der Wettbewerb holt die Schüler und Jugendlichen in ihrem direkten Umfeld und bei ihren Interessen ab. So können wir die nach 1989 geborenen jungen Menschen für die damals friedlich erkämpften demokratischen Werte gewinnen und begeistern.“
Dass sich mir der Sinn dieser wabernden Worthülsenwolke nicht wirklich erschließt, mag meinem künstlerischen Unvermögen oder irgendeiner anderen Behinderung geschuldet sein. Dafür stach mir auf den ersten Blick ins Auge, wie unfähig die oberste sächsische Instanz in Schulfragen im Hinblick auf Rechtschreibung – insbesondere den Einsatz des Wortes Graffiti – ist. Bereits in der Überschrift heißt es: „Ein Riesen-Graffiti für Demokratie“, im Text ist munter von „das Graffiti“ die Rede. Besagten sächsischen Oberstlehrern sei ein Blick in den Duden oder ein vergleichbares Standardwerk empfohlen. Dort findet sich unter dem Stichwort „Graffiti“ ... kein Eintrag. Dafür unter „Graffito“, so heißen die Dinger nämlich im Singular, vulgo auch Einzahl. Übrigens darf man sowohl das Graffito als auch der Graffito sagen bzw. schreiben. Wer hingegen „Grafitti“ verwendet, gebraucht den Plural, also die so genannte Mehrzahl.
Um noch einmal das eingangs gebrauchte Sprichwort aufzugreifen: Der Fisch stinkt vom Kopf her.
Die Antwort ist einfach: Es war das Sächsische Staatsministerium für Kultus, seines Zeichens u.a. oberster Dienstherr der Schulen im weißgrünen Freistaat und damit gewissermaßen Oberoberoberlehrer zwischen Westsachsen und Lausitz.
Besagtes Ministerium verschickte gestern eine Pressemitteilung, in der über das Finale des sachsenweiten Schüler-Wettbewerbes „DemokratieVersprühen“ informiert wurde. Der staunende Leser erfährt dank eines vorgeblichen Zitats des sächsischen Kultusministers Roland Wöller, was Sprayer mit Demokratie zu tun haben: „Der Wettbewerb holt die Schüler und Jugendlichen in ihrem direkten Umfeld und bei ihren Interessen ab. So können wir die nach 1989 geborenen jungen Menschen für die damals friedlich erkämpften demokratischen Werte gewinnen und begeistern.“
Dass sich mir der Sinn dieser wabernden Worthülsenwolke nicht wirklich erschließt, mag meinem künstlerischen Unvermögen oder irgendeiner anderen Behinderung geschuldet sein. Dafür stach mir auf den ersten Blick ins Auge, wie unfähig die oberste sächsische Instanz in Schulfragen im Hinblick auf Rechtschreibung – insbesondere den Einsatz des Wortes Graffiti – ist. Bereits in der Überschrift heißt es: „Ein Riesen-Graffiti für Demokratie“, im Text ist munter von „das Graffiti“ die Rede. Besagten sächsischen Oberstlehrern sei ein Blick in den Duden oder ein vergleichbares Standardwerk empfohlen. Dort findet sich unter dem Stichwort „Graffiti“ ... kein Eintrag. Dafür unter „Graffito“, so heißen die Dinger nämlich im Singular, vulgo auch Einzahl. Übrigens darf man sowohl das Graffito als auch der Graffito sagen bzw. schreiben. Wer hingegen „Grafitti“ verwendet, gebraucht den Plural, also die so genannte Mehrzahl.
Um noch einmal das eingangs gebrauchte Sprichwort aufzugreifen: Der Fisch stinkt vom Kopf her.
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Jugene, Jülich und die Blamage der Holzmedien. Oder: Wenn Printjournalisten über Computer schreiben
zeitungsdieb, 13:26h
Meine Lokalpostille, die Leipziger Volkszeitung, meldet heute auf ihrer Titelseite Neuigkeiten aus der Welt der Computer. In Jülich ist mit Jugene der schnellste Supercomputer Europas eingeweiht worden. Es folgt allerlei Blabla, die komplette Agenturmeldung halt, weitestgehend unbearbeitet und folglich nahezu identisch mit den Darstellungen in anderen Holzmedien. Daher ist es ziemlich egal, ob der geneigte Leser unter http://www.welt.de/webwelt/article3806440/Der-schnellste-Rechner-Europas-steht-in-Juelich.html oder unter http://www.spiegel.de/netzwelt/tech/0,1518,626984,00.html nachliest – es ist die selbe Brühe. Unverwechselbarkeit sieht anders aus. Auf www.lvz.de findet man die im Druck vermeldete Computerstory gleich gar nicht. Entweder sie fehlt oder sie ist zugut versteckt – und eine Suchfunktion gibt es in der Onlineausgabe meiner Lokalpostille nur für den Anzeigenteil ...
Was allen drei Blättern (und den meisten anderen deutschen zeitungen) übrigens gänzlich fehlt, sind Links z.B. zum Forschungszentrum Jülich. Deutsche Printmedien scheinen diese Art von Service für Teufelszeug zu halten und schützen ihre Leser davor, ob diese das denn wollen oder nicht. Wahrscheinlich hat irgendein Vordenker mal in einem Seminar verkündet, dass Links dazu führen können, dass die geistig nicht ganz verbetoniertenLeser den Onlineauftritt des eigenen Blattes verlassen und sich anderenorts informieren und dort möglich auf Anzeigen klicken könnten. Schnell Weihwasser drübergießen, damit der Böse vertrieben wird. Wenn Deutschlands Holzmedien überhaubt einen Link setzen, dann zeigt dieser auf ein eigenes Angebot – schließlich will man ja Traffic generieren und die eigene Wichtigkeit unterstreichen.
Wenn schon die Auflage im Sinkflug ist, wollen wir doch wenigstens mit „Klicks“ oder „Page Impressions“ hausieren gehen, auch wenn die Chefetage nicht wirklich weiß, was sich hinter diesem Vokabular verbirgt. Gelle?
Aber zurück zu Jugene und der Forschungseinrichtung in Jülich. Wer sich für die Regierungserklärung zum Thema Jugene interessiert, findet diese unter www.bundesregierung.de/Content/DE/Artikel/2009/05/2009-05-26-supercomputer-am-start.html , nicht eben excellent, dafür mit Foto. Und – Wunder über Wunder – es gibt einen Link nach Jülich http://www.fz-juelich.de/portal/index.php?cmd=show&mid=704&index=163 , einen zum Bundesforschungsministerium http://www.bmbf.de/press/2558.php und noch einen Verweis auf die guten Taten unserer Regierung http://www.bundesregierung.de/Content/DE/StatischeSeiten/Breg/WissenSchafftWohlstand/hightech-strategie-der-bundesregierung.html . Zugegeben, das wäre für meine Lokalpostille und ihre hölzernen Geschwister etwas zuviel Aufwand gewesen – aber zumindest www.fz-juelich.de hätte man als Service für den Leser anbieten können. Mag sein, dass die Agenturen diesen Link nicht mitgeliefert haben ... aber mit ein wenig Google ließe sich das alles finden lassen. Noch dazu, wenn man das eigene Wurstblatt immer wieder als Qualitätszeitung verstanden wissen will. Ein Tipp an meine Seite-1-Kollegen: Einfach bei Google die Suchbegriffe „Jülich“ und "schnellste Computer Europas" eingeben, auf die Enter-Taste drücken (die ist rechts außen), dann klappt’s schon mit den Links.
Was allen drei Blättern (und den meisten anderen deutschen zeitungen) übrigens gänzlich fehlt, sind Links z.B. zum Forschungszentrum Jülich. Deutsche Printmedien scheinen diese Art von Service für Teufelszeug zu halten und schützen ihre Leser davor, ob diese das denn wollen oder nicht. Wahrscheinlich hat irgendein Vordenker mal in einem Seminar verkündet, dass Links dazu führen können, dass die geistig nicht ganz verbetoniertenLeser den Onlineauftritt des eigenen Blattes verlassen und sich anderenorts informieren und dort möglich auf Anzeigen klicken könnten. Schnell Weihwasser drübergießen, damit der Böse vertrieben wird. Wenn Deutschlands Holzmedien überhaubt einen Link setzen, dann zeigt dieser auf ein eigenes Angebot – schließlich will man ja Traffic generieren und die eigene Wichtigkeit unterstreichen.
Wenn schon die Auflage im Sinkflug ist, wollen wir doch wenigstens mit „Klicks“ oder „Page Impressions“ hausieren gehen, auch wenn die Chefetage nicht wirklich weiß, was sich hinter diesem Vokabular verbirgt. Gelle?
Aber zurück zu Jugene und der Forschungseinrichtung in Jülich. Wer sich für die Regierungserklärung zum Thema Jugene interessiert, findet diese unter www.bundesregierung.de/Content/DE/Artikel/2009/05/2009-05-26-supercomputer-am-start.html , nicht eben excellent, dafür mit Foto. Und – Wunder über Wunder – es gibt einen Link nach Jülich http://www.fz-juelich.de/portal/index.php?cmd=show&mid=704&index=163 , einen zum Bundesforschungsministerium http://www.bmbf.de/press/2558.php und noch einen Verweis auf die guten Taten unserer Regierung http://www.bundesregierung.de/Content/DE/StatischeSeiten/Breg/WissenSchafftWohlstand/hightech-strategie-der-bundesregierung.html . Zugegeben, das wäre für meine Lokalpostille und ihre hölzernen Geschwister etwas zuviel Aufwand gewesen – aber zumindest www.fz-juelich.de hätte man als Service für den Leser anbieten können. Mag sein, dass die Agenturen diesen Link nicht mitgeliefert haben ... aber mit ein wenig Google ließe sich das alles finden lassen. Noch dazu, wenn man das eigene Wurstblatt immer wieder als Qualitätszeitung verstanden wissen will. Ein Tipp an meine Seite-1-Kollegen: Einfach bei Google die Suchbegriffe „Jülich“ und "schnellste Computer Europas" eingeben, auf die Enter-Taste drücken (die ist rechts außen), dann klappt’s schon mit den Links.
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