Freitag, 12. Juni 2009
Klick, klick, tüdelü. Oder: So schnell verschwindet ein Mensch.
In dem sehr sehenswerten Film „Die Waffen der Frau“ beschreibt Jack Trainer (Harrison Ford) das Motiv seines rastlosen Tuns. „Auf den Tasten meines Telefons sind mehrere Lagen Klebestreifen mit Namen von Leuten, die es nicht geschafft haben. Ich möchte nicht unter einem solchen Klebestreifen enden.“
Nun mag sich der eine oder andere Leser meines kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches fragen, wie ich darauf komme, über einen Film von Mike Nichols aus dem Jahre 1988 nachzudenken. Nein, es hat nicht mit der Finanzkrise zu tun.
Mir fiel die Szene mit den Klebestreifen aus einem anderen Grund ein: Die Mitarbeiterin eines Kunden, mit der ich in den vergangenen Monaten zu tun hatte, ließ mich gestern per E-Mail wissen, ab sofort nicht mehr für ihren Arbeitgeber tätig zu sein. Kürze und Stil der Nachricht ließen einen unfreiwilligen, sehr schnell angeordneten Abgang – vulgo: Rausschmiss – vermuten. Ich zog heute daraus die Konsequenzen, änderte den Rufnummernspeicher meiner Telefonanlage und das Adressenverzeichnis meines E-Mail-Programmes. Klick, klick, tüdelü, klick, piep – so schnell geht das. Ganz ohne Klebestreifen und Kritzelei. Moderne Zeiten eben.

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Kreuzfahrer in eigener Sache. Oder Willy Wimmer MdB in der Bananenrepublik Deutschland macht Google Feuer unterm Server
Willy Wimmer, seines Zeichens seit 1976 Mitglied des Deutschen Bundestages, ist ein Stütze unserer parlamentarischen Demokratie. Immerhin war der Rechtsanwalt von 1988 bis 1992 sogar Staatssekretär beim Bundesminister für Verteidigung und gehört dem Auswärtigen Ausschuss des Deutschen Bundestages an. 1999 gehörte Wimmer zu den Politikern, die sich gegen den Kosovo-Krieg aussprachen, 2007 reichte er mit Peter Gauweiler beim Bundesverfassungsgericht Klage gegen den Tornadoeinsatz in Afghanistan ein.
Willy Wimmers Homepage www.willy-wimmer.de ist das, was man dröge Hausmannskost nennt: CDU-Logo, Einhaltung des CI-Konzepts der Partei, amtliche Verlautbarungen, Links zu lokalen Medien. Online sieht anders aus.
Wer nun glaubt, dass Willy Wimmer in punkto Internet nicht eben der Fittesten einer ist, liegt richtig. Wen wundert’s, denn schließlich staatssekretärte er zu einer Zeit, da der deutsche Bundeskanzler Helmut Kohl auf die Frage nach dem Information Highway die kultige Antwort „Die deutschn Autobahnn sind gudd“ brubbelte. Wobei: Es soll ja auch mittlerweile auch Senioren geben, die sich mit Web & Co. auskennen. Aber nicht im Bundestag, denn dort surft man nicht selbst, dafür hat man Taschenträger und wissenschaftliche Mitarbeiter, die „alles Wichtige ausdrucken“.
Immerhin: Irgendwie ist Willy Wimmer darauf gestoßen, dass im Internet neumodisches Teufelswerk existiert. Nönö, er hat weder Zensursulas Kipo-Seiten noch Wolfgang Schäubles Bombenbauanleitungen erspäht: Willy weiß jetzt, dass es Google gibt, genauer gesagt Google Streetview. Und er will nicht, dass sein Grundstück und seine Haustür von missgünstigen Zeitgenossen beguckt werden können. Jetzt, wo er in Rente gehen und den wohlverdienten und -alimentierten Ruhestand genießen möchte. Schließlich hat er geackert und neben dem Plack im Bundestag sogar noch Nebentätigkeiten – so als Beirat der IKB Deutsche Industriebank und bei Morgan Stanley London - aufnehmen müssen, um einigermaßen über die Runden zu kommen. Wer zu diesem Salär mehr wissen will, sei auf das Stichwort „Stufe III“ verwiesen. Guckst Du hier: http://www.bundestag.de/mdb/bio/W/wimmewi0.html und hier http://www.bundestag.de/mdb/nebentaetigkeit/hinweise.html .
Und nun, da der wackere Parlamentarier sich um die Sperrung seiner Daten beim Suchmaschinenmulti bemüht, spürt er, wie es Normalbürgern geht, die sich um den Schutz ihrer Daten vor unbefugtem Zugriff kümmern: Er läuft gegen Wände, wird von Pontius zu Pilatus geschickt. Die Sicherheitsverantwortlichen des Deutschen Bundestages lehnten einen Einsatz „pro Wimmer“ ab, der Landrat half nicht, und auch der Hamburger Datenschutzbeauftragte hob die Hände. Doch nun schlägt Willy Wimmer zu und fordert den Bundestagspräsidenten Norbert Lammert auf, Google Feuer unterm Server zu machen. Wimmer begründet das damit, dass es „die Pflicht des Präsidenten des Deutschen Bundestages ist, sich für das Wohl und die Hoheitsinteressen aller deutschen Volksvertreter einzusetzen.“
An dieser Stelle möge der geneigte Leser meines kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches kurz innehalten, durchatmen und den vorherigen Satz noch einmal lesen. Willy Wimmer macht sich nicht etwa für das Recht aller Bürgerinnen und Bürger auf informationelle Selbstbestimmung stark. Nein, er sorgt sich ums Wohl und Wehe der Parlamentarier, für das nun – unter Einsatz von Steuergeldern – gestritten werden möge.
Im Gelnhäuser Tagblatt lässt Wimmer verkünden (http://www.gelnhaeuser-tageblatt.de/sixcms/detail.php?template=d_artikel_import&id=6964599&_zeitungstitel=1133845&_resort=1103638&_adtag=nationalnews&_dpa=brennpunkte ) , dass die Auswirkungen des Google-Tuns „in einem Kolonialgebiet nicht drastischer sein“ können.
Ha, ich wusste doch, dass wir auf dem Weg zur Bananenrepublik sind!

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