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Dienstag, 1. September 2009
Wahlgedanken, erster Teil. Oder: Die Kleinen fallen runter.
zeitungsdieb, 12:10h
Eine Bemerkung vorweg: Die zahlreichen Leser meines Tagebuches und die vielen Googler, die hier seit dem Wochenende nach neuen Gedanken über Petra Köpping ("Die rote Petra") suchen, sei gesagt, dass diese im zweiten Teil der Wahlgedanken stehen werden. Coming soon.
Doch nun erstmal zum ersten Teil:
Am Wochenende wurde im Freistaat Sachsen der Landtag gewählt. Das hat mich veranlasst, mich mal wieder etwas näher mit einigen Fragen des deutschen Wahlrechtes zu befassen. Fazit: Es ist eine tolle Sache, so toll, dass man darüber schon wieder toll werden könnte.
Beispiel gefällig?
Da passive Wahlrecht, d.h. das Recht, sich in ein Amt wählen zu lassen, besitzen alle deutschen Staatsbürger nach Vollendung des 18. Lebensjahres auf Bundes- und Kommunalebene. Soll heißen: Mit 18 kann man MdB werden, aber auch Bundeskanzler. Wer hingegen das Amt des Bundespräsidenten anstrebt, muss warten: Dazu muss man die 40 erreicht haben. Schneller kommt zum Zuge, wer die Berliner Partygranate Wowi beerben will, hierfür braucht’s nur 21 Jahre. Um das Durcheinander komplett zu machen, gibt es auf Länderebene noch einen ganzen Sack voller Sonderregelungen. So muss im Ländle ein Bürgermeisterkandidat am Wahltag das 25. Lebensjahr vollendet haben, im sturmgebeutelten Schleswig-Holstein darf nur Landrat werden, wer mindestens 27 Jahre auf dem Buckel und das richtige Parteibuch in der Tasche hat.
Aber das ist alles harmlos. Viel lustiger geht es zu, wenn die Kandidaten gelistet sind und das Stimmvieh (vulgo: Volk oder „die Wahlberechtigten) seine Kreuzchen gemacht hat. Dann wird nämlich ausgezählt. Doch mit dem Zählen allein ist es nicht getan, es muss auch gerechnet werden.
Lieschen Müller (und 90 Prozent der deutschen Wähler) sehen hierin sicher kein Problem. Aber nach dem Motto „Zählen, Anteil der Parteien bestimmen und danach die Sitze verteilen“ läuft’s nicht. Denn schließlich gibt es bei uns Erst- und Zweitstimme. Gewinnt ein Direktkandidat in seinem Wahlkreis die Mehrheit der Erststimmen, ist er „drin“. Auch dann, wenn seine Partei mit ihren Zweitstimmen unter der Fünf-Prozent –Hürde bleibt. So geschehen z.B. bei den Wahlen zum Deutschen Bundestag: Die PDS/Die Linke war im Parlament von 1990 bis 1998 nicht als Fraktion, sondern Gruppe vertreten, da sie in Berliner Funktionärshochburgen zwar Direktmandate erringen konnte, aber bundesweit unter fünf Prozent blieb.
Da man gewählte Kandidaten nicht einfach ausschließen kann (Das hieße, den Wählerwillen zu ignorieren), musste das Wahlsystem ein wenig verklausuliert und verkompliziert werden. Dazu wird in Deutschland (und auch anderenorts) das D’Hondt-Verfahren genutzt. Nachzulesen hier: http://de.wikipedia.org/wiki/D%E2%80%99Hondt-Verfahren und hier http://www.wahlrecht.de/verfahren/dhondt.html Es handelt sich dabei um ein Divisorverfahren mit Abrundung, das viel Rechnerei erfordert und große Parteien bevorzugt. Motto: Wer viel hat, dem wird gegeben.“
Besonders deutlich wird die mehrheitserhaltende Wirkung des Verfahrens, wenn nach dem D’Hondt-Verfahren zuerst ein Landtag oder Kommunalparlament und danach die Besetzung der Ausschüsse ausgekegelt wird. Dann fallen kleine Parteien schnell durchs Raster. Wer’s ausprobieren will, kann z.B. diesen Rechner http://www.election.de/mandate.html nutzen. Dass das alles einen praktischen Bezug hat, beweist die Auswertung der Landtagswahl in Schleswig-Holstein 2005: http://de.wikipedia.org/wiki/D%E2%80%99Hondt-Verfahren
Wegen seiner unfreundlichen Eigenart musste D’Hondt auf Bundesebene Hare-Niemeyer weichen (Guckst Du hier: http://de.wikipedia.org/wiki/Hare-Niemeyer-Verfahren) und Sainte-Laguë (http://www.wahlrecht.de/verfahren/stlague.html ) weichen.
In Sachsen darf der belgische Jurist Victor D’Hondt hingegen auch mehr als 100 Jahre nach seinem Ableben noch sein Unwesen treiben. Mit dem Effekt, dass in kommunalen Parlamenten „die Kleinen“ benachteiligt werden. In meinem Dorf mit praktischen Konsequenzen: Hier sind zur diesjährigen Kommunalwahl die Freien Wähler im Doppelpack angetreten. Sie holten reichlich Stimmen, aber ganz hat’s nicht gereicht. Guckst Du hier: http://www.statistik.sachsen.de/wpr_neu/pkg_w04_nav.prc_index?p_anw_kz=GR09 und einfach mal „Borsdorf“ eingeben. Hätten sie die gleiche Stimmenzahl unter gemeinsamer Flagge eingefahren, wären die Verhältnisse im Gemeinderat gekippt.
Sollte sich der eine oder andere regelmäßige Leser meines kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches nun fragen, warum ich, als im Herzen tiefschwarzer Zeitgenosse, solcherart Planspiele öffentlich mache, so sei er beruhigt: Die Freien Wähler meines Ortes kennen die D’Hondt-Rechner inzwischen auch und wissen um ihre Panne. Der Zusammenschluss ist nur noch eine Frage der Zeit.
Doch nun erstmal zum ersten Teil:
Am Wochenende wurde im Freistaat Sachsen der Landtag gewählt. Das hat mich veranlasst, mich mal wieder etwas näher mit einigen Fragen des deutschen Wahlrechtes zu befassen. Fazit: Es ist eine tolle Sache, so toll, dass man darüber schon wieder toll werden könnte.
Beispiel gefällig?
Da passive Wahlrecht, d.h. das Recht, sich in ein Amt wählen zu lassen, besitzen alle deutschen Staatsbürger nach Vollendung des 18. Lebensjahres auf Bundes- und Kommunalebene. Soll heißen: Mit 18 kann man MdB werden, aber auch Bundeskanzler. Wer hingegen das Amt des Bundespräsidenten anstrebt, muss warten: Dazu muss man die 40 erreicht haben. Schneller kommt zum Zuge, wer die Berliner Partygranate Wowi beerben will, hierfür braucht’s nur 21 Jahre. Um das Durcheinander komplett zu machen, gibt es auf Länderebene noch einen ganzen Sack voller Sonderregelungen. So muss im Ländle ein Bürgermeisterkandidat am Wahltag das 25. Lebensjahr vollendet haben, im sturmgebeutelten Schleswig-Holstein darf nur Landrat werden, wer mindestens 27 Jahre auf dem Buckel und das richtige Parteibuch in der Tasche hat.
Aber das ist alles harmlos. Viel lustiger geht es zu, wenn die Kandidaten gelistet sind und das Stimmvieh (vulgo: Volk oder „die Wahlberechtigten) seine Kreuzchen gemacht hat. Dann wird nämlich ausgezählt. Doch mit dem Zählen allein ist es nicht getan, es muss auch gerechnet werden.
Lieschen Müller (und 90 Prozent der deutschen Wähler) sehen hierin sicher kein Problem. Aber nach dem Motto „Zählen, Anteil der Parteien bestimmen und danach die Sitze verteilen“ läuft’s nicht. Denn schließlich gibt es bei uns Erst- und Zweitstimme. Gewinnt ein Direktkandidat in seinem Wahlkreis die Mehrheit der Erststimmen, ist er „drin“. Auch dann, wenn seine Partei mit ihren Zweitstimmen unter der Fünf-Prozent –Hürde bleibt. So geschehen z.B. bei den Wahlen zum Deutschen Bundestag: Die PDS/Die Linke war im Parlament von 1990 bis 1998 nicht als Fraktion, sondern Gruppe vertreten, da sie in Berliner Funktionärshochburgen zwar Direktmandate erringen konnte, aber bundesweit unter fünf Prozent blieb.
Da man gewählte Kandidaten nicht einfach ausschließen kann (Das hieße, den Wählerwillen zu ignorieren), musste das Wahlsystem ein wenig verklausuliert und verkompliziert werden. Dazu wird in Deutschland (und auch anderenorts) das D’Hondt-Verfahren genutzt. Nachzulesen hier: http://de.wikipedia.org/wiki/D%E2%80%99Hondt-Verfahren und hier http://www.wahlrecht.de/verfahren/dhondt.html Es handelt sich dabei um ein Divisorverfahren mit Abrundung, das viel Rechnerei erfordert und große Parteien bevorzugt. Motto: Wer viel hat, dem wird gegeben.“
Besonders deutlich wird die mehrheitserhaltende Wirkung des Verfahrens, wenn nach dem D’Hondt-Verfahren zuerst ein Landtag oder Kommunalparlament und danach die Besetzung der Ausschüsse ausgekegelt wird. Dann fallen kleine Parteien schnell durchs Raster. Wer’s ausprobieren will, kann z.B. diesen Rechner http://www.election.de/mandate.html nutzen. Dass das alles einen praktischen Bezug hat, beweist die Auswertung der Landtagswahl in Schleswig-Holstein 2005: http://de.wikipedia.org/wiki/D%E2%80%99Hondt-Verfahren
Wegen seiner unfreundlichen Eigenart musste D’Hondt auf Bundesebene Hare-Niemeyer weichen (Guckst Du hier: http://de.wikipedia.org/wiki/Hare-Niemeyer-Verfahren) und Sainte-Laguë (http://www.wahlrecht.de/verfahren/stlague.html ) weichen.
In Sachsen darf der belgische Jurist Victor D’Hondt hingegen auch mehr als 100 Jahre nach seinem Ableben noch sein Unwesen treiben. Mit dem Effekt, dass in kommunalen Parlamenten „die Kleinen“ benachteiligt werden. In meinem Dorf mit praktischen Konsequenzen: Hier sind zur diesjährigen Kommunalwahl die Freien Wähler im Doppelpack angetreten. Sie holten reichlich Stimmen, aber ganz hat’s nicht gereicht. Guckst Du hier: http://www.statistik.sachsen.de/wpr_neu/pkg_w04_nav.prc_index?p_anw_kz=GR09 und einfach mal „Borsdorf“ eingeben. Hätten sie die gleiche Stimmenzahl unter gemeinsamer Flagge eingefahren, wären die Verhältnisse im Gemeinderat gekippt.
Sollte sich der eine oder andere regelmäßige Leser meines kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches nun fragen, warum ich, als im Herzen tiefschwarzer Zeitgenosse, solcherart Planspiele öffentlich mache, so sei er beruhigt: Die Freien Wähler meines Ortes kennen die D’Hondt-Rechner inzwischen auch und wissen um ihre Panne. Der Zusammenschluss ist nur noch eine Frage der Zeit.
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