Mittwoch, 2. September 2009
Wahlgedanken, zweiter Teil: Wem Gott will die rechte Gunst erweisen, den setzt er auf die Landesliste
Vor einem halben Jahr spekulierte ich hier http://zeitungsdieb.blogger.de/stories/1335821/ über die einstige Landrätin Petra Köpping, die nach einer Wahlschlappe ihren bisherigen Stuhl im Landratsamt des Landkreises Leipzig räumen und fortan von kargem Übergangsgeld und einem klitzekleinen Beratervertrag leben musste (guckst Du hier: www.lr-online.de/regionen/Sachsen%3Bart1047,2330212 ). Beinahe centgenau so klitzeklein, dass das Salär aus diesem Vertrag ihrem Übergangsgeld als Landrätin a.D. nicht in den Weg kam.
Doch schon damals spekulierte ich darüber, dass „die rote Petra“ wohl nicht untergehen wird. Und da frau als stellvertretende Landesvorsitzende einer schrumpelnden Splitterpartei (Falls schon mal jemand etwas von der sächsischen SPD gehört haben sollte – genau davon ist hier die Rede) nicht wirklich Erfüllung gefordert und ausgelastet sein dürfte, trat Petra Köpping in den Ring und kämpfte um ein Mandat im Sächsischen Landtag. Bringt ja auch mehr ein und beißt sich nicht mit Nebeneinkünften aus Beraterverträgen.
Nun ist die Wahl zum Sächsischen Landtag gelaufen und ich fühle mich beinahe wie im Märchen. Die Guten haben gewonnen. Allerdings haben die Wunder des Wahlrechts und das Mysterium der Listenplätze dazu geführt, dass auch die weniger Guten wieder bzw. erstmalig ihren wohlbezahlten Sitz in den heiligen Hallen an der Elbe einnehmen dürfen.
Petra Köpping fiel bei ihrem Kampf um ein Direktmandat zwar mit Pauken und Trompeten durch, dank Listenplatz vier ist die vorwendig diplomierte Staats- und Rechtswissenschaftlerin aber „drin“. Ebenso übrigens wie der promovierte Historiker und gewesene Stasi-Spion Volker Külow, der für die Linke in Leipzig von den Plakaten schielte und sein Direktmandat ebenfalls verpasste.
Die Aufzählung der netten Kofferträger, IM, Kampfschweine, komischen Käuze, Backpfeifengesichter, Parteisoldaten und ganz normalen MdLs, die es dank Landeslisten doch wieder geschafft haben, ihren Stuhl und die regelmäßige Überweisung dem Wählervotum zum Trotz zu sichern, ließe sich noch ein Stück fortsetzen.
Was mich wieder einmal dazu bringt, über unser Wahlsystem zu grübeln. Irgendwann – darum wird sich spätestens der kommende Junior-Partner FDP im Sächsischen Landtag kümmern – wird es sicher dem überholten D’Hontschen System (guckst Du hier http://zeitungsdieb.blogger.de/stories/1477254/ ) an den Kragen gehen. Ob dabei aber auch das Listenunwesen wenn schon nicht abgeschafft, so doch zumindest ein wenig entschärft werden wird?
Irgendwie glaube ich nicht daran. Schließlich gibt es (nicht nur in Sachsen) ein parteiübergreifendes System der unauffällig-unfähigen-unverzichtbaren Stuhldrücker, die – weil irgendwie systemrelevant – auch ohne Wahlsieg im eigenen Revier versorgt werden müssen.

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