Freitag, 20. Januar 2012
Nachdenken über IP-Adressen und Referrer. Oder: Untertietel, André und Bernd und die Costa Concordia
Wer einen Webauftritt betreibt, sieht sich häufig der Versuchung ausgesetzt, zum Datensammler zu werden. Da ich ersteres sowohl im eigenen Namen als auch im Auftrag netter Kunden tue (Meine Kunden sind alle nett, weil sie so nett sind, meine Rechnungen zu begleichen), ist mir zweitens auch besagte Versuchung nicht fremd.
Wobei ich zu meiner Ehrenrettung ergänzen muss, dass dieser Versuchung nur höchst selten erliege. Was nun wieder, so viel sei der Ehrlichkeit halber ergänzt, weniger an meiner Standhaftigkeit als vielmehr daran liegt, dass es mir schlicht an der notwendigen Zeit mangelt, meine Obsessionen auszuleben. Womit sich eine interessante Parallele zwischen virtuellem und realem Leben zeigt. Wobei wiederum zu ergänzen wäre, dass einerseits natürlich auch das virtuelle Leben irgendwie real ist und dass mich andererseits im realen realen Leben nicht allein der Zeitmangel daran hindert, jeglicher Obsession nachzugehen, sondern auch der Mangel an der benötigten Knete.
Ehe nun die letzten der geneigten LeserInnen meines kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches entseelt aus ihrem Stühl rutschen, beende ich diesen Exkurs und wende mich dem Ausgangspunkt zu: Ein Webauftritt liefert eine Menge Daten.
Dazu zählen neben IP-Adressen (das sind die Dinger mit der Vorratsdatenspeicherung) auch die Referrer zählen. Ein Referrer ist die Adresse der Webseite, von der Nutzer per Link zu einer Seite gekommen sind. Natürlich läst sich der Referrer ebenso verschwurbeln wie z.B. die eigene IP-Adresse. Wer z.B. RefControl nutzt, kann sich eine andere scheinbare Herkunft geben, ich schicke neugierige Admins z.B. gern auf die Stellenausschreibungen der CIA.
Da die meisten User ihren Referrer aber unverändert lassen, schaue ich doch gelegentlich nach, wer wie auf meine Seiten gelangt ist.
Das ist in mehrfacher Hinsicht aufschlussreich, denn ich erfahre so, wer auf meine Seiten verlinkt hat bzw. welche Suchanfragen Leute so stellen. Zu den absoluten Hits gehörte ein Lügenbaron zu Guttendingens, aber auch die heimlichen Küsse eines gewissen Herrn Jurgan waren (und sind es noch immer) gefragt. Und längst nicht alle Anfragen kamen von der putzigen Anwaltsmaus, die im Auftrag des Küssers tätig war.
Logisch, zurzeit dominieren Anfragen zum Thema Grüßaugust Christian Wulff und zur Costa Concordia. Erstaunlich ist für mich, wie viele User beide Anfragen kombinieren, also wissen wollen, was der designierte Ex-Bundespräsident mit der Havarie des Kreuzfahrtschiffes zu schaffen hat. Da scheint meine nicht ganz ernst gemeinte Verschwörungstheorie von der Versenkung als Ablenkungsmanöver des Bundespräsidialamtes http://zeitungsdieb.blogger.de/stories/1982135/ doch interessierte Leser und Weitersager gefunden zu haben.
Apropos Weitersager: Eine ganze Menge Suchanfragen der letzten Wochen bezogen sich auf den Namen Dreilich, meinen also. Und das besonders häufig in Verbindung mit dem Namen Hilder, was mir schon ein wenig unangenehm sind. Okay, wir haben beide Probleme mit der Altersfehlsichtigkeit, aber ich wurde weder beim mdr abgewatscht noch vollführe ich öffentliche Karteikartenakrobatik; zudem bin ich ein viel, viel sympathischer Mensch. Sag’ ich mal so und ich muss es wissen.
Bei der kombinierten Hilder-Dreilich-Anfrage tauchen übrigens auffällig viele Referrer auf, in denen mein wirklich schöner und schützenswerter Familienname falsch geschrieben wurde, so mit y oder hinten t. Das spricht einerseits für die Fehlertoleranz der genutzten Suchmaschinen, andererseits aber auch dafür, dass hier von Schreibtisch zu Schreibtisch bzw. mal eben in der Schlange der Kantine der Hinweis gegeben wurde, mal nachzulesen, was der Dreilich wieder verzapft hat in Sachen Onkel Bernd.
Liebe KollegInnen von der Leipziger Volkszeitung, natürlich freue ich mich über das Interesse, das mir in den heiligen Hallen der LVZ entgegengebracht wird. Aber bittet, wenn schon nicht im Blatt, so achtet doch wenigsten beim Googeln auf Korrektheit. Ich bin doch auch nur ein Mensch und als solcher ein wenig eitel ...
Nun mag sich der eine oder andere Leser meines kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches fragen, wie ich darauf komme dass die Namensfalschschreiber hinter der Klagemauer am Leipziger Petersteinweg sitzen. Ganz einfach – manchmal kann ich der Versuchung doch nicht widerstehen, mir die IP-Adressen meiner Besucher ein wenig näher anzuschauen ... aber nur manchmal.

PS.: Einen hab’ ich noch. Die Referrer zeigen mir auch deutlich, wie schlimm es um die einstige Bildungsrepublik Deutschland bestellt ist. Kaum zu glauben, wie fiehle Pfählor man in so eine Suchanfrage schreiben kann – und wie Google auch aus dem schlimmsten Deppendeutsch noch etwas macht. Selbst Worte wie Gallorie (gemeint war Galerie) und Gallorie (gemeint war Kalorie) werden da noch übersetzt. Und „Untertietel“ sowieso.

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