Dienstag, 7. Oktober 2008
Brückenschlag an der Parthe. Oder: Stahlbeton statt Balkenwerk
Den regelmäßigen Lesern meines kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebüchleins ist bekannt, dass ich vor den Toren der Stadt Leipzig (was für eine blöde Phrase, Leipzig hat längst keine Tore mehr, dafür Toren en masse) in Panitzsch lebe. Dieser Ort ist Teil der reichlich-8.000-Seelen-Gemeinde Borsdorf und liegt in der Parthenaue. Die Parthe wiederum ist ein Fluss (guckst Du hier: http://de.wikipedia.org/wiki/Parthe) den man nicht wirklich kennen muss. Anderswo würde ein solches Gewässer Graben heißen und bestenfalls als Bach durchgehen, aber die Wege des Herren sind mitunter unergründlich.
Besagte Parthe tut, was Flüsse offensichtlich gern tun – sie trennt und verbindet. Verbunden werden zum Beispiel allerlei Ortschaften im Parthenverlauf, die ihre Abwässer gemeinschaftlich im hoffnungslos überdimensionierten Klärwerk des Abwasserzweckverbandes Parthe klären lassen – nach der Wende wurde so was halt gebaut. Die trennende Wirkung der Parthe liegt auf der Hand: linkes Ufer, rechtes Ufer. Und da die Parthe sowohl durch Borsdorf als auch durch Panitzsch fließt, trennt sie seit Jahrhunderten auch Dörfler von ihren Nachbarn. Damit zusammenwächst, was zusammengehört, werden Brücken gebaut. Soweit, sogut.
Da es sich in Borsdorf ganz gut lebt, legt die Gemeinde über die Jahre ein wenig zu. Neue Wohngebiete entstehen. Um eines dieser Areale bzw. dessen Bewohner auch ohne Auto und mit kurzem Weg über den „Fluss“ kommen zu lassen, wird eine neue Brücke gebraucht.
Der hiesige Gemeinderat beschloss nach längeren Vorarbeiten vor wenigen Tagen, ein solches Bauwerk errichten zu lassen. Natürlich gab es Für und Wider, natürlich quäkte irgendein Ureinwohner dazwischen, ob denn die Neu-Bürger alles vom Feinsten haben müssten und ob denn vorhandene Wege nichts ausreichten. Tun sie nicht, denn insbesondere fröhliche Kinderscharen, an denen es in meinem Dorf zum Glück nicht gar zu sehr mangelt, sind für vernunftverordnete Umwege kaum zu begeistern, sondern neigen zur Fortbewegung auf kürzestmöglichen Wegen – und tun dies, in dem sie samt Fahrrädern den Damm einer stark befahrenen Bundesstraße erklimmen, Leitplanken übersteigen und die Rennpiste queren ...
Also: Die Brücke über die Parte wird gebaut. Sie kostet 176.000 Euro, dafür gibt’s Fördermittel, die Gemeinde hat 53.000 Euro Eigenmittel zusammengekratzt.
Moment ... 176.000 Euro? Für die Querung eines Flusses, der kein Fluss, sondern ein Graben ist, den man mit etwas Anlauf überspringen kann, ohne Bob Beamon (guckst Du hier: http://de.wikipedia.org/wiki/Beamon) zu heißen und wie dieser zu hopsen. 176.000 Euro für eine Brücke, die ausschließlich von Fußgängern und Radfahrern benutzt werden soll.176.000 Euro für eine Brücke, die eigentlich aus vier kleinen Fundamenten, zwei Stahlträgern und einem Bohlenbelag bestehen könnte. Na gut, es dürfen auch noch Geländer dran ... und dafür 176.000 Euro?



Foto: Wikipedia
Nein, dafür nicht. Sondern für eine Brücke in Stahl-Beton-Bauweise, die nicht ins Landschaftsbild passt, aber den Vorgaben übergeordneter Behörden für Bauwerke an Gewässern erster Ordnung entspricht. Um ein solches handelt es sich nämlich lt. Sächsischem Wassergesetz bei der Parthe, die ja eigentlich nur ein Bach ist.

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