Donnerstag, 25. März 2010
Vereindringlichung durch Wiederholung. Oder: Meine Lokalpostille schwächelt bei der Qualitätssicherung
Nichts ist so alt wie die Zeitung von gestern. Gääääähn. Na klar, mag der eine oder andere Leser meines kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches sagen, dass ist doch dieser olle Spruch irgendwelcher Zeitungsleute. Stimmt. Und ich möchte meine geneigte Leserschaft auch nicht unnötig auf die Folter spannen, warum ich diese Uraltweisheit gerade heute ausgegraben habe.
Schuld ist – wie kann’s anders sein – meine Lokalpostille, die nach eigener Aussage dem Qualitätsjournalismus verpflichtete Leipziger Volkszeitung (LVZ). Dieses wundervolle Holzmedium bescherte mir am heutigen Morgen ein Déjà-vu. Es war dieses seltsam vertraute Gefühl des „Das-hast-Du-doch-gestern-schon-gelesen“, das mich beim Beäugen der heutigen LVZ-Titelseite überkam. Dort erfuhr ich in einem so genannten Anreißer, dass der in Leipzig seit Wochen köchelnde Streit um ein Bauvorhaben der Firma Unister beigelegt sei. „Der Baufachausschuss genehmigte gestern einen Entwurf, für den sich auch Oberbürgermeister Jung (SPD) eingesetzt hatte“ verkündete meine Lokalpostille. Gestern? Gestern! Aber gestern hatte ich doch genau diese Nachricht auch schon ...
Um mögliche Selbstzweifel an meiner geistigen Verfassung im Allgemeinen und dem Zustand meines Temporallappens im Speziellen gar nicht erst aufkommen zu lassen, stöberte ich ein wenig in meinem Altpapier und ... konnte mich beruhigt zurücklehnen. Irgendein Depp hatte beim Zusammenstellen der heutigen Titelseite den gestrigen Anreißer stehen lassen, sodass dieser heute gleich noch einmal erschienen ist.
Wobei: Die Geschichte auf einen dusseligen Mitarbeiter zu schieben, trifft nicht ganz den Kern der Sache. Klar, die Pappnase hat’s vermasselt. Allerdings gilt – wie so oft im Leben – die Erfahrung, dass der Fisch vom Kopf her stinkt. Dass (wieder einmal) Murks gedruckt und ausgeliefert wurde und beinahe Tag für Tag wird, kann nicht dieser, jener und irgendeiner anderen Pappnase angelastet werden.
Wenn ein Unternehmen an der Qualitätssicherung spart, bleibt das in aller Regel nur kurze Zeit ungestraft. Und wenn ein Unternehmen Abstriche an seiner Kernkompetenz macht, geht auch das nicht ohne Schaden am Produkt ab. Das ist bei Autoherstellern so, und das ist bei einem Tageszeitungsverlag nicht anders – auch wenn der sich Medienhaus schimpft. Und wer glaubt, dass die geneigte Leserschaft dumm genug ist, solche Entwicklungen nicht zu bemerken, muss sich über einbrechende Verkaufsauflagen nicht wundern ...

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