Montag, 6. Dezember 2010
B2Run oder: Der Untergang ist nahe ...
Der Untergang des Abendlandes ward schon oft prophezeit, doch blieb er bislang aus. Ob das nun gut oder schlecht ist, darüber mag ich noch nicht öffentlich nachdenken. Auf alle Fälle ist er, der Untergang, heute wieder ein Stück nähergerückt. Nein, nicht finster nach Deutschland migrierende Mächte sind es, die den Untergang bringen.
Zumindest ein Hort des Bösen muss Nürnberg sein - die Stadt ... nein, nicht der Reichsparteitage, sondern des schönsten deutschen Firmenlaufes. Letztere Einschätzung stammt nicht von mir, sondern vom Veranstalter des "Nürmberger Firmenlaufes".

Nun mag die geneigte LeserInnenschaft meines kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches fragen, was ein Firmenlauf über die läppische Strecke von 6.000 Metern mit dem Untergang unserer oberwichtigen Welt zu tun haben mag.
Hat er nicht, bzw. hatte er nicht, so lange besagtes Läufchen seinen bisherigen Namen trug. Aber jetzt wurde er umbenannt, ließ mich das online-Portal davengo in seiner aktuellen Botschaft wissen:

"Nürnberger Firmenlauf wird B2RUN
Der B2RUN macht am 28.7. das erste Mal Halt in Nürnberg. Die ca. 6-km lange Strecke führt um den Dutzenteich. Belohnt werden die Läufer mit dem Zieleinlauf ins easyCredit-Stadion. Dabei sein kann jeder vom Vorstand bis zum Azubi. Auch 2011 geht wieder ein Teil der Startgebühren an ein regionales Charity-Projekt."

B2Run steht wohl für Business to Run und soll sicher irgendwie dynamischerfolgreichaufstrebendmainstraimig klingen. Macht's aber nicht, es ist und bleibt hohles Marketing-Geschrummel. Auch der Verweis auf ein "regionales Charity-Projekt", dem "ein Teil der Einnahmen" zugute kommen soll. ist schlimmste Schlammrührerei. Wer kriegt wieviel und was macht er damit? Diese Frage gehört klar beantwortet, alles andere ist nichts als Worthülsengeklapper. Wobei: Ein wenig Platz wäre noch gewesen für so zeitlos schöne Phrasen wie "gut aufgestellt" und "auf Augenhöhe mit ..." - aber vielleicht habe ich auf http://www.b2run.de/index.php?id=423 nur nicht genau genug gelesen und irgendwo findet sich die eklige Marketingsauce ...

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1984 bei meiner Lokalpostille. Oder: Wie Nachrichten plötzlich verschwinden.
Eine Black Box http://de.wikipedia.org/wiki/Black_Box_%28Systemtheorie%29 ist in der Kybernetik ein System, von dem im vorgebebenen Zusammenhang nur das äußere Verhalten betrachtet wird, um aus dem Input/Output-Verhalten Rückschlüsse auf die (möglicherweise sehr komplexe) innere Struktur zu ziehen. Den Leserinnen und Lesern meines kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches, die das als zu technisch empfinden, möchte ich mit dem Allheilmittel eines meiner Physiklehrer auf die Sprünge helfen. Besagter Pädagoge pflegte, wenn das Röcheln, Schwitzen und Augenverdrehen der Schüler endemische Ausmaße annahm, zu fo-fo-formulieren: „Ma-ma-mach-mermal ein B-B-Beispiel.“
Also dann, es folgt das Beispiel: Wir stellen uns eine Blackbox vor, in die wir Wasser, Gras (grünes, nicht das zum Rauchen!) und Luft hineingeben („Input“). Dafür entlässt besagte Black Box u.a. Kohlendioxid und Methan, plätscherstinkeblubbernde „Fladen“ und eine weißliche Flüssigkeit nach außen („Output“). Der geneigte Leser sollte nun ohne weitere fremde Hilfe den Schluss ziehen können, dass die Black Box eine Kuh ist.

Keine Angst, ich äußere mich nicht zu „Bauer sucht Frau“, sondern verlasse die Landwirtschaft, um mich der viel appetitlicheren Welt der Medien zu widmen, genauer gesagt der Holzmedien, die so tun, als ob sie Internet machten. Womit wir bei meiner Lokalpostille wären, der nach eigener Darstellung dem Qualitätsjournalismus verpflichteten Leipziger Volkszeitung. Besagte LVZ als Black Box zu betrachten, kann durchaus interessant sein. Input sind Informationen, Papier, Energie, Arbeitsleistungen und Geld. Output wiederum Informationen und Papier sowie Geld. Allein über das Phänomens des Verschwindens von Arbeitsleistungen und Energie in der Black Box ließen sich gleich mehrere Promotionen schreiben ...
Aber auch das Verschwinden von Informationen sollte näher betrachtet werden. Und damit ist nicht die Filterung zwischen Input und Output gemeint, sondern die nachträgliche Bearbeitung bereits outgeputeten Materials, die ein wenig an das segensreiche Tun des Ministeriums für Wahrheit in „1984“ erinnert.
Wer das nicht auf Anhieb nicht versteht, darf sich auf „Ma-ma-mach-mermal ein B-B-Beispiel“ freuen: Wer heute auf www.lvz-online.de die Suchfunktion bemüht (Ja, die LVZ hat neuerdings ein solches „Fiieetschor“, das nicht mehr nur Anzeigen sucht), findet bei Eingabe des Stichwortes „wikileaks“ sechs treffer, genauer gesagt sechs dpa-Meldungen, deren jüngste (vulgo: „die aktuellste“) vom 29.11.2010 datiert und folglich nicht wirklich aktuell ist. Das Stichwort „Julian Assange“ bringt zwei Treffer, der jüngste stammt vom 28.11. 2010, ist also auch nicht wirklich frisch.
Putzig ist in diesem Zusammenhang, dass das am gestrigen Morgen noch anders aussah. Ehe der reguläre Sonntagsdienst seinen Kampf um die Meinungsdeutungshoheit im sächsischen Medienraum aufgenommen hatte, fanden sich unter www.lvz-online.de durchaus einige interessante Informationen zu wikileaks. Man durfte über die terroristischen Angriffe der USA auf die Onlineplattform ebenso lesen wie über die tapferen Hilfstruppen Amazon und Paypal sowie die IP-Adresse http://213.251.145.96/ , unter welcher wikileaks trotz des Cyberterrors der USA ("Wir bomben sie zurück in die Steinzeit!") erreichbar bleibt. Und sogar einige Kommentare fanden sich, in denen verschiedene LeserInnen ihrem Ärger über die Angriffe Luft machten. Und nun? Alles weg, selbst per Suchfunktion nicht mehr auffindbar. Zumindest nicht auf den LVZ-Seiten, allenfalls noch im Cache ...

Doch zurück zur Systemtheorie und zur Black Box. Wie war das? „… aus dem Input/Output-Verhalten Rückschlüsse auf die (möglicherweise sehr komplexe) innere Struktur zu ziehen …“ Dieser Denkaufgabe mögen sich die geneigten LeserInnen meines Tagenbuches an den derzeit kalten und dunklen Winterabenden in aller Ruhe widmen. Eine Hilfestellung gebe ich allerdings noch: In der heutigen Holzausgabe der Leipziger Volkszeitung habe ich das Wort wikileaks gar nicht gefunden, was mögicherweise meiner Morgenmüdigkeit geschuldet ist. Möglicherweise. Dafür wird aber völlig unkritisch über Spenden für die Geldmaschine „Innocent in Danger“ und deren Präsidentin, Stephanie zu Guttenberg, geschrieben. Also dann: Denken Sie sich ihren Teil, solange Sie es noch dürfen ...

Update: Plötzlich sind wieder Infos zu wikileaks vorhanden. http://www.lvz-online.de/multimedia/content/27591580_mldg.html Und es gibt sogar einen Link auf eine externe (!) Seite - was dem Nachdenken über die Balck Box neues Futter liefern dürfte ...

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http://213.251.145.96/ oder: Das Internet in Zeiten des Terrors
Eine Bemerkung vorweg: Denjenigen, die Wikileaks für einen Spezialkitt zum Abdichten kaputter Rohre bzw. Autokühler halten, sei verraten, dass sie nicht ganz auf dem Laufenden sind. Und ihnen sei zudem geraten, ihre Morgenlektüre von Holzmedium auf Telepolis.de umzustellen – willkommen im 21. Jahrhundert. Wenn sie auf diese Weise die Updates und Patches des vergangenen Jahrzehnts nachgeholt haben, können sie gern hier weiterlesen. Die regelmäßigen LeserInnen meines kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches haben solcherart Frischzellentherapie natürlich nicht nötig ... also dann, ein Rätsel zum Einstieg:

Wie nennt man einen Krieg ohne vorherige Kriegserklärung? Ganz klar, Terror. Folglich ist das, was die USA (und einige ihrer Staats-Unternehmen sowie diverse willfährige Vasallenstaaten) derzeit gegen Wikileaks veranstalten, ... na, was? Richtig: Terror! Soviel zu den allseits beliebten Themen „Reich des Bösen“ und „Terrornetzwerk“. Wer wissen will, wo die Heimstatt weltweiten Terrors ist, der muss nicht nach bärtigen Muslimen mit Sprengstoffgürteln Ausschau halten, sondern wende seinen Blick gen Washington.

Zum Zwecke montäglichen Erkenntnisgewinns sei an Ursula von der Leyen erinnert. Bitte keine voreilige Freude, Zensursula lebt noch und versucht sich auch noch irgendwie als Ministerin; aber sie ist nicht mehr im Stoppschild-Geschäft („Zugangserschwerungsgesetz“). Falls sich also noch jemand an ihre Propaganda-Auftritte aus jener gar nicht so weit zurückliegenden Zeit erinnert, kennt er/sie sicher noch die Kernthese der blonden Streubombe: „Im Internet gibt es immer mehr böse Dinge, gegen die wir nichts tun können. Selbst wenn wir das ernsthaft wollten, denn die Server, auf denen diese bösen Dinge gespeichert werden, liegen im Ausland. Zum Beispiel in ... (Die seinerzeit benannten Länder lasse ich mal weg, denn es gab schon damals diplomatische Verwicklungen). Und darum sperren wir die bösen Dinge mit Stoppschildern ab.“ Wer das nicht glaubt, möge sich diesen kultigen Zensursula-Auftritt http://www.youtube.com/watch?v=PCt1DI5dBTI anschauen. Mir läuft an einigen Stellen immer wieder ein Schauer den Rücken hinunter und ich frage mich, ob Joseph Goebbels seinen Selbstmord nicht nur vorgetäuscht hatte und seither in Sulzbach wehrlose Senioren mit seinen Reden traktiert.

Aber zurück zum Terrornetzwerk USA. Im Umgang mit Wikileaks demonstriert Gottes eigenes Land derzeit, dass man gegen Inhalte im Netz durchaus etwas machen kann, sogar wenn diese sich im bösen, bösen Ausland befinden. Die Amis versuchen nämlich gar nicht, irgendwelche Stoppschilder nach Art des Hauses von der Leyen vor Wikileaks zu kleben, sie lassen statt dessen die Homeland Security von der Kette und machen Serverbetreibern und DNS-Diensten in ihrem Herrschaftsbereich deutlich, dass Wikileaks bitteschön als feindliche Macht zu behandeln ist. Und so verzichtet Amazon auf die Einnahmen aus dem Servergeschäft und Paypal auf die Provisionen aus der Spendenweiterleitung an Wikileaks, weil Uncle Sam (oder Obama) es so verlangt.
Und warum? Weil es bei Wikileaks nicht um so nebensächlichen Pillepallekram wie Pädophilie, Bombenbauanleitungen oder Holocaust-Leugnung geht, sondern um richtig wichtige Sachen. Weil hier die internationale Kaste der Politiker plötzlich angreifbar gemacht wird, weil ihnen ein selbst ernannter Robin Hood des Cyberspace die Immunität genommen und sie bloßgestellt hat. In all ihrer Abgehobenheit und Erbärmlichkeit. Und weil all die Sarkozys, Merkels, Putins, Berlusconis und Obamas dieser Welt eine ganz erbärmliche Angst davor haben, dass sich das wiederholen könnte. Darum führen sie einen nicht erklärten Krieg gegen eine Internetplattform. Oder tun das demnächst (Gelle, Äänschie?), auch wenn sie es nicht zugeben werden – es sei denn, die Erben Julian Assanges http://de.wikipedia.org/wiki/Julian_Assange werden es öffentlich machen. Er selbst wird dazu leider kaum noch Gelegenheit haben, denn sein Unfalltod (oder Herzinfarkt) ist längst in Auftrag gegeben.

Nachsatz: Interessant finde ich die Causa Wikileaks unter dem Aspekt des Streisand-Effektes http://de.wikipedia.org/wiki/Streisand-Effekt . Bisher waren es immer nur beleidigte Stars, dämliche Firmenmanager oder auch gekränkte Politiker wie Andrea Ypsilanti, die versucht haben, unliebsame Informationen aus dem Netz zu tilgen – und damit deren virale Vermehrung in Gang gesetzt haben. Genau dieser Streisand-Effekt ist durch den Terroranschlag gegen Wikileaks ausgelöst worden. Wenn auch www.wikileaks.org vom US-amerikanischen Cyberwar zerbombt wurde, so ist die Plattform unter ihrer IP-Adresse http://213.251.145.96/ nach wie vor erreichbar. Ach was, nicht nur unter dieser, denn mittlerweile wird Wikileaks auf zahlreichen Servern rund um den Globus gespiegelt und das Internet macht das, als was es seinerzeit (übrigens von den Amis) konzipiert wurde: Es bleibt trotz massiver Zerstörungen funktionsfähig.

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