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Dienstag, 11. Januar 2011
Gedanken zur Polizeifusion. Oder: Von Heydrich, Himmler, de Maizierè und dem Grundgesetz
zeitungsdieb, 13:28h
Als ich zum ersten Mal davon hörte, dass Bundesinnenminister Thomas de Maizière eine Fusion von Bundespolizei und Bundeskriminalamt (BKA) anstrebt http://www.welt.de/print/welt_kompakt/print_politik/article11517062/Die-grosse-Fusion.html , nahm ich das noch nicht ernst. Zugegeben, das war ein Moment der Schwäche. Ich hätte schließlich wissen müssen, dass Machtmenschen anders ticken, dass ihnen die Vision eines allumfassenden Überwachungssystems feuchte ... ähem angenehme Träume bereitet. Außerdem habe ich mir trotz gegenteiliger Erfahrungen noch immer ein Quäntchen des Irrglaubens bewahrt, dass Politiker 1. mit Verstand gesegnet sein und 2. sich an geltendes Recht halten müssen. Schön blöd.
Immerhin, gegen des Ministers Träume regte sich Protest. Das Bundeskriminalamt sah sich nicht wirklich als Fusionskandidat http://www.welt.de/politik/deutschland/article11735683/BKA-will-Superpolizei-mit-aller-Macht-verhindern.html , und auch aus Bayern http://www.welt.de/politik/deutschland/article11892770/Bayern-findet-geplante-Superpolizei-verfassungswidrig.html erklang Kritik. Wobei, die wahr reichlich blauäugig. Zu oft wurden in den vergangenen Jahren verfassungswidrige Gesetze verabschiedet und erst durch höchstrichterliches Veto gestoppt.
Doch nun machte der Bundesinnenlothar deutlich, dass es ihm mit der Schlapphutbehörde ernst ist: http://www.dradio.de/nachrichten/201101111200/4 Dass de Maizière Kritikern aus den Ländern zusagte, die Befugnisse von BKA und Bundespolizei nicht zu erweitern, erinnerte mich an Mauerbauer Walter Ulbricht. Der antwortete am 15. Juni 1961 auf die Frage einer (West-)Journalistin nach den Plänen der DDR zur Grenzsicherung „Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten“ – zwei Monate vor dem Bau derselben. Niemand hat die Absicht, die Befugnisse von BKA und Bundespolizei zu erweitern.
TAZ-Kolumnist Friedrich Küppersbusch äußerte zum Vorhaben de Maizierès bereits am 13. Dezember (Pioniergeburtstag!) 2010: „Der sicherste Unterschlupf der Verfassungsfeinde ist derzeit ein Job im Kabinett Merkel.“ Und weiter: „ ... Die Letzten, die aus Länderpolizeibehörden eine nationale Polizei zusammentricksten, waren Himmler und Heydrich – mit Tumoren wie Reichssicherheitshauptamt, SiPo ... und ursprünglich Gestapo.“ Also, der Mann, der Küppersbusch, gehört eingesperrt! Solcher Vergleiche gehören in Deutschland verboten, verstoppschildert und vorratsgespeichert. Selbst dann, wenn sie zutreffen.
PS.: Wer nun denkt, dass das alles übertrieben ist und dass die Bayern sowieso spinnert sind (prinzipiell ja, aber nicht immer), dem sei ein Blick ins Grundgesetz empfohlen. Artikel 30 legt fest, das Polizei Ländersache ist ... eine Fusion angesichts der aktuellen Machtverhältnisse also besondere Tricks erfordern würde. Aber bis zum 30. Januar sind ja noch ein paar Tage ...
Immerhin, gegen des Ministers Träume regte sich Protest. Das Bundeskriminalamt sah sich nicht wirklich als Fusionskandidat http://www.welt.de/politik/deutschland/article11735683/BKA-will-Superpolizei-mit-aller-Macht-verhindern.html , und auch aus Bayern http://www.welt.de/politik/deutschland/article11892770/Bayern-findet-geplante-Superpolizei-verfassungswidrig.html erklang Kritik. Wobei, die wahr reichlich blauäugig. Zu oft wurden in den vergangenen Jahren verfassungswidrige Gesetze verabschiedet und erst durch höchstrichterliches Veto gestoppt.
Doch nun machte der Bundesinnenlothar deutlich, dass es ihm mit der Schlapphutbehörde ernst ist: http://www.dradio.de/nachrichten/201101111200/4 Dass de Maizière Kritikern aus den Ländern zusagte, die Befugnisse von BKA und Bundespolizei nicht zu erweitern, erinnerte mich an Mauerbauer Walter Ulbricht. Der antwortete am 15. Juni 1961 auf die Frage einer (West-)Journalistin nach den Plänen der DDR zur Grenzsicherung „Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten“ – zwei Monate vor dem Bau derselben. Niemand hat die Absicht, die Befugnisse von BKA und Bundespolizei zu erweitern.
TAZ-Kolumnist Friedrich Küppersbusch äußerte zum Vorhaben de Maizierès bereits am 13. Dezember (Pioniergeburtstag!) 2010: „Der sicherste Unterschlupf der Verfassungsfeinde ist derzeit ein Job im Kabinett Merkel.“ Und weiter: „ ... Die Letzten, die aus Länderpolizeibehörden eine nationale Polizei zusammentricksten, waren Himmler und Heydrich – mit Tumoren wie Reichssicherheitshauptamt, SiPo ... und ursprünglich Gestapo.“ Also, der Mann, der Küppersbusch, gehört eingesperrt! Solcher Vergleiche gehören in Deutschland verboten, verstoppschildert und vorratsgespeichert. Selbst dann, wenn sie zutreffen.
PS.: Wer nun denkt, dass das alles übertrieben ist und dass die Bayern sowieso spinnert sind (prinzipiell ja, aber nicht immer), dem sei ein Blick ins Grundgesetz empfohlen. Artikel 30 legt fest, das Polizei Ländersache ist ... eine Fusion angesichts der aktuellen Machtverhältnisse also besondere Tricks erfordern würde. Aber bis zum 30. Januar sind ja noch ein paar Tage ...
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Postgedanken. Oder: Plädoyer für eine neue Behörde
zeitungsdieb, 12:21h
Früher war alles besser. Keine Angst, jetzt kommt nicht die nervige alte-Leute-Litanei von Kaiser, Führer und Wirtschaftswunder. Erstens bin ich noch kein „altes Leut“ und habe zweitens folglich weder Kaiser noch Führer noch Wirtschaftswunder erlebt. Und war es früher nicht wirklich besser, nur anders.
Zum Beispiel bei der Post. Als „die Post“ noch der Inbegriff der Farbe gelb war, konnte man sich auf sie verlassen. Jahrein, jahraus kam – fast auf die Minute genau – der Briefträger bzw. die Briefträgerin. Ebenso zuverlässig wurden in regelmäßigen Zeitabständen die Portogebühren (jawoll, das waren mal Gebühren) erhöht; zumindest im Westen Deutschlands.
Dass das seit 1597 bestehende Postmonopol gefallen ist und nun diverse Wettbewerber am Markt agieren, finde ich gut. Seit dem 1. Januar 2011 ist die vollständige Marktöffnung für Briefe unter 50 Gramm EU-weit vollzogen. Weil Ausnahmen die Regel bestätigen, dürfen sich allerdings Griechenland, Luxemburg und die meisten der neuen EU-Länder noch zwei Jahre Zeit lassen.
Doch zurück zum Wettbewerb im Briefbereich. Der hat für die Absender von Briefen vor allem den Vorteil, sich seit einigen Jahren nicht mehr als Bittsteller, sondern als Kunde fühlen zu dürfen. Welcher Briefträger hätte denn früher gefragt, ob er gleich meine Tagespost mitnehmen soll ... Und irgendwie hat die mehr oder minder bunte „Ich-bin-einen-Cent-billiger“-Konkurrenz dazu geführt, dass die „gelbe“ Post sich mit ihren Portoerhöhungen im deregulierten Marktsegment zurückhält und ihre Preise statt dessen dort erhöht, wo die Konkurrenz noch nicht nach ihr schnappt.
Allerdings, und nun kommen wir zum „Früher war alles besser“ zurück, gibt es auch Nachteile. Vorbei sind die Zeiten, da man nach dem Eintreffen des Briefträgers die Uhr stellen konnte. Je nachdem, welche Touren er oder sie nebenbei mit übernehmen darf, rollt das gelbe Fahrzeug mal früher, mal Stunden später vor. Und von wegen gelb: Seit die Post nicht mehr im hohen Gras sichelt, sondern ihre Ernte nach betriebswirtschaftlichen Kriterien einfahren muss, ist die Posthornflotte geschrumpft. Muss die gelbe Rappelkiste in die Werkstatt, rollt die motorisierte Christel schon mal mit einem Leihwagen vor. Ganz zu schweigen von der Hochsaison vor Weihnachten: Wenn’s mal wieder richtig viel zu befördern gibt, werden Transporter angemietet. Was betriebswirtschaftlich durchaus sinnvoll ist.
Mist ist hingegen, dass statt eines Briefzustellmenschen nunmehr derer drei oder vier im Lauf eines Tages an meinen Briefkasten kommen. Noch größerer Mist ist es, wenn die alle an meiner Tür klingeln, weil sie etwas gegen Quittung abzugeben haben. Allergrößter Mist ist es, wenn sie zweimal kommen, weil ein Nachbar nicht erreichbar ist, damit aber warten, bis ich wieder in mein Büro gekrabbelt bin und die nächste Runde meines Kreativschlafes begonnen habe.
Aber immerhin: Solcherart Besuch bewahrt mich in meinem Büro vor Vereinsamung und Verkauzung, doch ökologisch sinnvoll ist das Herumgefahre all der Postler, Zusteller und Kuriere sicher nicht. Mein „Fußabdruck“ in Sachen Kohlendioxid ist mir ziemlich wurscht, was muss, das muss. Aber wenn statt einer Postkutsche gleich vier an meiner Tür vorfahren, läuft was falsch.
Gestern fiel mir übrigens noch eine andere Tücke der Deregulierung auf. Eine per Nicht-Postbrief (ja, auch ich nutze die bunten Billigheimer) nach Dresden verschickte Rechnung kam mit dem Hinweis auf den unbekannten Empfänger zurück. Ein Telefonat später wusste ich die neue Adresse der just über den Jahreswechsel umgezogenen Empfängerin. Die nette verwies zudem auf den bei der gelben Post hinterlegten Nachsendeauftrag ... Früher, als alles besser war, hätte der auch funktioniert – aber nicht mehr heute, denn da braucht’s für jeden Postkonkurrenten einen eigenen.
Die regelmäßigen LeserInnen meines kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches wissen, dass ich mit unnötigen Datensammlungen und Behördengeschwüren auf Kriegsfuß stehe. Doch im konkreten Fall sehe ich einen Bedarf ... man muss ja nicht gleich eine Bundesnachsendeadressenverwaltungsagentur daraus machen.
Zum Beispiel bei der Post. Als „die Post“ noch der Inbegriff der Farbe gelb war, konnte man sich auf sie verlassen. Jahrein, jahraus kam – fast auf die Minute genau – der Briefträger bzw. die Briefträgerin. Ebenso zuverlässig wurden in regelmäßigen Zeitabständen die Portogebühren (jawoll, das waren mal Gebühren) erhöht; zumindest im Westen Deutschlands.
Dass das seit 1597 bestehende Postmonopol gefallen ist und nun diverse Wettbewerber am Markt agieren, finde ich gut. Seit dem 1. Januar 2011 ist die vollständige Marktöffnung für Briefe unter 50 Gramm EU-weit vollzogen. Weil Ausnahmen die Regel bestätigen, dürfen sich allerdings Griechenland, Luxemburg und die meisten der neuen EU-Länder noch zwei Jahre Zeit lassen.
Doch zurück zum Wettbewerb im Briefbereich. Der hat für die Absender von Briefen vor allem den Vorteil, sich seit einigen Jahren nicht mehr als Bittsteller, sondern als Kunde fühlen zu dürfen. Welcher Briefträger hätte denn früher gefragt, ob er gleich meine Tagespost mitnehmen soll ... Und irgendwie hat die mehr oder minder bunte „Ich-bin-einen-Cent-billiger“-Konkurrenz dazu geführt, dass die „gelbe“ Post sich mit ihren Portoerhöhungen im deregulierten Marktsegment zurückhält und ihre Preise statt dessen dort erhöht, wo die Konkurrenz noch nicht nach ihr schnappt.
Allerdings, und nun kommen wir zum „Früher war alles besser“ zurück, gibt es auch Nachteile. Vorbei sind die Zeiten, da man nach dem Eintreffen des Briefträgers die Uhr stellen konnte. Je nachdem, welche Touren er oder sie nebenbei mit übernehmen darf, rollt das gelbe Fahrzeug mal früher, mal Stunden später vor. Und von wegen gelb: Seit die Post nicht mehr im hohen Gras sichelt, sondern ihre Ernte nach betriebswirtschaftlichen Kriterien einfahren muss, ist die Posthornflotte geschrumpft. Muss die gelbe Rappelkiste in die Werkstatt, rollt die motorisierte Christel schon mal mit einem Leihwagen vor. Ganz zu schweigen von der Hochsaison vor Weihnachten: Wenn’s mal wieder richtig viel zu befördern gibt, werden Transporter angemietet. Was betriebswirtschaftlich durchaus sinnvoll ist.
Mist ist hingegen, dass statt eines Briefzustellmenschen nunmehr derer drei oder vier im Lauf eines Tages an meinen Briefkasten kommen. Noch größerer Mist ist es, wenn die alle an meiner Tür klingeln, weil sie etwas gegen Quittung abzugeben haben. Allergrößter Mist ist es, wenn sie zweimal kommen, weil ein Nachbar nicht erreichbar ist, damit aber warten, bis ich wieder in mein Büro gekrabbelt bin und die nächste Runde meines Kreativschlafes begonnen habe.
Aber immerhin: Solcherart Besuch bewahrt mich in meinem Büro vor Vereinsamung und Verkauzung, doch ökologisch sinnvoll ist das Herumgefahre all der Postler, Zusteller und Kuriere sicher nicht. Mein „Fußabdruck“ in Sachen Kohlendioxid ist mir ziemlich wurscht, was muss, das muss. Aber wenn statt einer Postkutsche gleich vier an meiner Tür vorfahren, läuft was falsch.
Gestern fiel mir übrigens noch eine andere Tücke der Deregulierung auf. Eine per Nicht-Postbrief (ja, auch ich nutze die bunten Billigheimer) nach Dresden verschickte Rechnung kam mit dem Hinweis auf den unbekannten Empfänger zurück. Ein Telefonat später wusste ich die neue Adresse der just über den Jahreswechsel umgezogenen Empfängerin. Die nette verwies zudem auf den bei der gelben Post hinterlegten Nachsendeauftrag ... Früher, als alles besser war, hätte der auch funktioniert – aber nicht mehr heute, denn da braucht’s für jeden Postkonkurrenten einen eigenen.
Die regelmäßigen LeserInnen meines kleinen, politisch nicht immer korrekten Tagebuches wissen, dass ich mit unnötigen Datensammlungen und Behördengeschwüren auf Kriegsfuß stehe. Doch im konkreten Fall sehe ich einen Bedarf ... man muss ja nicht gleich eine Bundesnachsendeadressenverwaltungsagentur daraus machen.
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