Donnerstag, 14. November 2013
Mittagspause an der Klagemauer. Oder: Das eigene Humankapital findet in der LVZ nicht statt.
Meine Lokalpostille, die nach eigenem Glauben dem Qualitätsjournalismus verpflichtete Leipziger Volkszeitung LVZ, hat ein großes Herz für die Armen und Unterdrückten dieser Welt. Vor allem dann, wenn sie der linken Kampforganisation Ver.di angehören und z.B. bei Lidl arbeiten oder als Ungelernte bei Amazon gutes Geld verdienen. Wenn also Frank Bsirske (genau, das ist der mit den gut dotierten Aufsichtsratsmandaten, der noch nie in seinem Leben wirklich gearbeitet hat http://de.wikipedia.org/wiki/Bsirske ) bei Amazon mal wieder 150 Leute zum Streiken bringt, berichtet die LVZ darüber und verkündet vollmundig Teilnehmerzahlen, die an die einstige Berichterstattung eben dieses Qualitätsmediums über die DDR-üblichen Mai-Demonstrationen erinnern.
Heute hätte meine Qualitätspostille nun die Chance gehabt, wieder einmal Arbeitnehmerinteressen ins Blatt zu rücken. Gestern, am 13. November, fand nämlich 11.55 Uhr ein als "Aktive Mittagspause" bezeichneter madsackweiter Aktionstag statt. Die Betriebsräte des sehr SPD-nahen Konzerns (das darf man bei einem Anteil von einem knappen Viertel schon sagen) wollten damit ihr Mitspracherecht beim Konzernumbau "Madsack 2018" unterstreichen.
Nachzulesen hier http://www.flurfunk-dresden.de/2013/11/13/madsack-umbau-betriebsrat-ladt-zur-aktiven-mittagspause/
An der aktiven Mittagspause beteiligten sich rund 100 Mitarbeiter und natürlich Vertreter von djv und Ver.di, guckst Du hier http://mdrtarif.wordpress.com/2013/11/13/aktive-mittagspause-vor-dem-haus/ und hier http://www.grosse-worte.de/
Die gute Nachricht: Die Aktion fand vor dem Verlagsgebäude, als unangenehmerweise in aller Öffentlichkeit statt, was erstens ein hörbares Gegrummel in der Chefetage erzeugte und zweitens endlich mal eine sinnvolle Nutzung der Klagemauer darstellte.
Die weniger gute Nachricht: In der den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern anderer Unternehmen stets sehr freundlich gesonnenen Leipziger Volkszeitung findet sich heute über den Auftritt des eigenen Humankapitals kein Wort. Aber mal ehrlich ... hat das irgendjemand ernsthaft erwartet?
Es fehlte sicher an Platz im Blatt, denn die LVZ berichtete auf Seite 3 ganz oberwichtig über das SPD-Moppelchen namens Gabriel. Redakteuse Kerstin Decker ließ sich in ihrer Kolumne über das Quartier der roten Bonzen aus, die standesgemäß im Steigenberger nächtigen ...
Wobei: In ähnlicher Situation - damals machte die alte Tante SPD einen Parteitag in Dresden - demonstrierten Mitarbeiter der gleichfalls SPD-besessenen Sächsischen Zeitung vor den roten Bonzen gegen die Ausgliederung von Lokalredaktionen.

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