Sonntag, 24. November 2013
Rechenkünstler bei der Leipziger Volkszeitung. Oder: Gefälligkeitsjournalismus 2.0
Hässliche Frauen kann man sich schöntrinken, wobei ab einem gewissen Maß an Hässlichkeit die Trinkfestigkeit nicht mehr Schritt hält. Aber das ist ein anderes Thema. Ich schreibe heute ein paar Zeilen über die relative Schönheit der Berichterstattung meiner Lokalpostille, der nach eigenem Missverständnis dem Qualitätsjournalismus verpflichten Leipziger Volkszeitung.
Die LVZ ist mitunter käuflich wie eine billige Hure. Beispiel gefällig? Zu den Klassikern im Leipziger Messeprogramm gehört die (Gast-)Veranstaltung Touristic & Caravaning. Diese Rentnermesse ist ein schönes Beispiel dafür, wie ein Geschäftsmodell Jahr für Jahr reanimiert wird, obwohl das böse, böse Internet ihm das Wasser abgräbt.
Mit ein wenig … Medienpartnerschaft (die Hure würde das "Erotikpartnerschaft" nennen) funktioniert es aber immerhin, dass die LVZ im Vorfeld, während und nach der Veranstaltung wohlwollend über Top-Events berichtet. So hieß es hier http://touristik-caravaning.lvz-online.de/lvzs.site,postext,startseite,artikel_id,49019.html?PHPSESSID=81b4a083e6b93aff5d7af616c0c33 kurz vor der Messe, dass das „Minimalziel der Messe“ die 69.000 Besucher des Vorjahres seien (im Vertrauen: offiziell wurden die ja gern auf „rund 70.000“ schöngeschwätzt, aber das ist ja branchenüblich.)
Heute ging die T&C zu Ende. Und trotz eines wahren Freikartenregens, der sich über so ziemlich alle Deppen ergoss, die nicht bei drei auf dem Baum waren, lag die diesjährige Besucherzahl bei … Trrrrommelwirbel … 67.000. Nachzulesen hier http://www.lvz-online.de/leipzig/wirtschaft/ostdeutschlands-groesste-reisemesse-touristik-caravaning-lockt-67000-besucher/r-wirtschaft-a-216265.html oder im Abschlussbericht des Veranstalters, der ziemlich wortgleich daherkommt, aber Recherche ist ja nicht Sache einer Dorfpostille.
Lustig ist allerdings der zweifelsfrei von einem LVZ-Wortkünstler beigesteuerte Absatz, in dem es heißt, dass „die Besucherzahl von 2012 nicht ganz erreicht wurde.“ Damals seien 1000 Interessierte mehr nach Leipzig gekommen. Für die lernschwachen Praktikanten der LVZ wird es jetzt anspruchsvoll. Also aufgepasst: 69.000 weniger 67.000 sind … 2.000. Wenn der Unterschied aber nur „1.000 Interessierte“ ausmacht, lohnt sich ein wenig Nachdenken. Sind die fehlenden 1.000 der Rundung zum Opfer gefallen? Mag sein, denn die LVZ arbeitet bei Werbekunden gern … zweckorientiert mit „ca.“, „etwa“, und „fast“ … Oder waren die fehlenden 1.000 einfach „Nichtinteressierte“, die durch die Messehallen geisterten. Waren es etwa allesamt LVZ-Redakteure, die da nichtinteressiert ihre Akkreditierung abfraßen? Fragen über Fragen …
Oder war’s nur ein Gefälligkeitsbericht … wie so oft?
Und warum soll ein Leser für so ein beschissenes Anzeigenblatt, das sich als seriöse Regionalzeitung verkleidet, monatlich auch noch "rund 25 Euro" abdrücken? Solchen Schrott gibt es eigentlich für 7 Cent pro Kilo ...

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