Donnerstag, 24. Januar 2008
Müllballen, Lügen, Lügen und noch mehr Lügen oder: Mafiaalarm in Sachsen
Das Geschäft mit dem aus Süditalien stammenden Müll und seiner Entsorgung im sächsischen Cröbern wächst sich allmählich zum handfesten Skandal aus. Nachdem u.a. Landrätin Petra Köpping sowie die Betreiber von MBA und Deponie vollmundig versichert hatten, dass mit dem Müll aus Italien alles in Ordnung sei und dass diese müffelnde Geschäftsgrundlage in geruchsdicht verschlossenen Behältern gen Sachsen gekarrt wird, hat das Regierungspräsidium Leipzig nun genauere Kontrollen der Praktiken an der Dponie Cröbern angekündigt – nach massiven Beschwerden zahlreicher Betroffener wegen des Gestanks.
Eine freundliche E-Mail zum Thema Italomüll und Cröbern erreichte mich von Sabine Hübert. Sie gehört der AG Abfall/Recycling des Ökolöwe Umweltbund Leipzig an und verweist auf eine Unkorrektheit in meinem Tagebucheintrag: Es geht um die heizwertreiche Fraktion aus der MBA Cröbern:

Zitat aus Sabines Mail:
Die heizwertreiche Fraktion aus der MBA Cröbern geht zwar nach
Delitzsch, wird aber nicht dort verbrannt. In einer Sortieranlage soll
daraus angeblich Brennstoff für das Zementwerk in Bernburg hergestellt
werden. Bernburg hat bisher aber kein Bedarf für soviel "Sekundärbrennstoff"
So werden die in Cröbern eingeschweißten Ballen auf Deponien im Raum
Delitzsch/ Bitterfeld "zwischengelagert" und vergammeln dort.
Zitat Ende.

Sehr interessante Informationen dazu gibt es auf der Seite www.muellverbrennung-delitzsch-nein.de Unter dem Punkt die Verwertungslüge finden auch sehr interessante Bilder. Diese zeigen u.a., welch intensives Eigenleben die in Ballen verpackte heizwertreiche Fraktion schon nach kurzer Zeit im Zwischenlager entwickelt – ganz anders übrigens, als es die Gutachten der Müllindustrie (beinahe hätte ich Müllmafia geschrieben, noch mal Glück gehabt) vorhersagen.
Wer einige Minuten investiert und die Veröffentlichungen auf der genannten Seite etwas näher anschaut, bekommt allen Grund zum Fürchten. Mag sein, dass die italienische Mafia nichts mit den aktuellen Mülltransporten nach Deutschland zu tun hat – aber das ist auch nicht nötig, denn die deutsche Müllmafia ist schlimm genug.

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Dienstag, 22. Januar 2008
Gärung, Gase, Überdruck und Italomüllmurks
Kennen Sie das leise Gluckern, das entsteht, wenn eine kleine Gasblase sich durchs Gärröhrchen gearbeitet hat und an die Atmosphäre entweicht? Keine Angst, ich will mich in diesem Tagebuch nicht als Kellermeister outen – die Zeiten, da in meiner Wohnen eine ganze Galerie von Gärballons in Betrieb war, sind längst vorbei. Obwohl, man könnte ja mal wieder ...
Aber zurück zum Thema: Mit dem Hinweis aufs gluckernde Kohlendioxid (hat eigentlich schon mal jemand die Umwelthilfe auf die aus Bier und Schampus entweichenden Unmengen dieses bösen Gases aufmerksam gemacht?) wollte ich den geneigten Lesern einen Denkanstoß geben. Bei der Gärung, aber auch bei anderen Zersetzungsprozessen werden Gase freigesetzt. Solche, die stinken, und solche, die geruchlos sind. Es ist wie im richtigen Leben: Ist was faul, wird’s schnell anrüchig.
Hindert man die Gase am Entweichen, baut sich ein hoher Druck auf. Das ist bei den leidigen Blähungen nicht anders als bei der Sektflasche. Während letztere dem hohen Innendruck in aller Regel gut widersteht, ist es mit dem Überdruck im Bauch von Mensch oder Kuh eine andere Sache. Oder mit dem Überdruck in einer dafür nicht vorgesehenen Brauseflasche, deren Inhalt vergammelt. Während der Bauch für solche Fälle eine Sollbruchstelle besitzt (nähere Einzelheiten muss ich hier nicht vermerken, denn jeder kennt sie), haut es die Brauseflasche irgendwann auseinander, dass die Splitter umherschwirren. Das macht der hohe Druck der bei Gärungs- und/oder Fäulnisprozessen entstehenden Gase.
Und nun zum Italomüll auf seinem Weg zur sächsischen Deponie Cröbern. Der wird in geruchsdicht verschlossenen Überseecontainern transportiert, verkünden die Deponiebetreiber vollmundig über die hiesige Lokalpostille. Nun ist, wie wir bereits lesen durften, der Inhalt der Container recht gemischt. Im Klartext: Es lebt, es gärt, es blubbert. Damit der Geruch nicht entweicht, muss der Container luftdicht abgeschlossen sein. Kein Problem.
Ein Problem stellt hingegen der sich aufbauende Druck dar. Der kann ein Mehrfaches des Atmosphärendruckes erreichen und setzt auch Seecontainern zu. Und Druckbehälter werden ja nicht genutzt, um den Müll aus Süditalien nach Deutschland zu holen.
Nun mag der eine oder andere Leser meines kleinen Tagebuches diese Gedanken für gar zu akademisch halten und der Überzeugung sein, dass „die da oben“ sich das schon alles gut überlegt haben und dass „die da oben“ schon wissen werden, was für „uns hier unten“ gut ist.
Klaaaaar, wie früher in der DDR. Da wussten „die da oben“ auch, was gut für den Rest der Bevölkerung ist – mit bekanntem Ergebnis.
Aber zurück zum Italomüll und dem Bahntransport im aufgeblasenen Seecontainer. Ganz so komplikationslos läuft die Kutscherei über den Brenner nämlich nicht ab. Joachim Jürgens von www.pro-herten.de hat mich auf folgende Nachricht aufgemacht:
http://www.umweltruf.de/news/111/news2.php3?nummer=589
Nun kann es immer mal passieren, dass Waggons technische Mängel aufweisen – und das ist jetzt nicht ironisch gemeint -, sogar bei Castoren ist es nicht unmöglich (Das war jetzt Ironie).
Dass sich auf zwei Waggons mit technischen Mängeln aber gleich „einige nicht korrekt verschlossene Müllcontainer“ befinden, lässt Zweifel am geordneten Transport des Italomülls aufkommen.
Wie viele Container passen auf einen Güterwagen? Drei? Vier? Seien wir großzügig, nehmen wir fünf an. Macht bei zwei Waggons zehn Container. Wenn sich darunter „Einige nicht korrekt verschlossene Müllcontainer“ befinden, sind das mindestens zwei, wahrscheinlich mehr. Macht bei zehn Containern insgesamt einen Anteil von mindestens 20 Prozent Müllmurks, der stinkend durch Europa rollt.
Wie sagte der Geschäftsführer des Deponiebetreibers so schön: „Wenn wieder ein Hilfeersuchen kommt, richten wir uns darauf ein.“
Zusatzmengen, kommt herbei!

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Montag, 21. Januar 2008
Noch mehr Müll aus Italien, noch mehr Zusatzmengen und ein märchenhafter Schluss
Vor einigen Tagen habe ich mich in diesem kleinen Tagebuch mit einem anrüchigen Thema befasst. Unter http://zeitungsdieb.blogger.de/stories/1014958/ konnten die geneigten Leserinnen und Leser einige Informationen und Rechercheergebnisse zum Thema „Internationaler Mülltourismus“ finden. Die Resonanz auf diesen Bericht war beachtlich: Ein ganzer Schwarm E-Mails von mir bislang unbekannten Menschen erreichte mich, mit Joachim Jürgens, der meinen Bericht auf seiner sehr interessanten Seite www.pro-herten.de veröffentlichte, hatte ich ein sehr angenehmes Telefonat. Schon deshalb, weil es einen Schreiberling doch freut, auch mal ein Lob zu ernten und vor Übernahme eines Textes um Erlaubnis gefragt zu werden ...
Da die Entsorgung italienischen Mülls auf der Deponie Cröbern auch zum Gegenstand intensiver Forendiskussionen geriet, erlebte mein kleines Tagebüchlein zudem sehr interessante Zugriffszahlen. Und ich hatte schon gedacht, dass die seinerzeitigen Rekorde (Stichwort: Robby Clemens und sein worldrun) längere Zeit Bestand haben würden.
Dafür, dass das Thema Mülltourismus nicht in Vergessenheit gerät, sorgte in der vergangenen Woche meine geliebte Lokalpostille.

Satiremodus /on/
Die Leipziger Volkszeitung veröffentlichte am 17. Januar nämlich einen supertollen Bericht über das segensreiche Tun auf der Deponie Cröbern. Auf Seite 3. Für alle nur Gelegenheitszeitungskonsumenten und Nichtmedienschaffenden: Diese Seite ist nach landläufigem Verständnis eine ganz besondere, hier werden unter dem Dach „Meinung und Hintergrund“ besonders wichtige Themen ein wenig ausführlicher behandelt, hier erklären die Springermadsackschen Qualitätsjournalisten dem braven Bürger, wie er sich die Welt vorzustellen hat.
Satiremodus /off/

Unter dem Titel „Zusatzgeschäft Neapel“ (Unterzeile: Für die westsächsische Entsorgungsgesellschaft in Cröbern ist die Verwertung von italienischen Hausabfällen wichtige Einnahme) darf sich der geneigte LVZ-Leser einen relativ kritikfreien Text über das aktuelle Geschäft der westsächsischen Entsorger mit dem Italomüll zu Gemüte führen. Der eine oder andere mitdenkende Leser kommt bei der Lektüre vielleicht sogar zu dem Schluss, dass ihm hier eine verkappte PR-Veröffentlichung geboten wird, so aalglatt flutscht der fast halbseitige (nicht halbseidene!!!) Artikel durch die Spalten.


Zitat:
„Wir helfen gerne“, sagt Günther Lohmann. Doch der Geschäftsführer der Westsächsischen Entsorgungs- und Verwertungsgesellschaft (WEV) verhehlt nicht, dass der Abfallimport aus Neapel „kein störendes Geschäft“ ist. Seit Juni letzten Jahres kommt täglich ein Zug aus Italien an. 65 000 Tonnen Müll sind bereits geliefert und verwertet worden. 100 000 sollen es werden. Geht es nach Lohmann, gern noch mehr. In Zeiten, da die Abfallmengen auch im Großraum Leipzig zurückgehen, lastet Neapels Dreck die hochmoderne, knapp 80 Millionen teure Anlage mit einer Jahreskapazität von 300 000 Tonnen erst richtig aus. „Müll ist in Europa eine handelbare Ware. Wir aquirieren immer Zusatzmengen, um unsere Anlage auszulasten“, erklärt Lohmann.
Zitat Ende.

Mal langsam zum Verstehen: Die Deponie Gröbern verfügt über eine hochmoderne, knapp 80 Millionen Euro teure Anlage mit einer Jahreskapazität von 300 000 Tonnen. Gemeint ist hier die Anlage zur Müllbehandlung. Diese Sortierzaubermaschine durchläuft der Müll. Dabei wird ihm allerlei verwert-, verbrenn- und kompostierbares Material entnommen, lediglich der juristisch deponierbare Rest landet auf der riesigen Deponie. Apropos Mengen: Auf ihrer Homepage http://www.e-wev.de vermerkt die WEV, dass jährlich rund 135 000 Tonnen Material aus der Sortieranlage einer thermischen Verwertung zugeführt werden. Da die Blockheizkraftwerke am Deponiestandort lediglich der Verwertung von Deponiegas dienen, sorgt dieser Brennstoffberg für zusätzlichen Verkehr, denn er wird bei den Kreiswerken Delitzsch verbrannt – rund 40 Kilometer von Cröbern entfernt.
Dass GF Lohmann in der LVZ von Zusatzmengen spricht, die zur Auslastung der Anlage herangekarrt werden, ist eine sehr kreative Interpretation. Bei einer Jahreskapazität von 300 000 Tonnen sind 100 000 Tonnen Müll „Made in Italy“ keine Zusatzmenge, sondern ein mächtiger Brocken. Und sie beweisen, dass das gesamte Leipziger Müllimperium hoffnungslos überdimensioniert und auf Importe angewiesen ist.


Zitat LVZ:
170 bis 200 Euro kostet diesen (Anmerkung ad: den italienischen Staat) eine Tonne Müll – inklusive Transport. Ein Zug bringt täglich etwa 500 Tonnen Müll – verpackt in geruchsfeste Seecontainer.
Zitat Ende

Diese Zahlen sollte man sich auf der Zunge zergehen lassen (pfui Deibel!). Unsortierter Müll wird in Süditalien von den Straßen geborgen, verladen, umgeladen, in Container gekippt, per Güterzug nach Deutschland gefahren, entladen, sortiert, deponiert, die Container werden (hoffentlich) gereinigt, zurückgeführt – und das alles zu einem Preis, der sich in der selben Größenordnung bewegt wie der, den die Bewohner der Region für deutschgründlich vorsortierten Hausmüll berappen müssen. Hier stinkt etwas – und das ist nicht nur der Italomüll.


Zitat LVZ
Auf etwa ein Fünftel ist die Eingangsmenge Müll am Ende zusammengeschrumpft. Die wird nun auf der betriebseigenen Deponie eingelagert. Natürlich passiert alles unter Einhaltung der Schadstoffgrenzwerte und Abfallgesetze. Dafür garantiert das firmeneigene Testlabor.
Zitat Ende

Dass die Dinge nicht immer so sind, wie sie unkritischen Journalisten in den Block diktiert werden, ist keine neue Erkenntnis. Unfreiwillig lieferte meine Lokalpostille in ihrer heutigen Ausgabe (21.1.08) einen Beleg für die Richtigkeit dieser Behauptung.

Zitat LVZ:
Nach einer Reihe von Anwohnerbeschwerden muss seit voriger Woche das genehmigte Zwischenlager auf der Deponie Cröbern abgedeckt werden. Die Betreibergesellschaft hatte dort Abfälle „geparkt“, die außerhalb der Arbeitszeiten der Aufbereitungsanlage angeliefert worden waren. Laut Genehmigung dürfe die Anlage nur montags bis freitags von 6 bis 22 Uhr laufen, es kämen aber auch Müllzüge am Wochenende, so die Geschäftsführung. Das Regierungspräsidium war den Anwohnerbeschwerden nachgegangen und hatte die Abdeckung veranlasst. Der Warenfluss in Cröbern werde genauestens geprüft, so ein Sprecher.
Zitat Ende

War da nicht vollmundig verkündet worden, dass der „europaweit handelbare Müll“ in luft- und geruchsdichten Überseecontainern auf die Reise über den Brenner geschickt wird? Wie kann da ein am Wochenende ankommender Müllzug zum Himmel stinken? Oder handelt es sich dabei gar nicht um den Italomüll, sondern um Abfälle aus anderen Herkunftsgebieten, die laut GF Hohmann als „Zusatzmenge“ zur Verbesserung der Anlagenauslastung herangekarrt werden? Schon wieder eine Zusatzmenge?
Da aber jedes Märchen ein ordentliches Ende haben muss („Und wenn sie nicht gestorben sind, dann müllen sie noch heute ...“), lasse ich noch einmal WEV-Chef Günter Lohmann zu Wort kommen. Er signalisierte in der LVZ vom 17. Januar 2008 freie Kapazitäten: „Wenn wieder ein Hilfeersuchen kommt, richten wir uns darauf ein.“
Zusatzmengen, kommt herbei!

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Montag, 10. Dezember 2007
Wieder mal die Welt gerettet
Na bitte. Das Licht war aus, und fünf Minuten später ging es wieder an. Die Welt ist gerettet. Alles bleibt, wie es ist. Auf diesen kurzen Nenner kann man die „Licht aus“-Aktion für den Klimaschutz bringen, die am Sonnabendabend in Deutschland, Österreich und der Schweiz irgendetwas bewirken sollte, das wohl nicht einmal die Organisatoren des Spektakels verstanden hatten.
Die Berichterstattung im Umfeld des „knips-aus-wir-retten-die-Welt“-Späßchens war wohl das Spannendste an der ganzen Sache. Schon Tage vor dem angekündigten Fünf-Minuten-Blackout warnten die deutschen Energieversorger vor Folgeschäden. Kaum zu glauben, in der Bundespolitik sind Blackouts dieser Länge nichts Ungewöhnliches, niemand käme auf die Idee, vor Schäden beim Rebooten diverser Ministergehirne zu warnen.
Dass die Warnung vor Schäden im deutschen Stromnetz eher unter die Kategorie „vorweihnachtlicher Wunderglaube“ fällt, konnte sich – außer einigen Managern bei Vattenfall, EnBW & Co. – so ziemlich jeder normal gebildete Mensch zusammenreimen. Die tageszeitliche Veränderung der Stromabnahme nennt man Lastkurve. Dass diese Sprünge aufweist, ist unter Energetikern ein alter Hut. Kollektives Aus-dem-Bett-Springen-und-Kaffeemaschine-anschalten am Morgen oder millionenfaches Sandmännchenanknipsen am Abend – das sind Sprünge in der Lastkurve. Aber doch nicht „Licht aus“ auf dem Leipziger Weihnachtsmarkt. Sollten diese hübschen Effekte das europaweit gestrickte Verbundnetz ins Wanken bringen, dann wäre es um selbiges wirklich schlimm bestellt. Oder besser gesagt: Noch schlimmer, als es ohnehin schon ist.
Wie unbedarft viele meiner schreibenden Kollegen sind, zeigte mir eine dpa-Meldung, die die „Licht aus“-Ergebnisse zusammen fasste. „Die befürchteten Stromausfälle durch zu starke Netzspannungen blieben aus“, textete ein Redakteur der Deutschen Presseagentur. Solchen Mist zu schreiben ist die eine Sache, dass eine solche geistige Brühe aber die internen Kontrollinstanzen des Unternehmens dpa passieren und gesendet werden kann, ist erbärmliche. Spannung, das ist die Sache mit den Volts. Die kann hoch sein – das sind dann viele Volts, oder niedrig, wenn’s wenige sind. Gemeint waren sicher die Belastungsschwankungen – aber warum schreibt das die Pfeife nicht?
Apropos Pfeife: In der dpa-Meldung geht’s auch weiter sinnfrei zur Sache. Da wird die Zufriedenheit der Organisation der Aktion damit begründet, dass an über 250 bekannten Gebäuden zur Tagesschau-Zeit für fünf Minuten die Lichter ausgingen. Nun werden Brandenburger Tor, Neuschwanstein, Völkerschlachtdenkmal und all die anderen Gebäude nicht mit Glühbirnen des alten Systems Edison angestrahlt, sondern unter Verwendung von Gasentladungslampen. Werden diese High-Tech-Lichtspender aus- und dann ebenmal wieder angeschaltet, verballert das weitaus mehr Energie, als in fünf Minuten ungestörten Betriebs verbraten worden wäre.
Besonders pikant ist allerdings ein anderes Detail: Auch auf dem Leipziger Weihnachtsmarkt gingen am Sonnabend die Lichter aus. Hunderte Besucher der Innenstadt verfolgten das Spektakel in der Leipziger Innenstadt von bequemen Sitzplätzen aus – dazu gibt es schließlich eine Kneipenmeile. Kalt geworden ist es dabei keinem Gast, denn die klimafreundlichen Heizpilze blieben weiter in Betrieb und bliesen reichlich Kohlendioxid in die Luft. Ist ja auch logisch, denn die Aktion hieß ja auch „Licht aus“ – und nicht etwa „Heizpilz aus“.

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Mittwoch, 5. Dezember 2007
Rettet das Klima - bleibt verheiratet
Scheiden tut weh. Übrigens nicht nur den Beteiligten (oder zumindest einem Teil von diesen) und möglicherweise deren Freunden etc., sondern auch der Umwelt und damit letzten Endes völlig unbeteiligten Lebensformen vom Einzeller bis hin zum Menschen als vermeintlich hochentwickeltem Wesen.
Die regelmäßigen Leser dieses kleinen Tagebuches wissen natürlich, dass ich eine solche Behauptung nicht aufstelle, ohne sie durch eimerweise darüber gegossenen Dreilich’schen Senf zu begründen.
In Deutschland wurden 2005 knapp über 200.000 Ehen geschieden, die Jahre zuvor lag die jeweilige Zahl noch um einige zehntausend höher. Aller Individualität zum Trotze läuft die Auflösung dieser gut 200.000 Ehen nach Schema F ab: Habe färtisch, Trennung, Gericht und tschüss. Oder so ähnlich. Auf alle Fälle unerfreulich.
Lassen wir die zwischenmenschliche Seite mal unter den Tisch fallen und denken einen Augenblick über die ökologischen Auswirkungen der Scheidungen nach. Wenn im Jahre 2005 201.700 Duette platzten, so werden daraus 403.400 Solisten. Berücksichtigt man, dass nach der Scheidung einige Unterhaltsverpflichtungen durch Mord und/oder Totschlag beendet werden, der/die eine oder andere sich ohne Fremdeinwirkung totärgert (es muss nicht immer Suizid sein) oder schnell neu verheiratet, so bleiben doch etwa 400.000 Singles übrig. Das macht 400.000 Haushalte – also 200.000 mehr als zuvor. Zusätzliche Wohnungen werden gebraucht, diese müssen beheizt und beleuchtet werden. Der dem quälenden Ehetrott entronnene Endfünfziger verbringt nun – endlich isser die Olle los – seine Freizeit nicht mehr in Familie als Dauercamper am Baggersee oder schlummert dreimal monatlich friedlich in Oper und Theater vor sich hin, sondern lässt die Sau raus: Weg mit dem Sharan, her mit „Fünfer“ und standesgemäßem Mopped. Und drei Wochen auf Iiiibisssaaah das neue Haarteil an der Sonne ausführen – für den Junggebliebenen ein Muss. Unterm Strich braucht’s dafür eine Menge mehr Energie. Außerdem bringt eine Partnerschaft neben der günstigeren Steuerklasse eine Menge Synergien. Man denke nur ans Füllen von Waschmaschine, Trockner und Geschirrspüler, aber auch daran, dass Fernseher und Wohnzimmerbeleuchtung nicht mehr Strom verbrauchen, wenn zwei Leute statt nur einer Person auf der Couch hocken.
Das ist übertrieben? In den USA wurde zum Einfluss von Scheidungen auf die Umwelt eine Studie erarbeitet. Nein, die stammt nicht von einem der Geheimdienste, da waren Wissenschaftler der Universität von Michigan am Werk – die Daten sollten also besser stimmen als die CIA-Orakelei.
Für die Erhebung wurden von 2001 bis 2005 reichlich 3.000 US-Haushalte unter die Lupe genommen. Das Ergebnis: Scheidungshaushalte verbrauchen pro Kopf etwa 56 Prozent mehr Strom und Wasser als zuvor. Dabei wurde der Einfluss der beschriebenen „Foreveryoung“-Lebensweise gar nicht berücksichtigt. Wer sich mal auf die Suche nach der Studie machen will, kommt hier http://www.umich.edu ganz schnell zur University of Michigan.

Und damit niemand sagen kann, er hätte heute beim Zeitungsdieb nichts gelernt, gibt’s jetzt noch eine Zugabe. Wie sieht’s denn in puncto zwischenmenschlicher Kohlendioxidemission in der Politik aus? Unser roter Umwelterzengel Sigmar Gabriel ist im Hinblick aufs Fliegen vorbildlich: Als Umwelterzengel kann er mit eigenen Flügeln von Goslar nach Berlin flattern, früher flog er als Mitglied der SPD-nahen Jugendgruppe „Die Falken“ ebenfalls emissionsarm. Sein Familienstand macht ihn allerdings zum Treibhausrisiko: Geschieden. Und er lebt mit Freundin Ines Krüger ins Goslar. Das klingt nach doppelter Haushaltführung, nach Ressourcenverschwendung.
Gegen Umweltvorgänger Joseph Martin Fischer – der Joschka halt – ist Gabriel indes ein Saubermann. Der Metzgerssohn ist praktizierender Vielflieger und Vielheirater. Ohne über den Hang des Bald-Sechzigers (die 60 macht er am 12. April 2008 voll, da jibbet bestimmt’n Orden) zu recht jungen Frauen näher zu philosophieren, sei doch die folgende Zahl mal in den Raum gestellt: Viiiiiiieeeeer. In Worten: vier. So viele Ex-Außenminister-Joschka-Ex-Frauen gibt es, die 1976 geborene Minu Barati hat also die Chance, in vier oder fünf Jahren – dann geht’se nämlich straff auf die 40 zu – Ex-Fischersfrau Nummer fünf zu werden. Was für eine Ressourcenverschwendung. Bedenke, dass wir uns die Erde nur von unseren Kindern geliehen haben!
Ganz schlimm ist in dieser Hinsicht auch Gerhard Fritz Kurt Schröder, was dem Wladimir sein Freund und unser Gottseidank-Ex-Kanzler ist. Als Gerhard der Doris, die jetzt Ex-Kanzlergattin ist, 1997 das Ja-Wort gab und sie damit zur Kanzlerkandidatengattin machte, war er nicht mehr jungmännisch. Nö, was der Gerhard ist, der hatte schon der Eva, der Anne und der Hiltrud die ewige Treue versprochen. Aber mit dem Halten seiner Versprechen nahm er’s ja auch später nicht wirklich genau. Aber das war eine andere Geschichte ...
Auf alle Fälle trägt der Gerhard mit seinen drei Ex-Ehen kräftig zur Umweltzerstörung bei. Dafür macht er als Ex-Kanzler einiges wieder gut. Zum einen kommt, seit der Doris ihr Mann mehr Zeit für sie hat, aus Berlin nicht mehr ganz so viel heiße Luft wie vor dem Rücktritt. Und da die Schröders jetzt ja kaum noch im niedersächsischen Reihenhausidyll leben, sondern in der Schweiz und vor allem bei ihrem lieben Freund Wladimir anzutreffen sind, verbessern sie zumindest die deutsche Ökobilanz ein wenig.
Und wenn man dann noch berücksichtigt, dass der Gerhard und der Wladimir den Deutschen zeigen, was eine Gaspreisharke ist und sie so zum Sparen treiben, dann ist der Gerhard im Hinblick auf das bitterböse Kohlendioxid beinahe so gut wie die künftigen Kraftwerke von Vattenfall. Hauptsache, er lässt die ganz Blase nicht auf einmal rauszischen.

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Freitag, 30. November 2007
Winterdienst: Südamerikanisches Flair auf deutschen Straßen
Der November ist die Zeit, in der allerlei Medien vom Lokalblättchen bis hin zum TV-Sender über die Wintervorbereitungen in Kommunen berichten. Meist sind die Neuigkeiten in derlei Berichten in etwa so rar wie ehrliche Politiker (So, das kostet zwei Euro Strafe in die Populismus-Kasse! Simmer denn hier bei der Linkspartei? Nö, aber den Hinke-Vergleich wollte ich doch zu gern loswerden.). Zurück zur Winterbereitschaft: Ein pflichtbewusster Journalist sucht die für den Winterdienst zuständige Stelle auf. Das ist zum Beispiel das Stadtreinigungsamt, die Straßenmeisterei, der Bauhof oder irgendeine Firma, die den Winterdienst machen darf. Dort kommt die obligatorische Fragen-Breitseite: Mit wie vielen schneeschaufelschwingenden Mitarbeitern, wie vielen PS und wie vielen Tonnen Salz wollen Sie verhindern, dass in diesem Jahr das gleich Chaos ausbricht wie an den drei Tagen, als im vergangenen Jahr Winter war. Sofern der auf diese Weise attackierte Verantwortliche im Vorjahr bereits in Amt und Würden wahr, wird er sich nun zunächst mit den üblichen Worthülsen verteidigen („Extreme Situation“, „absolute Sicherheit gibt es nie“, „unverantwortliche Sommerreifenfahrer haben die Straßen blockiert, sodass unser Schneepflug im Stau stand“) und dann erzählen, das in diesem Jahr alles viel, viel besser werden wird. Wer beim Lesen der alljährlichen Berichte bis zu diesem Punkt noch nicht eingeschlafen ist, sollte seinen Arzt aufsuchen oder die Beipackzettel auf seinen Medizinschachteln etwas genauer lesen.
Beim Überfliegen der heute veröffentlichten Winterdienstbotschaft aus der Stadt Wurzen – von hier kommen Erdnussflips, Ringelnatz, Keks und leider mancherlei rechtes Gesocks – erlebte ich eine Überraschung. Natürlich ging es auch hier um 16 Schneebekämpfer, die von 4 Uhr bis open End auf 112 Kilometern Straße mit Unimog. Multicars und Kleintraktoren sowie Schneeschiebern und Besen kämpfen werden, als gelte es die abendländische Kultur zu retten.
Spannend wurde es jedoch, als von der eingesetzten „Munition“ die Rede war. Genauer: von deren Herkunft. Der Wurzener Bauhof hat zurzeit 120 Tonnen Salz gebunkert, bei Bedarf soll schnelle Nachlieferung möglich sein (aber nur dann, wenn nicht in ganz Deutschland Winter ist ...). Das Salz stammt übrigens – und hier stutzte ich – nicht etwa aus Zielitz oder einer anderen deutschen Grube, sondern ist per Schiff aus Südamerika nach Deutschland gebracht worden. Beim sommerlichen Einkauf berappte Wurzen dafür 58 Euro netto je Tonne, deutsches Streugut wäre ungleich teurer.
Spätestens an dieser Stelle wähnte ich mich im sprichwörtlichen falschen Film. Wie sehr muss man als Politiker vom Kohlendioxid umnebelt sein, um auf der einen Seite verrückteste Gesetzesmodelle zur Rettung der Welt zu erdenken oder erdenken zu lassen, auf der anderen Seite jedoch zuzulassen, dass Salz buchstäblich um die halbe Welt gekarrt wird, um es im Winter auf deutsche Straßen zu schmeißen und im Gegenzug arbeitslose deutsche Bergleute zu alimentieren. Ich bin wahrlich keiner der Hysteriker, die ihrer Angst vor einer vermeintlichen Klimakatastrophe heulend Ausdruck verleihen, doch an dieser Stelle wäre ein lenkender Eingriff des roten Umwelterzengels Gabriel wohl angebrachter als bei der Verteufelung von privaten (Holz-)Öfen, etwas größerer Autos und demnächst vielleicht auch der Holzkohlegrills. Die großen Frachtschiffte rauschen nun einmal nicht solarbetrieben oder mit Segelhilfe über die Weltmeere, sondern verbrennen auf hoher See umweltschädliches Schweröl – das sie übrigens steuerfrei bunkern.
PS.: Wer übrigens glaubt, dass die Wurzener Salzgepflogenheiten ein Einzelfall sind, der sollte einmal in seiner Kommune nachfragen, womit denn dort die winterlichen Straßen gewürzt werden. Bei der Gelegenheit kann er sich im Bauamt gleich noch nach der Herkunft der granitenen Gewegplatten auf dem neugestalteten Marktplatz und der Bordsteine im neuen Gewerbegebiet erkundigen. Sollte die Kommune des geneigten Lesers nicht gerade im Ländle liegen oder aus anderen gründen wohlhabend sein, stammen diese Baustoffe mit hoher Wahrscheinlichkeit aus Indien.

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Dienstag, 27. November 2007
Äpfel und Birnen oder: Krieg den Reihenhäusern, Friede den Palästen
Selbst Großstadtkinder sind in der Lage, Äpfel und Birnen zu unterscheiden – sofern ihre Eltern ihnen solch profanregionales Obst angesichts globalisierter Frischdienstangebote überhaupt zukommen lassen. Aber nehmen wir mal an, der Filius sieht vor sich einen Boskop und eine Williams Christ. Dann wird er in der Lage sein, den einen von der anderen zu unterscheiden.
Wir merken uns also: Mit praktischer Anschauung und ein wenig Nachdenken sollte man nicht Apfel mit Birne verwechseln.

Später scheint sich diese Fähigkeit zu verlieren. Je älter Menschen werden – der Terminus „älter“ bezieht ausdrücklich das Jugend- bzw. Jungerwachsenenalter mit ein –, umso mehr scheint zumindest ein großer Teil der Menschen Äpfel und Birnen in einen Topf zu werfen.
Natürlich nicht buchstäblich, sondern im übertragenen Sinne. Da werden dann Ärzte mit Briefträgern vergleichen, aus Steuermitteln alimentierte Abgeordnete mit unbezahlten Nichtstuern, Gemälde von Tübke mit Klein-Lieschens Kleckerbildern aus der Krabbelgruppe.

Die vor wenigen Tagen aufgekommene Debatte um die Filterpflicht für Holzheizungen, Kaminöfen etc. bietet mir wieder vielfältige Gelegenheiten, um Studien in puncto Obstvergleich zu treiben.
Kaum waren die ersten Meldungen darüber erschienen, trudelten in Internetforen die Wortmeldungen der üblichen Verdächtigen ein. Auch meine Lokalpostille druckte heute die Kommentare einiger Anrufer ab, die die Filterpflicht begrüßten.
Interessanterweise war es allerdings nicht der Feinstaub, den die Lesertelefonnutzer im Munde führten – nicht mal im übertragenen Sinne. Sie forderten ein entsprechendes Gesetz, weil „so viele Leute nicht nur trockenes, sondern auch nasses Holz verbrennen und das so stinkt“, oder weil „meine Nachbarn auch Plasteabfälle verbrennen, das ist eine Sauerei“ (für alle Nicht-Ex-DDR-Bürger: Plaste ist das Zeug, das anderswo Plastik bzw. Kunststoff heißt).

Nochmal zurück an die eingangs angelegte Merkstelle: Mit praktischer Anschauung und ein wenig Nachdenken sollte man nicht Apfel mit Birne verwechseln. Kinder sind dazu in der Lage, grantelnde Oldies offensichtlich nicht. Wenn der Umwelterzengel Gabriel die Filterpflicht für Holzheizungen fordert, ist das ein Apfel. Kein schmackhafter, aber es bleibt ein Apfel. Wenn irgendein Depp für die Filterpflicht ist, weil sein Nachbar „Plaste“ verfeuert, ist das eine Birne, und zwar eine typisch deutsche. In diesem eigenartigen Land werden nämlich, statt vorhandene Gesetze durchzusetzen, neue erlassen – oder zumindest mit lautem populistischem Gedröhn gefordert.
Wer ausgelatschte Galoschen (für Nichtsachsen: gebrauchtes Schuhwerk) oder sonstigen Müll im heimischen Herd verbrennt, kommt schon jetzt mit Bimsch und Bumsch in Konflikt (Für Neuleser: Nein, das sind nicht Heidis Dinger, das sind Gesetze über den Immissions- und Umweltschutz.). Und ein Staubfilter hält auch den Gestand von nassem Holz, faulendem Laub etc. nicht zurück.

Dafür aber etwas ganz anderes: Wenn die Dinger einmal installiert sind, wird natürlich auch einmal jemand auf die Idee kommen, den dort eingefangenen Staub zu untersuchen. Vielleicht bekommt die Grüne Umwelthilfe ja wieder einmal eine Spende ... Sollte ein gar böser Zeitgenosse in seinem Öfchen nun neben Holz auch die alte PVC-Tischdecke, Badeschuhe und ähnliche Dinge zur Energiegewinnung genutzt haben, wird’s interessant. Dann lässt sich im Filterrückstand ein spannender Cocktail nachweisen. Stichwort: Dioxin. Spätestens in diesem Moment wird es nett, denn dann wird der Nachfolger des roten Umwelterzengels Gabriel sich Gedanken machen (lassen) müssen, wie mit diesem Giftmüll zu verfahren ist ...

Aber noch einmal zurück zu Äpfeln und Birnen: Dem heutigen Leserwehgeschrei(b) zum Thema konnte ich vor allem eines entnehmen: Das zornige Leservolk hat bisher nur die Überschrift, allenfalls den ersten Absatz gelesen oder besser: verstanden. Hätte die gesamte Veröffentlichung den Weg ins Gehirn gefunden, wäre neben dem allgemeinen Gejaule nämlich das deutschlandtypische Neidgeheul zu hören gewesen.
Warum? Nun – wie ich in meinem Tagebuch bereits gestern schrieb, sollen von der Filterpflicht private Herde und Backöfen sowie „Oldtimer“ (vor Baujahr 1950) ebenso ausgenommen werden wie „richtige“, d.h. offene Kamine. Nun pflegen letztere nicht eben in Mietwohnungen oder bausparverträglichen Reihenendhauswohnzimmern zu lodern. Der offene Kamin ist eher etwas für Wohnräume jenseits der 24-Quadratmeter. Oder, um es deutlicher zu machen: Die Nutzer von schloss- oder herrenhaustypischen Kaminen und die Bewohner prächtiger Villen müssen sich um einen Filter für ihren Wärmespender unabhängig vom Baujahr keine Gedanken machen. Wenn das erst die Leser der Großbuchstabenzeitung oder meiner Lokalpostille merken ...

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Montag, 26. November 2007
Partikelfilter, Bimsch, mein Kaminofen, Erzengel Gabriel und Lobbyismus
Am vergangenen Wochenende hatte ich überreichlich zu tun. Gleich zwei Kundenzeitschriften mussten im heimischen Büro produziert und druckfertig gemacht werden, sodass ich weder den Feiertag heiligen noch genussvoll meine ausgedehnten Laufrunden im gar nicht so grauen Novembergrau drehen konnte. Und auch der eigentlich geplante Vollmondlauf musste leider entfallen.
Dass auch andere Menschen viel zu tun hatten, zeigte mir die wochenendliche Nachrichtenlage. Bereits am Sonnabend deutete sich dank erster Agenturmeldungen ein neue journalistische Sau an, die nun intensiv durchs Dorf getrieben wird. Es geht um die durch Verbrennung von Holz in sogenannten „steinzeitlichen Dreckschleudern“ hervorgerufene Feinstaubbelastung. Nur zur Erinnerung: Feinstaub ist das Zeug, dass es schon länger gibt und dass durch die nun als Attrappe enttarnten Partikelfilter aus dem Dieselruß entfernt werden sollte. Nach anfänglicher Hysterie – das muss irgendwie so um die Zeit zwischen BSE und Gammelfleisch gewesen sein – ist es um den Feinstaub relativ ruhig geworden. Nur in schlimmen Notlagen (ich sage nur: nachrichtenarme Zeit) erlebte er eine Renaissance.
Aber nun hat man im Bundesumweltministerium die neue Gefahr erkannt, heißt es. Bundesweit gibt es nach Angaben von Experten 15 Millionen Öfen, Öfchen, Kamine und Heizungsanlagen, die mit Holz befeuert werden. Nun ist die Quellenangabe „von Experten“ immer mit Vorsicht zu genießen. Laut Expertenaussage (die stammten damals von IBM) sollte sich der weltweite Bedarf an Computern auch unterhalb von zehn bewegen ...
Aber weiter im Text, nehmen wir mal an, dass die Experten diesmal richtig liegen. Dann bullern und stänkern also 15 Millionen Öfen in Deutschland vor sich hin. Dazu zählt die moderne Pellet-Heizung (die durch den Bund wegen Umweltfreundlichkeit zurzeit übrigens sogar gefördert wird!) ebenso wie der Kanonenofen in der Werkstatt meines Tischlers oder mein verglaster Wohnzimmerkamin. Und weil Einigkeit bekanntlich stark macht, nehmen es die 15 Millionen Öfen sogar mit der Autoindustrie auf: Mit 24.000 Tonnen Rauchstaub (was auch immer das sein mag) belasten die Holzvernichter die Luft mehr als alle Dieselfahrzeuge dieser Republik zusammen. Heißt es bei den Experten, wobei ich stark vermute, dass hier irgendeine Pflaume die sprichwörtlichen Äpfel mit Birnen vergleicht. Aber dazu vielleicht demnächst mehr.
Und weil unseren Politikern nur das Wohl der Bürger am Herzen liegt, sehen sie hier Handlungsbedarf. Schließlich kommt in Form der Verbrennung von Holz eine völlig neue Bedrohung auf die Menschen zu, die es in dieser Form noch nie gab und die sicher verheerende Folgen für die Volksgesundheit haben wird. Also muss ein Gesetz her, dass dem Bösen Einhalt gebietet. Dieses Gesetz gibt es schon, es heißt Bundesimmissionsschutzverordnung, im Beamtendeutsch auch Bimsch genannt. Nur der Vollständigkeit halber: Es gibt auch Bumsch, das kommt von Umweltschutz.
Aber um den geht es hier nicht, sondern um Bimsch. Umwelterzengel Gabriel hält die dräuende Gefahr für so groß, dass er für 2008 eine Bimsch-Novelle anstrebt, in deren Ergebnis die 15 Millionen Öfen an die Leine gelegt werden sollen.
Ausgenommen bleiben – so der aktuelle Planungsstand – private Kochherde, Backöfen und Badeöfen sowie offene Kamine. Außerdem sind historische Öfen, die vor 1950 den ersten Schnaufer tun durften, nicht von der Bimsch-Novelle bedroht. Über die Konsequenzen wird derzeit trefflich spekuliert: Nachrüstung, Abgasmessung, Typgutachten – all das kostet Geld und wird längerfristig dafür sorgen, dass der Spaß an den 200-Euro-Öfen aus dem Baumarkt schwindet. Wäre ja auch noch schöner, wenn ein jeder heizen könnte, ohne dafür eine Wozuauchimmersteuer zu blechen.
Und wenn einmal novelliert wird, kommen sicher neue Begehrlichkeiten auf. Erinnert sei an Lagerfeuer, Grillöfen, Holzkohlengrills, Weihnachtskerzen, stinkende Duftkerzen, Feuerwerkskörper, flambierte Speisen, brennende Laubhaufen, Dachstuhlbrände – und was sich nicht per Filter beheben lässt, könnte man ja zumindest mit einer Abgabe belegen.

Die Stammleser dieses kleinen Tagebuches wissen natürlich, dass ich fürs Meckern allein keinen so langen Eintrag schreiben würde. Mir geht es ja auch immer darum, ein wenig zur Aufklärung beizutragen und den einen sowie auch den anderen zum Nachdenken anzuregen. Die Feinstaubdiskussion, die ja nach dem ersten großen Dieselfurz schon wieder fast zum Erliegen gekommen war, ist ein sehr schönes Beispiel für Lobbyismus.
Was sich hinter diesem Begriff verbirgt, beschreibt Wikipedia hier http://de.wikipedia.org/wiki/Lobbyismus
Was Lobbyismus in der Praxis bedeutet, beschreibt die Feinstaubdiskussion.
Da gibt es einen Verein, die Deutsche Umwelthilfe, www.duh.de . Der ist in jüngerer Zeit vor allem durch sein Engagement für die Dieselfilter aufgefallen. Böse Menschen behaupten, dass die DUH das Thema, das von den deutschen Autoherstellern schon seit Jahren erfolgreich verdrängt worden war, erst zum Thema gemacht hätten. Und zwar aus gutem Grund, aus sehr gutem: Einige Unternehmen, die ihr Geld mit der Herstellung von Partikelfiltern verdienen, haben die Deutsche Umwelthilfe mit namhaften Spenden unterstützt. Namhaft bedeutet in diesem Zusammenhang, dass es sich nicht um Beträge, die nur fünf Stellen vor dem Komma haben. Natürlich, so beteuern alle Beteiligten, hätten die Spenden nichts damit zu tun gehabt, dass die DUH wenig später das Thema Feinstaub – gelinde gesagt – offensiv thematisiert hat. Wirklich nicht.
Und schon seit Monaten geistern Postings durch einschlägige Foren, deren Verfasser sich darüber mokieren, dass hier wohl ein besonders gutes Beispiel gelungener Lobbyarbeit bestaunt werden darf.
Und auch bei den Holzöfen muss niemand befürchten, dass Erzengel Gabriel und seine Mitstreiter von ganz allein aufgewacht sind. Auch in diesem Fall gab es einen Weckruf, der ausnahmsweise nicht von der DUH kam. Aber das ist legitim, denn die Industrie muss ja nicht immer den selben Verein mit Spenden beglücken. Das wäre zum einen ungerecht, zum anderen fällt es mit der Zeit auch auf, und der Ruf der DUH hat unter den Großspenden in Sachen Dieselruß ohnehin schon mächtig gelitten.

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Mittwoch, 14. November 2007
Gelb im Novembergrau
Die Leser dieses kleinen Tagebuches wissen, dass ich gelegentlich auch zu melancholisch-naturphilosophischen Anwandlungen neige. Eine solche - aber nur eine ganz kleine - folgt nun. Niemand soll also sagen, nicht gewarnt worden zu sein.
Auf meinen Trainingsrunden geht es mittlerweile ganz massiv herbstlich zu. Typischen Indizien sind neben Wind, Nieselregen und Temperaturen knapp über dem Nullpunkt der Schlamm und die Hundeausführer, die angesichts des Wetters zu Hundesausfahrern geworden sind. Kein Ulk - das gibt es wirklich. 150 und mehr automobile PS werden von Driver inside über unbefestigte Weltwege getreten, aus dem spaltbreit geöffneten Fenster hängt eine Hundeleinde, an deren einem Ende der Fahrer, am anderen der durch den Schlamm staksende Vierbeiner hängt.
Es ist halt Herbst.
Ein typisches Zeichen des fortgeschrittenen Herbstes setzen auf meiner 15-km-Hausrunde einige Lärchen. Während es rundum graut, laubfällt und schlammt, leuchten die Nadeln der Lärchen in sonnigem Gelb, das zwischen HKS 5 und HKS 6 angesiedelt sein dürfte. Solange sie sich an ihre angestammten Zweige klammern, fallen mir die Nadeln kaum auf, denn die viel größeren und ebenfalls gelben Pappelblätter stehlen ihnen die Schau.
Aber während das Leuchten der Pappelblätter längst Schnee von gestern ist, haben's die Lärchennadeln einfach drauf. Gestern fielen die ersten zu Boden, heute folgte der nächste Schwung. Zwischen all dem Faul und Schlamm scheint nun noch einmal die Sonne.
Nagut, und in reichlich fünf Wochen werden ja auch die Tage wieder länger ...
Immer schön die Augen offen halten!
Der Zeitungsdieb

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Montag, 22. Oktober 2007
Jubelnde Lichtausknipser, gefrühstückter Harry und die dieselnde DHL
Die regelmäßigen Leser dieses kleinen Tagebuches wissen, dass ich mich an dieser Stelle von Zeit zu Zeit auch über meine ganz persönlichen und zudem vollkommen irrelevanten Gedanken zum Klimawandel auslasse und darüber philosophiere, wie man z.B. durch das Tragen wärmender – genauer: isolierender – Kleidung die Freisetzung von Kohlendioxid vermeiden kann. Allen anderen, insbesondere den Neu-Lesern sei gesagt, dass ich den Klimawandel vor allem im Hinblick auf meine Heizungskosten befürworte. Auch dem damit verbundenen Anstieg des Meeresspiegels kann ich Positives abgewinnen, denn dieser führt zur Verkürzung der Anfahrt bei meinen Urlaubsreisen und damit zur Einsparung von Kohlendioxidemissionen. Aber das nur am Rande. Schon aus Gründen der politischen Korrektheit stimme ich natürlich der Vermeidung unnötiger Emissionen des Klimakillers zu, wobei ich mir die Freiheit nehme, die Grünen nach wie vor für nicht wirklich wählbar zu halten. Außerdem würde ich die Sonnenblümlinge – hätte ich etwas zu bestimmen – unter Beobachtung stellen lassen. Aber das nur am Rande.
Um noch einmal auf die Vermeidung von Kohlendioxidemissionen zu kommen: In San Francisco fand am Wochenende der erste freiwillige Blackout in der Geschichte der USA statt. Soll heißen: Das Licht wurde ausgeknipst, um ein Zeichen für ein Energieeinsparungen zu setzen. Wahrscheinlich wurde bei der Fahrt all der Hummer, Pickups und anderer Spritfresser zu diesem Event mehr Kohlendioxid in die Atmosphäre gegurkt als durch das Lichtaus eingespart wurde, aber den Klimaschutz gibt es nun mal nicht zum Nulltarif. Das muss auch das Klima einsehen. Den Amis soll die ganze Sache ja auf alle Fälle ziemlich großen Spaß gemacht haben, ist ja auch was Neues für sie, dass das Licht mal absichtlich ausgeht.
Nächtlichen Ausgang außer der Reihe werden demnächst auch die deutschen Briefträger erhalten. Falls diese Berufsbezeichnung nicht mehr korrekt ist, bitte ich um zweckdienliche Hinweise, wie die Zustellfachkräfte und –kräftinnen richtig zu bezeichnen sind. Aber zurück zum Ausgang, dem nächtlichen: Bald kommt Harry Potter. Eigentlich ist er schon da, aber demnächst gibt es den Zauberlehrling ja in deutscher Ausgabe in einschlägigen Fachgeschäften, Supermärkten und anderen Horten der Hochkultur. Bei Amazon empfiehlt man mir, die „Heiligtümer des Todes“ bis zum 24. Oktober zu bestellen, dann werde er mir am 27. Oktober zum Frühstück geliefert. Die gelbe Post, die jetzt DHL heißt, bringt das Kunststück fertig, mir das Buch bis 10.30 Uhr ins Haus zu bringen. Mal ganz davon abgesehen, dass ich unter dem Motto „Auch der Tag hat schöne Stunden“ auch an einem Sonnabend vor 10.30 Uhr zu frühstücken pflege, so frage ich mich doch, wie hoch die durch diese Aktion verursachte, zusätzliche Kohlendioxidemission ausfallen wird. Sicher, der eine oder andere Zusteller müsste seinen liebgewordenen Schwatz an der Briefkastenklappe nur ein wenig drosseln, um statt 15 Uhr schon 10.30 Uhr „durch“ zu sein. Aber um auf Nummer sicher zu gehen, wird die Post wohl wieder einen großen Schwarm DHL-Autos ausschwärmen lassen, um den Zauberlehrling flächendeckend unters Volk zu bringen. Wie viele es gewesen sind, werden wir am Montag danach wohl in einschlägigen Zeitungen lesen dürfen. Ob da 100.000 zusätzliche Dieselkilometer ausreichen? Oder sollte mal eben der zehnfache Wert veranschlagt werden?
PS.: Eigentlich sollte an dieser Stelle schon seit einigen Tagen ein Tagebucheintrag über Nobelpreisträger Watson – das ist der mit der Doppelhelix – veröffentlicht werden. Nun neige ich, wie bekannt, nicht übertrieben zu politischer Korrektheit. Allerdings feile ich an diesem Traktat zur Stunde noch ein wenig herum – gewissermaßen zum Selbstschutz. Aber ich liege in den sprichwörtlichen letzten Zügen und werde schon bald neuen Lesestoff einstellen.

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