Mittwoch, 1. Oktober 2008
Joschka Fischer und der Molotowcocktail. Oder: Meinst Du, die Russen wollen Krieg?
Gedanken folgen oft verschlungenen Pfaden. Beispiel gefällig? In der „Welt am Sonntag“ las eine Nachricht über den gottlob ehemaligen deutschen Außenminister Joseph Martin Fischer („ Joschka“ Fischer) und sein aktuelles Tun. Wenn Oppa Joschka nicht mit „könnte-seine-Enkelin-sein“ Minu Barati rummacht, macht er ja in Politik. Neuerdings tut er dieses sogar auf Basis eines Beratervertrages, den ihm The Albright Group LLC zugeschoben hat. Wer bei diesem Namen an die ehemalige US-Außenministerin Madeleine K. Albright denkt, liegt richtig.
Nun denn, Josephs wundersame Wandlungen erinnerten mich an das sehr lesenswerte Buch „Wir sind die Wahnsinnigen“ von Christian Schmidt, das den Wandel des Revoluzzers zum etablierten Politiker sehr gut und auch ein wenig bösartig beschreibt. Guckst Du hier: http://www.amazon.de/Wahnsinnigen-Joschka-Fischer-seine-Frankfurter/dp/3612266284/ref=sr_1_2?ie=UTF8&s=books&qid=1222840209&sr=1-2

Beim Blättern stolperte ich mal wieder über die liebenswürdige Vokabel „Molly“, die nicht etwa den periodisch schwankenden Leibesumfang des nicht eben zu dauerhafter Askese neigenden Politmoppels Fischer meint, sondern ein verharmlosendes Kürzel für die von Joschka hoch verehrten Molotowcocktails ist (Näheres zu Brandflaschen und Joschkas Zeit in der Frankfurter Gang findet sich in Schmidts Buch.).

Dass besagte Wurfgeschosse ihren Namen dem Regierungschef und Außenminister Stalins, Wjatscheslaw Molotow, verdanken, ist naheliegend. Bislang glaubte ich jedoch, dass diese Benennung auf den Einsatz der „Mollys“ gegen anrollende Wehrmachtspanzer zurückzuführen ist. Da ich jedoch einmal am Nachdenken war, kam ich zu dem Schluss, dass das wohl so nicht stimmen kann: Schließlich wurde zu Zeiten Stalins so ziemlich alles, was irgendwie gut war, nach dem allmächtigen Diktator benannt: Betriebe, Städte, Panzer, ... Warum also nicht die einfach herzustellende Wunderwaffe?
Ganz einfach – weil der Name nicht in der Sowjetunion geprägt wurde, sondern in Finnland. Genauer gesagt: Im so genannten Winterkrieg. 1939/40 versuchte die Sowjetunion, nachdem sie dank des Hitler-Stalin-Paktes bereits Teile Polens annektiert hatte, Finnland einzunehmen (Guckst Du hier: http://de.wikipedia.org/wiki/Winterkrieg). Hat nicht so ganz geklappt, aber zumindest Südkarelien halten die Russen noch heute besetzt. Ebenso wie den Teil Polens, über den sich Väterchen Stalin und Gröfaz Adolf Hitler (bzw. deren Außenminister Joachim von Ribbentrop und Wjatscheslaw Michailowitsch Molotow) seinerzeit verständigt hatten.
Um auf den Molotowcocktail zu sprechen zu kommen: Besagte Wurfbrandsätze nutzten die zahlenmäßig und technisch unterlegenen Finnen, um sowjetische Panzer zu bekämpfen. Mit so großem Erfolg, dass die staatliche Firma „Oy Alkoholiliike Ab“ 450.000 Stück davon herstellte. Ihren Namen verdanken diese Cocktails den wiederholten Rundfunkansprachen Molotows zu den Bombardierungen finnischen Territoriums, Er behauptete, dass die sowjetischen Flugzeuge lediglich Nahrungsmittel und Brot für die hungernde Bevölkerung abwerfen würden. Die Realität sah anders aus. Die Finnen nannten daraufhin die Bomben (übrigens warfen die Russen bereits Streubomben mit 60 kleinen Brandsätzen ab) Molotows Brotkörbe und erfanden ein „Getränk passend zum Essen“ – den Molotowcocktail.

Und wohin führt der Pfad meiner verschlungenen Gedanken nun? Zu einem Lied, das ich als Kind bzw. Jugendlicher in der DDR häufiger hören durfte. Der sowjetische Dichter „Meinst Du, die Russen wollen Krieg?“ aufgeworfen und gleich selbst beantwortet. Vertont ergab das Gedicht eine getragen-russisches, marschtaugliches Stück Humtata-Kunst, welches bei allerlei Treffen mit Patenbrigaden, Pateneinheiten und ähnlich hehren Anlässen nur zu gern intoniert wurde. Eine deutsche Fassung findet sich hier:



Einst, als ich noch ein braver Jungpionier war und an das Wahre in den Schulbüchern und Zeitungen der DDR glaubte, habe ich diese Frage rückhaltlos mit „Nein“ beantwortet. Wer kann schon Krieg wollen ... auf keinen Fall die Russen, die damals sogar noch „unsere Freunde“ hießen.
Heute sehe ich das anders. Heute weiß ich um den Hitler-Stalin-Pakt und seine Nebenabsprachen, weiß um den von Stalin angeordneten Massenmord an polnischen Offizieren und Zivilisten in Katyn (guckst Du hier: http://de.wikipedia.org/wiki/Massaker_von_Katyn) und habe dank der Veröffentlichungen von Viktor Suworow (z.B. http://www.amazon.de/Eisbrecher-Viktor-Suworow/dp/3932381459/ref=sr_1_2?ie=UTF8&s=books&qid=1222842705&sr=8-2 , http://www.amazon.de/Stalins-verhinderter-Erstschlag-erstickt-Weltrevolution/dp/3932381092/ref=sr_1_1?ie=UTF8&s=books&qid=1222842705&sr=8-1 ) ein sehr differenziertes Bild vom Überfall der deutschen Wehrmacht auf das ach so friedliebende sowjetische Reich bekommen.

Um nicht missverstanden zu werden: Der deutsche Angriff gegen die Sowjetunion war ein Verbrechen, das Tun Adolf Hitlers und seiner Helfer ist weder zu entschuldigen noch zu relativieren. Aber – und so viel eigenes Denken muss erlaubt sein – hätte es das Unternehmen Barbarossa nicht gegeben, wäre wenig später wahrgeworden, was Joseph Paul Goebbels über die bolschewistischen Horden zu sagen pflegte: Sie wären westwärts marschiert. „Meinst Du, die Russen wollen Krieg?“ Aber hallo – und wie „sie“, d.h. ihre Führung den Krieg wollte. Mindestens ebenso sehr wie die Deutschen unter Hitler & Co.

Den geneigten Lesern meines kleinen, heute garantiert wieder einmal politisch nicht korrekten Tagebuches, die meinen Gedanken bis hierher gefolgt sind, möchte ich zum Abschluss noch ein ganz besonderes Schmankerl präsentieren. Dieser Text ist recht lesenswert. Nach dem Lesen empfehle ich langsames Zurücklehnen. Danach sollte man sich noch einmal die Frage stellen: „Meinst Du, die Russen wollen Krieg?“
So, nun angenehme und aufschlussreiche Lektüre!
Guckst Du hier:
http://www.welt.de/politik/article2513812/Russland-ruestet-sich-zu-einem-Befreiungssschlag.html

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