Dienstag, 20. März 2007
Robby und die bösen Ultras
Zurzeit befinde ich mich runde 500 km vom heimischen Lebensmittelpunkt entfernt und schreibe meine Texte zwar mit Meeresblick, aber ohne die Möglichkeit, den heimischen Postkasten zu inspizieren. Nur die Mails kann ich, Internet-Café sei dank, in Augenschein nehmen. Als ich genau dieser Verrichtung gestern nachging, musste ich unwillkürlich an die vielen, vielen Schwierigkeiten denken, die Robby Clemens und seine Sitznachbarn beim Worldrun zu meistern haben. Schließlich lechzt die mehr oder minder missgünstige Schar der Daheimgebliebenen trotz Krankheit des Tagebuchtranskribenten und technischer Nöte (Niemand konnte vorhersehen, dass Autos regelmäßig betankt werden müssen!) nach stets frischen Nachrichten aus der Ferne. Ein wenig fühlte ich mich wie Robby, als ich im Kaiserbad Ahlbeck auf der Suche nach einem Internetzugang mehrere hundert Meter laufen musste (ich sage nur: Rückenwind!), ehe ich nach vollbrachter Tat wieder ins Auto huschen durfte. Und ich lernte: Ob Ultralauf Spaß macht oder nicht, das hängt maßgeblich davon ab, auf welcher Seite der Windschutzscheibe man sich befindet. Danke, Robby!
Abends telefonierte ich mit einer Freundin und erfuhr, dass es von Robby neue Lebenszeichen gibt. Eine Woge des Glücks durchströmte mich: Neue Kunde von Robby, und das, obwohl seit der letzten Änderung auf der Homepage www.worldrun.de noch nicht einmal drei Wochen vergangen waren.
Die neue Kunde sei den Lesern meines Lokalblattes, der stets so objektiv berichtenden Leipziger Volkszeitung zuteil geworden. Leider hatte ich weder die papierne Ausgabe vorliegen noch eine Möglichkeit, das Online-Angebot zu lesen: Zu den wichtigsten Vorbereitungen auf eine Reise gehört es in heutiger Zeit, auch sämtliche Zugangscodes und Passworte mit sich zu führen. Danke, Robby, wieder etwas gelernt!
Per Telefon wurde mir kurz der Inhalt des Zeitungsartikels geschildert. Neben all den üblichen Worthülsen („Starker Mann“, „Wie er das nur macht“, „Toll“, „Sport frei“) kriegten diesmal wohl wieder die bösen Ultras ihr Fett weg. Natürlich im übertragenen Sinne, denn welcher Ultraläufer hat schon zu viel Fett, natürlich außer Robby, aber das war ja, ehe er seine schicksalhafte Begegnung hatte und zum Extremläufer wurde, der überall in der Welt nur Gutes tut und stets ehrlich ist. Richtig jungpioniermäßig.
Aber zurück zum Fett der Ultras: Nie habe er vorgehabt, irgendwelche Rekorde aufzustellen bzw. zu brechen, sei wohl dem daheim liegenden LVZ-Artikel zu entnehmen. Das hätten alles die bösen Ultras behauptet. Sicher, er habe zwar mal von 23.000 km gesprochen und das auch in Verbindung mit einer Tageszahl getan, aber das sei doch nie so ernst und auf gar keinen Fall so gemeint gewesen. Nur die bösen Ultras in ihrer Borniertheit hätten sich an eben diesen Zahlen festgebissen und immer wieder darauf bestanden, dass Robby doch einen Weltrekord … Dabei sei es ihm doch vor allem ums Spendensammeln gegangen. Ehrlich! (Oder besser: Robbyich!). Und wenn er bei diesem Selbstverwirklichungstrip sogar eine Weltreise machen kann, ohne allzu viel laufen zu müssen, sei das doch toll!
Hier haben wir wieder mal einen Beweis dafür, dass Laufen blöd macht. Die Frage ist allerdings, wen? Ich hätte doch Stein und Bein geschworen, dass ich noch vor zwei Tagen auf der stets so erfrischenden Weltwanderseite etwas von 23.000 und so gelesen habe. Und spätestens ein Blick auf die Seiten einschlägiger böser Ultras (allen voran: www.hottas.de) zeigt, dass der Rekordanspruch nie wirklich aufgegeben wurde. Erinnert sei nur an die tolle Idee, die verschlafenen Kilometer (aktuell sind das schon weit über 1.500) nachzulaufen.
Für diese Ungereimtheiten kann es aus Sicht der Robby-Gläubigen Claqueursgemeinde nur eine Erklärung geben: Böse Ultras müssen sich ins Spottfrei-Team eingeschlichen und den Internetauftritt verändert haben, um Robby in Misskredit zu bringen. Allerdings hat die Sache auch einen positiven Aspekt: Wenn es so sein sollte, dann gehört dem Weltautofahrerichtuegutes-Team ja nun zumindest ein richtiger Ultraläufer an, auch wenn’s ein böser ist.
Und wie sieht ein böser Ultra das kräftige Zurückrudern der Spottfreirundumdieweltreisegruppe? Offensichtlich hat die Blamage von Robby & Co. ein Ausmaß erreicht, das nun auch den wohlwollendsten Sponsoren und dem profilneurotischsten Schirmherren aufgefallen sein muss. Und da namhafte Angehörige des Unternehmens worldrun ja einschlägige Führungserfahrung haben und sich aus eigener Praxis auch mit der Arbeitsweise des Miniwahr (Ministerium für Wahrheit, siehe dazu „1984“) auskennen, halten sie es mit dem Spruch: „Wer die Vergangenheit beherrscht, beherrscht die Zukunft.“ Ein wenig Geschichtsfälschung hat noch nie geschadet, wenn es darum ging, die eigenen Leistungen und Pläne ins richtige Licht zu rücken. Wer das jetzt nicht verstanden hat, sollte entweder etwas nachlesen (DDR-Geschichte, Capricorn, 1984) oder jemanden fragen, der sich mit so was auskennt …
So, liebe Lesergemeinde, liebe böse Ultras. Das soll’s für heute gewesen sein. Ausführlichere Gedanken gibt es nach dem Studium meiner geliebten Leipziger Volkszeitung, die stets objektiv über alle Neuigkeiten aus der großen weiten Welt berichtet.
Einen angenehmen Tag wünscht der Zeitungsdieb.

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